Deutlich weniger Jugendliche als noch im vergangenen Jahr werden am 1. September in der Oberpfalz ihre Ausbildung beginnen. Eine Lehre im Handwerk beginnen heuer 4672 Jugendliche in Niederbayern (2458) und der Oberpfalz (2214). Das sind 8,9 Prozent weniger als im vergangenen Jahr (in Niederbayern minus 10,6 Prozent, in der Oberpfalz minus 6,9 Prozent), wie die Handwerkskammer Niederbayern/Oberpfalz am Freitag mitteilte. Ähnlich ist es bei der IHK. Insgesamt 3542 neue Ausbildungsverträge verzeichnet die IHK Regensburg für Oberpfalz/Kelheim - das entspricht einem Minus von 18,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr. "Die weltweite Corona-Pandemie hat damit auch am Ausbildungsmarkt des ostbayerischen Handwerks Spuren hinterlassen", schreibt die Handwerkskammer (HWK).
Dieser Trend gilt für ganz Bayern. Bis zum regulären Beginn des Ausbildungsjahres seien 15 Prozent weniger Verträge geschlossen worden als 2019, teilte der Bayerische Industrie- und Handelskammertag mit. Anfang September beginnen demnach rund 41 000 Jugendliche eine Ausbildung in Betrieben der bayerischen Industrie- und Handelskammern. Tausende Lehrstellen seien aber noch unbesetzt, sagte BIHK-Präsident Eberhard Sasse. Rein rechnerisch habe jeder Bewerber derzeit die Wahl zwischen mehr als zwei Lehrstellen. Der Einstieg in eine Ausbildung sei in Abstimmung mit dem Betrieb das ganze Jahr über möglich.
Schulabgänger fehlen
Ein Teil des Rückgangs der Ausbildungsverträge sei aufgrund des demografischen Wandels zu erwarten gewesen, erläutert die HWK für die Oberpfalz und Niederbayern. "Weniger Schulabgänger bedeuten weniger Lehrlinge." Zusätzlich habe der Corona-bedingte Lockdown viele Mechanismen des Berufswahlprozesses unterbrochen und die Lehrstellensituation beeinflusst. "Es waren weder Ausbildungsmessen, noch Berufsberatungen und -orientierungen, Praktika oder gar Vorstellungsgespräche für angehende Lehrlinge möglich, das spiegelt sich in den Ausbildungszahlen wider", zählte Jürgen Kilger, Hauptgeschäftsführer der HWK, auf.
So sieht es auch Ralf Kohl, Bereichsleiter Berufsbildung bei der Regensburger IHK. Bewerbungsgespräche wurden ausgesetzt, Prozesse in den Unternehmen hätten sich aufgrund der Krisenbewältigung verzögert, sagte Kohl. Aber: "Das System der beruflichen Bildung funktioniert dank der großen Kreativität und Flexibilität der Firmen auch in Krisenzeiten."
Auch kurz vor dem traditionellen Starttermin für Lehrlinge am 1. September gebe es nach Angaben von IHK und HWK noch Chancen für Bewerber auf eine passende Stelle. Die Betriebe suchten nach wie vor Nachwuchs und Fachkräfte, die Ausbildungsbereitschaft sei weiterhin hoch, sagte Kilger. Immerhin kommen laut Statistik der Agentur für Arbeit auf einen unversorgten Bewerber in Niederbayern 3,3 unbesetzte Stellen, in der Oberpfalz sogar 4,6.
Chance für Traumberuf
In der Lehrstellenbörse der Handwerkskammer sind zum 31. August noch 1448 freie Ausbildungsstellen gemeldet, davon 724 in der Oberpfalz. Die meisten freien Stellen gebe es bei den Elektronikern, Anlagenmechanikern für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik sowie Metallbauern. "Ausbildungsplätze werden keine Mangelware sein und auf dem Ausbildungsmarkt gibt es aktuell noch viel Bewegung", Kohl.
Bei den regionalen Unternehmen gelte nach wie vor: Das beste Mittel gegen den anhaltenden Fachkräftemangel ist die Ausbildung eigener, qualifizierter Nachwuchskräfte. "Die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe ist in den meisten Branchen ungebrochen hoch - trotz Krise", bestätigte Kohl. Für Jugendliche stünden demnach die Chancen, im Wunschberuf einen Ausbildungsplatz zu finden, sehr gut.
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