Von der Oberlausitz in die Oberpfalz: Anke Schmietendorf (47) stammt aus Zittau in Sachsen, lebt seit gut 17 Jahren in Amberg und arbeitet dort als Selbstständige in der Kindertagespflege. Sie erzählt, dass der Oberpfälzer Dialekt anfangs nur schwer zu verstehen war. Und verrät, wo die wahren Grantler und Sturköpfe - die "Granitschädel" - leben.
ONETZ: Der Oberpfälzer ist ein Grantler und Sturkopf. Stimmt’s?
Anke Schmietendorf: Da sage ich: Ihr wart noch nicht in der Oberlausitz. Da wohnen die richtigen Grantler und Sturköpfe. Da sagt man, dass die Granitschädel haben.
ONETZ: Mit welchen Vorurteilen und Erwartungen sind Sie in die Oberpfalz gekommen? Und wie lautet jetzt Ihr Fazit?
Wir hatten keine Erwartungen, außer dass wir wieder Arbeit haben und dass unsere Familie wieder zusammen ist. Ich bin ja wegen meines Mannes hier. Der hatte in Zittau keinen Job mehr, ich bin mit den zwei Kindern nachgezogen. Damals sind viele weggezogen. Es wurde gesagt, dass man schlecht Leute kennenlernt. Bei uns war das nicht so. Das liegt auch daran, dass unsere Kinder Fußball spielen. Da lernt man die Leute leichter kennen. Amberg hat uns gleich gefallen, erinnert uns an die Geburtsstadt meines Mannes, Neubrandenburg.
ONETZ: Spielen Sie oft mit dem Gedanken, in Ihre alte Heimat zurückzukehren? Wie oft fahren Sie tatsächlich zurück?
Nein, auf gar keinen Fall. Zumindest nicht zurück in die Oberlausitz. Wenn überhaupt, dann in Richtung Norden, ans Wasser, zum Beispiel an die Ostsee. Ein bis zwei Mal im Jahr besuchen wir die alte Heimat. Zuletzt habe ich drei bayerische Mädels dabei gehabt, ihnen hat’s gefallen.
ONETZ: Was erzählen Sie dort von Ihrer neuen Heimat? Was würden Sie Ihren Verwandten oder Freunden zuerst zeigen, wenn die zu Besuch in die Oberpfalz kommen?
Ich schwärme von der Stadt. Mein Mann sagt immer, dass ich hier auch einen Berg habe, auf dem ich die Leute schleppen kann. Alle müssen auf den Mariahilfberg rauf. Amberg ist einfach schön, überschaubar, nicht so riesengroß. Trotzdem ist von hier aus alles relativ schnell erreichbar. In Zittau braucht man eine Dreiviertelstunde bis zur nächsten Autobahn, da ist man ziemlich abgeschnitten von der Welt. Bei Besuch gehen wir gerne ins Landesgartenschaugelände und in Biergärten. Besucher lieben die Biergärten hier.
ONETZ: Verstehen Sie Ihre Oberpfälzer Kollegen, wenn Sie mit ihnen nach Feierabend ein Bier trinken?
(lacht) Am Anfang war es echt heftig. Es gibt da ein paar nette Geschichten. Am Altstadtfest lagen mal Plätzchen auf einem Tisch. Ein Mann sagte zu unserem Sohn, dass er sich eins nehmen kann. Der Sohn fragte uns dann, ob die hier alle Englisch sprechen. Mittlerweile verstehen wir es ganz gut. Wenn sie aber singen, wird’s schwer. Das haben wir erst letztens beim Winterkönig erlebt. Als sie bei der Aufführung gesungen haben, haben wir nichts mehr verstanden. Wir hätten Untertitel gebraucht.
ONETZ: Fühlen Sie sich bereits als Oberpfälzerin?
Kann ich nicht sagen. Ich werde immer eine Zugereiste sein, weil ich nie den Dialekt sprechen werde. So eine richtige Oberpfälzerin werde ich also nicht. Aber das ist auch nicht schlimm. Amberg ist mittlerweile so bunt, die Leute kommen ja von überall her.
In der Kolumne „Zugroast“ stellen wir jede Woche Menschen vor, die aus Hamburg, dem Ruhrpott oder Kasachstan in die Oberpfalz gezogen sind – und hier eine neue Heimat gefunden haben.
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