Amberg
23.10.2019 - 14:11 Uhr

Zu viele Barrieren am Bahnhof in Amberg: Nur über Regensburg nach Nürnberg

Weil der Amberger Bahnhof nicht behindertengerecht ist, nimmt Winfried Huber (79) mit seiner im Rollstuhl sitzenden Frau Irmgard (84) den Umweg über Regensburg in Kauf. Von dort aus fährt das Ehepaar barrierefrei nach Nürnberg. Ein Irrsinn.

Schwermütig blicken Irmgard und Winfried Huber dem Zug hinterher, der sie nach Nürnberg zu ihrem Enkel Christoph und zum Grab ihres Sohnes Jörg bringen könnte. Da Gleis 2 für die Rollstuhlfahrerin aber unerreichbar ist, fährt sie mit ihrem Mann in die andere Richtung und steigt in Regensburg barrierefrei um. Bild: Petra Hartl
Schwermütig blicken Irmgard und Winfried Huber dem Zug hinterher, der sie nach Nürnberg zu ihrem Enkel Christoph und zum Grab ihres Sohnes Jörg bringen könnte. Da Gleis 2 für die Rollstuhlfahrerin aber unerreichbar ist, fährt sie mit ihrem Mann in die andere Richtung und steigt in Regensburg barrierefrei um.

"Es hat uns schwer gebeutelt", erzählt Winfried Huber. Sohn Jörg starb mit 34 Jahren an einem Hirntumor, er selbst überlebte einen Schlaganfall und seine Frau Irmgard ist nach einer Krebsdiagnose und der sich anschließenden Chemotherapie derart dauerhaft geschwächt, dass sie sich alleine nicht mehr fortbewegen kann.

"Das Einzige, was uns geblieben ist, ist unser Enkel ", sagt der Rentner, der deswegen "mindestens einmal im Monat" mit seiner Frau in die Frankenmetropole fährt, um den 29-jährigen Christoph und das Grab des viel zu früh verstorbenen Sohnes zu besuchen. Doch die Hubers haben ein Problem. Ein für sie unüberwindbares. Die Bahn hält an Gleis 2, doch das ist wegen der Unterführung und der unzähligen Treppen für die Rollstuhlfahrerin nicht zu erreichen.

Gleis 2 unerreichbar

Winfried Huber weiß, dass er unter der Nummer 0180/651 25 12 beim Roten Kreuz Unterstützung anfordern kann. Aber das hilft dem 79-Jährigen wenig: "Die müssen das mindestens einen Tag vorher wissen. Ich kann aber jetzt nicht sagen, wie es meiner Frau morgen geht." Die Besuche in Nürnberg können zwangsläufig nur spontan erfolgen. Folglich gibt es nur eine Möglichkeit: Vom "viel zu kleinen Behindertenparkplatz" aus schiebt Huber seine Frau zu Gleis 1, wo der Zug nach Regensburg hält.

Doch selbst das ist gar nicht so einfach: Da der Haupteingang ebenfalls nicht barrierefrei ist ("Den Weg können wir uns sparen"), geht es zunächst vom Bahnhof weg in Richtung Post und dann links hinter den Stellflächen wieder zurück zu Gleis 1. Dort angekommen, hören die Probleme aber nicht auf: "Ich bekomme meine Frau alleine nicht in den Zug." Jedes Mal sind die Hubers auf Unterstützung angewiesen. Selbst dann, wenn sie sich für Gleis 1 entscheiden. Für Winfried Huber ist das ein untragbarer Zustand. Auch, weil der Umweg etwa zwei zusätzliche strapaziöse Stunden in Anspruch nimmt. Kosten entstehen dem Ehepaar dadurch nicht, denn Irmgard Huber darf aufgrund ihres Behindertengrades von 100 Prozent mit einer Begleitperson die Bahn gratis nutzen.

Doch ums Geld geht es den Hubers nicht: Der Rentner ärgert sich über die Amberger Politiker, auch wenn er weiß, dass sie auf einem Gelände der Bahn grundsätzlich nichts zu entscheiden haben: "Die sollen jetzt endlich was machen und nicht nur Wahlkampfreden halten."

"Kostet doch nicht die Welt"

Der 79-Jährige hätte da schon eine Idee: Beim Blumenhändler könnte ein Teil des Geländers entfernt werden, damit über eine noch zu bauende kleine Rampe zumindest Gleis 1 leichter erreicht werden kann: "Das kann doch nicht so schwer sein. Das kostet doch nicht die Welt." Und das könnte die Stadt in Angriff nehmen, bezahlen und der Bahn quasi schenken, um Bewegung in den Kampf um Barrierefreiheit zu bringen. So, wie auch ein Mieter auf eigene Kosten kleinere Eingriffe in der Wohnung vornehmen kann, falls sich der Vermieter nicht dazu bereiterklärt.

"So sinnlos wie noch was"

Ob er sich diesbezüglich bereits bei der Deutschen Bahn, den im Stadtrat vertretenen Parteien oder bei der Führungsspitze im Rathaus gemeldet hat? Winfried Huber verneint: "Das ist so sinnlos wie noch was." Die Bahn werbe in bunten Hochglanzbroschüren für die Barrierefreiheit, letztlich sei das aber alles nur "larifari", wie es Winfried Huber formuliert.

Aufgeben will der Senior dennoch nicht. Bei einem Ortstermin der im Stadtrat sitzenden Gruppierung Amberger Bunt mischte er sich in der Vorwoche unter die nicht geladenen Besucher, um auf die Missstände aufmerksam zu machen: "Wenn man jetzt nichts macht, bleibt's ewig so." Und das will Winfried Huber auf keinen Fall. Nicht nur wegen seiner Frau, wie er sagt: "Es geht auch um Kinderwagen, Rollatoren und Menschen mit Krücken."

 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.