Altes Handwerk neu gelernt haben die Planer, am Bau beteiligten Handwerker und begleitenden Wissenschaftler beim Bau des Naturdorfes beim Geschichtspark Bärnau-Tachov. Mit diesen Erfahrungen wurde die Wanderausstellung „Altes Handwerk neu gelernt – Chancen für einen neuen Aufbruch“ konzipiert. Sie wurde am Sonntag im Obergeschoss des Verwaltungsgebäudes des Geschichtsparks eröffnet.
Die in deutscher und tschechischer Sprache konzipierte Wanderausstellung behandelt historisch-handwerkliche und industrielle Bauweisen und Baustoffe im Vergleich und zeigt die Vor- und Nachteile beider Verfahren auf. In der Ausstellung werden an Schautafeln und Exponaten Materialien und Techniken beschrieben, ihre historische Herleitung erklärt und Materialproben, wie der Wandaufbau eines Hauses im Naturdorf, ausgestellt.
Initiator der Ausstellung ist der Verein Via Carolina – Goldene Straße. „Sie ist praktisch der Projekt-Output aus unseren Erfahrungen beim Bau der Häuser im Naturdorf“, erläuterte Wissenschaftlicher Leiter und Archäologe Stefan Wolters bei der Eröffnung. Er ist auch für den wissenschaftlichen Inhalt der Ausstellung verantwortlich. Der ursprüngliche Plan einer Dauerausstellung im Verwaltungsgebäude sei verworfen worden. „Die Ergebnisse des Projekts können ja vor Ort in dem Naturdorf besichtigt werden.“
Mit altem Wissen modern bauen
In dem vom Bayerischen Staatsministerium der Finanzen und für Heimat geförderten Projekt wurden alte Handwerkstechniken erprobt und rekonstruiert sowie alte Materialien ausprobiert. „Aus der Beschäftigung mit dem Projekt wurde altes Handwerk neu gelernt und entwickelt. Es hat uns gezeigt, dass man mit diesem Wissen auch modern bauen kann“, stellte Wolters fest.
An den aufgestellten Schautafeln wird zunächst eine Standortbestimmung gezeigt. Dann wird auf Fundamente, Sockel, Fußböden und die Feuchtigkeit eingegangen. Erklärt werden Außenwand, Dach mit Lärchenschindeln, Licht und Luft, Dämmung Heizung und die Bauphysik. Dagegen wird die sogenannte graue Energie gestellt: Sie stellt die gesamte Energie dar, die von der Herstellung über den Transport bis zur Entsorgung von Industriebaustoffen wie Beton, Glas, Stahl oder petrochemische Dämmstoffe verwendet wird. Zu sehen sind auch Exponate, die die Wandtechniken des Mittelalters anhand einer klassischen Lehmflechtwand zeigen, altes Handwerksgerät, Opus Caementitium, der Kalkbeton der Römer, mittelalterliche Holzverbindungen oder die den Wandaufbau eines Hauses im Naturdorf zeigen.
So wurde nun ein Teil der Ergebnisse und Erfahrungen beim Bau der vier Häuser des Bärnauer Naturdorfs mit der Wanderausstellung bereits am Dienstag auf Reise geschickt. Diese geht zunächst nach Tachov, dann nach Plzen, Regensburg, Bamberg und in weitere Orte in Süddeutschland. Gut ein halbes Jahr war Vaclav Vrbik, Geschäftsführer des Vereins Via Carolina, mit der Vorbereitung der Ausstellung beschäftigt. „Die Vorbereitung war sehr aufwendig, da die Ausstellung zweisprachig ist“, erklärte er gegenüber Oberpfalz-Medien. Geholfen hat ihm dabei auch Projektleiterin Karolin Dörrheide. Ein Teil der Exponate war vorhanden, ein Teil musste neu hergestellt werden.
Heldenhaft oder grausam?
Vrbik ist gleichzeitig Vorsitzender der Vereinigung der Städte mit hussitischer Geschichte und Tradition mit Sitz in Bärnau. Darin haben sich zwölf Städte in Tschechien und sechs Städte in Deutschland, darunter auch Bärnau, zusammengeschlossen. Anlässlich des 600. Todestages von Jan Zizka, einer bedeutenden Persönlichkeit der hussitischen Bewegung, gibt es noch bis zum Jahresende im Obergeschoss des Verwaltungsgebäudes eine Ausstellung über dessen Leben und Wirken zu sehen. „Während der hussitische Heerführer in westlichen Geschichtsbüchern nicht gut wegkommt und als grausam dargestellt wird, wird er in Tschechien als Held gefeiert“, sagte Wolters bei der Eröffnung der Ausstellung. Während Jan Hus der Reformbewegung den geistlichen Impuls gab, führte Zizka die Revolution an und diente der Sache mit seinem guten strategischen und taktischen Geschick.
Konzipiert und die Texte zur Wanderausstellung verfasst haben Alexander Pöschl vom Hus-Haus in Konstanz und Robert Novotny von der Gesellschaft des Hus-Museums Prag. Die Ausstellung kann noch bis zum Jahresende im Verwaltungsgebäude des Geschichtsparks besucht werden.
Zwei Wanderausstellungen
- "Altes Handwerk neu gelernt": Zu sehen sind im Verwaltungsgebäude des Geschichtsparks Bärnau Materialien und Techniken historisch-handwerklicher und industrieller Bauweisen im Vergleich. Im Laufe der Woche zieht die Ausstellung weiter in die Reithalle nach Svetce nahe Tachov. Zu sehen ist sie bis 12. September.
- "Jan Zizka": Ausstellung zum 600. Todestag der bedeutenden Persönlichkeit der hussitischen Bewegung im Verwaltungsgebäude des Geschichtsparks Bärnau; Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr. Zu sehen bis Ende 2024.
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