Mit solchen menschlichen Ausnahmesituationen hat es das Moses-Projekt von Donum Vitae zu tun. Hier kümmern sich Fachkräfte um die Sorgen und Nöte der Mütter und das Wohl des Kindes. Sie stehen im Mittelpunkt des letzten Teiles der AZ-Adventsserie über die Ehrenamtlichen in der Region.
"Welche Mutter macht so etwas?" lautet die Frage. Sozialpädagogin Julia Wiesend gibt die Antwort: "Eine Frau, die aufgrund ihrer Lebensumstände und des Umfelds keinen Ausweg sieht." So wie die hebräische Mutter ihr Neugeborenes vor dem ägyptischen Pharao retten wollte und es zum Nil brachte. Aus dem kleinen Bub, wurde Moses der Mann, der das Rote Meer durchquerte, sein Volk rettete und den Gläubigen Zehn Gebote brachte.
Das Projekt Moses in Amberg hat mittlerweile viele Erfahrungen gesammelt. Die Frauen, die ein Kind in sich tragen, aber trotz der frohen Botschaft, verzweifelt sind, stammen aus allen gesellschaftlichen Schichten, aus unterschiedlichen Regionen, können sehr jung, aber auch schon ziemlich alt sein. Dennoch gehen diese Frauen oft einen gemeinsamen Weg: Sie suchen Hilfe beim Moses-Projekt. Benannt nach dem wohl bekanntesten Findelkind.
Gesellschaftlich umstritten, der Katholischen Kirche gar ein Dorn im Auge, hat es die Initiatorin Maria Geiss-Wittmann 1999 mit viel Ausdauer geschafft, diese Hilfestelle von Donum Vitae durchzusetzen. "Die anonyme Geburt ist oft der einzige Ausweg für austragende Mütter, dem Kind ein Leben zu ermöglichen", weiß Julia Wiesend. Die Sozialpädagogin übernimmt die schwere Aufgabe, Schwangere zu beraten, durch jede emotionale Phase zu begleiten und behördliches für sie zu regeln. Diese Unterstützung geht oft weit über die Arbeitsstunden hinaus.
Immenser Respekt
Julia Wiesend bietet ihnen Schutz und Vertrauen, vor allem aber Verständnis. "Ich habe einen immensen Respekt vor ihnen." Anders als erwartet, sind es gerade diese Frauen, die in tragischen Situationen verantwortungsvoll handeln. Gründe für ihre Entscheidung, unerkannt in einem Krankenhaus gebären zu wollen, gibt es viele. Vergewaltigung, zu jung, schwieriges Umfeld, keine Familie oder in Armut lebend. Sehr oft auch zum Schutz des Mannes. Wenn dieser zum Beispiel hohes Ansehen genießt und seine Ehe durch den Beweis einer Affäre gefährdet ist. "Und die werdenden Väter sind raus, entziehen sich jeglicher Verantwortung." Manche Männer erfahren aber erst gar nicht von den anderen Umständen, die meist aus Angst verschwiegen werden. Auch um Dramen zu vermeiden und damit Frauen sich und das Ungeborene nicht in Lebensgefahr bringen, ist das Moses-Projekt wichtig. Straffreiheit ist gewährleistet, wenn sich die Frauen der Hilfestelle anvertrauen.
Suche nach Pflegeeltern
Zudem ermöglicht es Schwangeren, sich langfristig absichern zu können, dass es ihrem Säugling zukünftig an nichts fehlen wird. "Ein gutes Leben für das Baby wünschen sie sich immer", erzählt Julia Wiesend. Aufgrund gesetzlicher Regelungen übernimmt in Zusammenarbeit der Sozialdienst katholischer Frauen die Suche nach Pflege- oder Adoptiveltern. Aber auch hier hat die austragende Mutter das Recht, mitzubestimmen und das Gespräch mit der zukünftigen Familie zu suchen. Sie entscheidet auch, ob das Kind mit 16 Jahren erfahren darf, wo seine Wurzeln liegen.
Um unerkannt im Hospital entbinden zu können, braucht die Frau eventuell auch eine vorübergehende Wohnung in einer anderen Stadt. Die anfallenden Kosten für Vorbereitungen, Geburt und Neuanfang werden durch Spenden ermöglicht. "Und diese sind bitter nötig", sagt die Sozialpädagogin. "Uns fehlt die Lobby für verzweifelte Schwangere." Bei Julia Wiesend brauchen Frauen keine Angst vor Verurteilung und Maßregelung haben. Sie weiß, dass das Leben passiert, während andere Pläne gemacht werden.
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