(spw) Eine Pelzverkaufsschau in den Brauhaus-Sälen, Wäscheschleudern ab 150 Mark im Gasthaus Goldenes Lamm und Dänische Brathähnchen für 2,75 Mark das Pfund im Konsum Amberg: Das alles sind Beispiele, wie sich der Zeitgeist verändert und wie sich ein Gesellschaftswandel auch anhand der Reklame in der Zeitung ablesen lässt.
In dieser Folge unseres "Blick ins Foto-Archiv" geht es nicht um ein einziges Bild, das ein Ereignis in der Region dokumentiert oder daran erinnern soll. Sondern es geht um eine ganze Zeitungsseite mit Reklame aus der Region, die am 16. Oktober 1958 erschien. Also vor 60 Jahren.
In den 1950er-Jahren beginnt nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs die Wirtschaft in Deutschland zu florieren. Die Regale in den Geschäften und Läden füllen sich. Das Verlangen der Deutschen nach Konsum- und Luxusgütern ist groß. Die Werbung ist bestimmt von Hautcreme und Parfum für die Frau, Helfern im Haushalt, damit sich die Ehefrau um ihren arbeitenden Mann kümmern kann. Für das starke Geschlecht geht es um Haar-Pomade und den richtigen Anzug fürs Büro.
Auch beim Essen darf es 13 Jahre nach der Stunde Null ruhig etwas mehr sein: Der Amberger Konsum lockt mit Angeboten für Holländische Suppenhühner, Entenstücke, Frühmastenten. Auch bei Wika sind Rindsrouladen und Fleischwurst der Renner. Und schließlich kaufen "Millionen Hausfrauen" bei Rewe ihre Plockwurst für 95 Pfennige pro 200 Gramm. Aus heutiger Sicht ist das etwas irritierend, wo doch der Fokus vor allem auf gesunder Ernährung liegt. Unvorstellbar ist in Zeiten wie diesen wohl auch, dass der Vertreter eines Modegeschäfts Pelzmäntel in Amberg präsentiert - noch dazu in den Brauhaus-Sälen.
Die fleißige Hausfrau der 1950er-Jahre kann sich ihre Mode auch oft selbst schneidern und gestalten. Dafür kommt ein Import-Versandhandel extra nach Amberg, um seine "Original chinesischen Seiden-Brokate" aus Hongkong an die Frau zu bringen. "Jede Dame ist begeistert", wenn sie hier "für traumhaft schöne Nachmittags-, Cocktail- und Abendkleider für Morgenröcke, Kimonos und Hausanzüge" neue Muster und Meterware findet. Auch diese Ausstellung soll im Gasthaus Goldenes Lamm in der Rathausstraße stattfinden, ist nachzulesen.
An der Reklame lässt sich auch ablesen, wie sich die Wirtschaft in Amberg selbst verändert hat: "Den Favoriten der Saison" findet die Ambergerin und Landkreisbewohnerin schon seit Jahren nicht mehr im Kaufhaus von Heinrich Storg in der Bahnhofstraße. "Mutti und Tochter" müssen sich ihre Mäntel "in flotter Schottenmusterung und teddygefütterte Kapuze" auch woanders suchen. 1958 befindet sich "Ihr Spezialist für Damen- und Kinderbekleidung" noch in der Unteren Nabburger Straße. Der Wika-Markt für Lebensmittel ist längst durch andere Geschäfte abgelöst worden.
Und bei Toni Wolfsteiner in der Schlachthausstraße 11 gibt es auch längst keine Gummistiefel mehr in "extra starker Ausführung und in allen Größen".
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