1986 war es eine der weniger beachteten Wahlkampffloskeln. Dann nahm die Diskussion Fahrt auf. Norbert Blüms Satz "die Rente ist sicher" stieg zum parteipolitischen Glaubenssatz auf, wurde Legende. Heute dient dieses Markenzeichen des einstigen Arbeits- und Sozialministers oft als Kalauer. Für die IG Metall ist die Lage hingegen ernst. So ernst, dass sie in einer groß angelegten Kampagne für einen Umbau im Rentensystem kämpft.
Der Slogan lautet etwas plakativ "Mehr Rente - Mehr Zukunft". Die Überlegungen gehen jedoch deutlich tiefer. Das wurde bei einem Besuch des Geschäftsführenden Mitglieds der Frankfurter Hauptvorstandes, Hans-Jürgen Urban, deutlich. Im Gewerkschaftshaus am Schrannenplatz suchte er am Freitag das Gespräch mit der betrieblichen Basis. Die IG Metall als die schlagkräftigste DGB-Gewerkschaft nimmt für sich in Anspruch, eine grundlegende Rentenreform aktiv mitgestalten zu wollen.
"Es ist sehr viel in Bewegung", sagt Urban unter Verweis auf die von der Bundesregierung eingesetzte Rentenkommission. Da wäre ein Schweigen sträflich. Optimismus schöpft das Vorstandsmitglied aus dem Umstand, dass das von Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil (SPD) kürzlich vorgelegte Grundrenten-Konzept "in ganz vielen Teilen an das angelehnt ist, was wir als IG Metall angestoßen haben". Das wolle er auch bei der dringend nötigen Überarbeitung der gesetzlichen Rente erreichen.
Gegenüber den Vertrauensleuten und gewerkschaftlichen Rentenexperten in den Betrieben, formulierte Urban folgende Marschroute: "Wir müssen uns davon verabschieden, ein Instrument für alle Fälle haben. Wird müssen aber Instrumente für jeden einzelnen Fall haben." Der grundlegendste Unterschied zwischen den Vorstellungen der Politik und der IG Metall liegt offenbar darin, privatwirtschaftliche Zusatzversorgungsmodelle nicht in dem Maß zu präferieren, wie es weite Kreise in Berlin wünschen. Erstens müsse man sie sich leisten können, argumentiert die Gewerkschaft, zweitens sei dieses Denken zu stark von den Schwankungen des Finanzmarktes abhängig.
Viel läuft also auf eine Stärkung der gesetzlichen Rentenvorsorge und entsprechender tarifrechtlicher Begleitregelungen hinaus. Nur so könne drohender Altersarmut oder zu starken finanziellen Einschränkungen im Rentenalter wirksam begegnet werden, ist sich der gewerkschaftliche Spitzenfunktionär sicher. Als Ziel gibt er vor, die Rentenhöhe "nicht nur zu stabilisieren, sondern deutlich zu erhöhen". Die derzeit diskutierte Höhe einer Grundrente nach mindestens 35 Beitragsjahren mittels eine Zuzahlung von maximal knapp 450 Euro monatlich sei "zu wenig".
Zur Finanzierung sollten "durchaus auch schrittweise" alle Erwerbstätigen, also auch Freiberufler, Selbstständige und Beamte, herangezogen werden und der steuerfinanzierte Rentenanteil müsse erhöht werden, weil dann alle Formen von Verdienst und Einkommen einen Beitrag leisten würden. Ganz konkret führte Urban beispielsweise die Erbschafts- und Vermögenssteuer als eine zentrale Forderung zur Rentenfinanzierung an.
"Da erwarten wird von der Politik deutlich mehr, wissen aber, dass wir einen langen Atem brauchen", positionierte sich der Spitzengewerkschafter. Er tourt seit einigen Wochen durch Deutschland, um in den eigenen Reihen das nötige Problembewusstsein zu formulieren und zu diskutieren. Am dringenden Bedarf besteht aus der Sicht der Gewerkschafter jedenfalls nicht der geringste Zweifel.
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