Nach Spendenaktion Streit ums Geld

Amberg
01.09.2020 - 17:39 Uhr
OnetzPlus

Über 580 000 Euro spendeten die Menschen aus der Region für einen Buben, um ihm eine lebensnotwendige Behandlung in den USA zu ermöglichen. Nun gibt es Streit ums Geld, der vor dem Landgericht Amberg landete.

In Amerika feierte Bastian seinen fünften Geburtstag: Als Überraschung gab's einen Luftballon, Geschenke und eine Eistorte.

Das Leben des heute siebenjährigen Buben stand vor zwei Jahren auf der Kippe. Der Kleine war mit einem schweren Herzfehler zur Welt gekommen. Immer wieder hatte er mit Komplikationen zu kämpfen. Helfen konnte nur noch eine teuere Herz-OP in Philadelphia (USA), welche die Krankenkasse zunächst nicht bezahlen wollte. Um die Behandlung zu finanzieren, starteten die Eltern in Zusammenarbeit mit der Kolpingsfamilie Herz Jesu Rosenberg einen Spendenaufruf, dem viele Menschen folgten.

Viel Geld geparkt

Um die lebenswichtigen Behandlungen in Amerika zu ermöglichen, spendeten die Menschen aus der Region über 580000 Euro. Das Geld ist auch der Grund, weshalb die beiden Parteien nun vor Gericht standen. Auf Facebook setzten die Eltern am Sonntag einen Post ab, in dem sie schrieben: "Da es bis dato leider keinen Konsens, sondern immer noch Unstimmigkeiten in Bezug auf unsere persönliche Abrechnung, den Verbleib und die Weiterverwendung der Spendengelder gibt, wird demnächst ein Termin vor dem Landgericht Amberg stattfinden." Am Dienstag kam es schließlich zum Zivilprozess, bei dem es um einen Streitwert in Höhe von 39 957,97 Euro ging. Richter Uli Hübner sprach bei dem Prozess am Dienstag von einer "komplexen Rechtsfrage", die es zu beantworten gelte. Tatsächlich stellte sich der Sachverhalt als recht verworren dar. Um die Familie während der schwierigen Zeit, als die Behandlung im Raum stand, finanziell zu rüsten, hatte die Kolpingsfamilie einen Vorschuss in Höhe von 100 000 Euro geleistet. Für Reisen, Fahrten, Unterkunft, Telefon, Verdienstausfall und Co. erkannte das Finanzamt letztlich knapp über 60 000 Euro als gemeinnützig an. Die Kolpingsfamilie fordert nun, dass die anderen knapp 40 000 Euro an den Verein zurückgezahlt werden. Damit wäre jedoch der Fall noch lange nicht erledigt.

Alle Spenden waren laut Richter Uli Hübner eindeutig zweckgebunden. Öffentlich sei immer wieder betont worden, dass das Geld für die Behandlung in Philadelphia gedacht sei. Weil die Krankenkasse nach ihrer anfänglich zögerlichen Haltung die Behandlungskosten doch übernommen und 265 000 Euro an die Kolpingsfamilie Herz Jesu Rosenberg zurückgezahlt hat, ist derzeit jede Menge Geld geparkt, das nicht für den eigentlichen Zweck gebraucht wird.

Nun schlummern rund eine halbe Million Euro. Auf diese Summe sehen die Eltern einen Anspruch. Sie wollen also nicht nur die knapp 40 000 Euro behalten, sondern auch noch den restlichen überschüssigen Betrag. "Letztlich ist es das Geld des Spenders", sagte allerdings Hübner.

Die Spenden einfach den Eltern zu überlassen - problematisch. Das käme wohl einer Schenkung gleich, für die eine Steuer fällig werde. Da der Vorsitzende des Vereins haftet, kämen womöglich Kosten auf ihn zu. Genauso wenig kann das Geld bei der Kolpingsfamilie bleiben. Johannes Erling, der Rechtsanwalt, der den Verein vertrat, machte auf die Probleme aufmerksam, die damit einhergehen: "Bei einem gemeinnützigen Verein kann ich das Geld nicht einfach herumliegen lassen." Oft werden überschüssige Mittel bei Spendenaktionen dem Verein für die freie Verwendung überlassen. Weil die Kolpingsfamilie allerdings genug Geld hat, um ihre Zwecke zu erreichen, hat sie kein Interesse an dem Geld aus der Spendenaktion, das ja auch explizit zweckgebunden ist.

Amberg06.08.2020

5155 Einzelspenden

Deshalb sollen nun alle Spender möglichst zügig angeschrieben werden, so die Intention der Kolpingsfamilie. Das ist aus zwei Gründen nicht einfach. Zum einen wollte der Verein den Brief gemeinsam mit der Familie formulieren, was bisher nicht zustande kam. Zum anderen gab es insgesamt 5155 Einzelspenden. Der Rechtsanwalt der Eltern sagte: "Es ist ein Aufwandsdrama."

Zu einer gütlichen Einigung kam es laut Richter Hübner am Dienstag nicht. Die Kolpingsfamilie bleibt bei der Zahlungsklage, die rechtliche Vertretung der Eltern bei einer Klageabweisung. Dennoch wollen sich die Parteien noch vor dem Verkündungstermin zusammensetzen und über ein mögliches Anschreiben an die Spender sprechen. Das war aus den Gesprächen zwischen den Rechtsanwälten im Gerichtssaal zu vernehmen.

Die Menschen aus der Region zückten für den herzkranken Buben ihre Brieftaschen. Bei einem Spendenaufruf kamen über eine halbe Millionen Euro zusammen.
Kommentar:

Gesundheit steht über allem

Die Geschichte von dem Buben, der mit einem schweren Herzfehler zur Welt gekommen ist, hat eine ganze Region bewegt. Es nahmen nicht nur zahlreiche Menschen Anteil an der Krankheit. Es öffneten vielmehr etliche Spendenwillige ihre Brieftasche, um dem Kind eine lebensnotwendige Behandlung in Amerika zu ermöglichen. Schade, dass die Angelegenheit nun vor Gericht gelandet ist.
Der Streit zwischen den Eltern und der Kolpingsfamilie Herz Jesu dreht sich ums Geld. So ärgerlich das ist, die wichtigste Nachricht schrieben die Eltern in einem Facebook-Beitrag: Ihr Sohn sei „wie gewohnt gut drauf“. Er „genießt die Ferien und vor allem das längere Wachbleiben und Ausschlafen.“ Die Gesundheit des Kleinen steht bei der ganzen Sache immer noch über allem.

Christopher Dotzler

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