Aktuell sind im Landkreis Tirschenreuth rund 22 Prozent der Fläche Landschaftsschutzgebiet. Die EU fordert mindestens 30 Prozent, dies will der Landkreis umsetzen. Ein ins Auge gefasstes Gebiet ist der ehemalige Klosterwald Waldsassen. Bei der Informationsversammlung am Freitag im Tillensaal in Bad Neualbenreuth zu diesem Thema ging es hoch her. Landwirte und Grundstücksbesitzer drängten in den Saal. Der Tillensaal war mit mit rund 250 Personen brechend voll.
Ein Thema, das bewegt
Landrat Roland Grillmeier zeigte sich überrascht, dass so viele gekommen waren: "Es zeigt, dass euch dieses Thema bewegt." Grillmeier betonte, dass man erst am Anfang eines wohl langwierigen Prozesses stehe. Zunächst wolle man Karten erstellen und dann die Grundstücksbesitzer und die Verbände, wie den Bauernverband, einbinden. Grillmeier kündigte weitere Info-Versammlungen in Bärnau und in Erbendorf zu diesem Thema an.
Niemand könne zum jetzigen Zeitpunkt sagen, wie die EU-Vorgaben umgesetzt werden. Er versprach jedoch, dass Ortsgebiete und Flächen, auf denen eine intensiv bewirtschaftete Landwirtschaft betrieben werde, ausgeklammert würden. Der Erhalt der Kulturlandschaft sei wichtig, und entschieden sei hier noch lange nichts, war der Landrat sichtlich bemüht, etwas Dampf aus dem Kessel zu nehmen.
Regierungsdirektorin Regina Kestel vom Landratsamt stelle den Stand der Dinge vor. Sie betonte, dass es zwei Verfahren gebe: für die Ausweisung und für die Sicherstellung des Landschaftsschutzgebietes. Der Gesetzgeber sage, dass dazu die Grundstücksbesitzer gar nicht gefragt werden müssten. Landrat Grillmeier wolle dies trotzdem tun. Letztlich müsse der Kreistag entscheiden. Aktuell sei man im Verfahren um die einstweilige Sicherstellung des Landschaftsschutzgebietes. Dabei habe man versucht, möglichst nur Wald- und Waldwiesenflächen mit hineinzunehmen, erläuterte Kestel. Ackerland sei gar nicht dabei. Die einstweilige Verfügung sehe keine Öffentlichkeitsbeteiligung vor. Kestel betonte, dass eine ordnungsgemäße Forst- und Landwirtschaft auch weiterhin möglich sein werde. "Es gibt keinerlei Einschränkungen, das ist Fakt."
Waldsassens Bürgermeister Bernd Sommer, gleichzeitig Sprecher der CSU-Fraktion im Kreistag, betonte "den Auftrag, 30 Prozent der Fläche als Schutzgebiet auszuweisen". Sommer: "Weil wir bisher diese Fläche noch nicht haben, sind wir angreifbar, deshalb machen wir uns jetzt Gedanken, bevor uns ein Plan übergestülpt wird." Sommer betonte, dass ein Landschaftsschutzgebiet die unterste Hürde, die niedrigste Schutzzone, sei.
Der Kreis-, Bezirks- und stellvertretende Landesobmann des Bayerischen Bauernverbands (BBV) Ely Eibisch betonte, dass der Dialog wichtig sei. Er stellte aber auch fest, dass diese Ausweisung ein Eingriff in das Eigentumsrecht sei. Im Landkreis Tirschenreuth werde die intensivste Landwirtschaft in der gesamten Oberpfalz betrieben. Eibisch: "Wir Landwirte sind gebrannte Kinder." Nutzflächen in Landschaftsschutzgebieten dürften beispielsweise nicht mit Pflanzenschutzmitteln bearbeitet werden. "Das ist eine Beeinträchtigung. Land- und Forstwirte haben große Bedenken, dass Einfluss auf ihr Eigentum ausgeübt wird. Deshalb sind wir gegen dieses Landschaftsschutzgebiet." Großer Applaus brandete bei diesen Worten auf.
In der anschließenden Diskussionsrunde kochten die Emotionen teilweise sehr hoch. Helmut Übelacker aus Groppenheim betonte lautstark, dass für ihn dieses Landschaftsschutzgebiet nicht nachvollziehbar sei. Er forderte eindringlich auf, davon abzusehen. Zudem sprach er von "unehrlichen Politikern" und stellte die Behauptung auf, dass dieses Landschaftsschutzgebiet wohl der Vorfahre für einen Naturpark sein werde. Übelacker: "Das ist der Hebel, um unseren Wald stillzulegen. Holzauge sei wachsam", sagte er unter großem Applaus. Sommer beteuerte daraufhin, dass es keinerlei Pläne für einen Naturpark hier gebe und bat, sachlich zu diskutieren.
"Es geht um Geld und Eigentum"
Hubert Schicker aus Pechtnersreuth, stellvertretender BBV-Kreisobmann, erklärte, dass "es um unser Geld und unser Eigentum geht". Er forderte, sich jeden Einzelfall genauestens anzuschauen, denn es gehe um die Zukunft der Landwirtschaft. So habe er gehört, dass in den vorläufigen Planungen sogar Weiden und Bauernhöfe im Gebiet enthalten seien. Schicker: "Wir Landwirte investieren und arbeiten zukunftsmäßig, und dann wird unser Grund entwertet." 22 Prozent seien ja schon Schutzgebiet, die fehlenden 8 Prozent könnte man doch im Staatswald suchen, schlug er vor. Auch Helmut Dostler (Münchenreuth) schlug in diese Kerbe: "Wir Landwirte hegen und pflegen unseren Wald. Geschützt gehört eigentlich der Staatswald, wenn ich sehe, mit welch großen Maschinen die in ihren Wäldern herumfahren und arbeiten ..."
Auch viele weitere Grundbesitzer meldeten sich zu Wort und wetterten gegen die Pläne. Landrat Roland Grillmeier war nach einer Weile sichtlich genervt. Auch er betonte: "Einen Naturpark schließe ich aus. Wir sind bereit, in das Verfahren zu gehen. Ich kann aber heute schon sagen, das Sicherstellungsverfahren wird gestrichen." Dafür gab es Applaus. Grillmeier kündigte für Anfang des Jahres 2023 konkretes Kartenmaterial für die Ausweisung an, dann werde man weitersehen. Die Möglichkeit, nur Staatswald als Schutzgebiet auszuweisen, werde er prüfen lassen. "Es darf aber auf keinen Fall ein Fleckerlteppich entstehen", so der Landrat.
Bernd Sommer betonte einmal mehr: "Wir können dies alles einstellen. Ich will aber später nicht hören, ihr habt euch der Verantwortung nicht gestellt." Auch Bad Neualbenreuths Bürgermeister Klaus Meyer machte auf die Gefahr aufmerksam, dass einfach ein Schutzgebiet übergestülpt werde.
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