Was macht unser Wald, wenn sich das Klima drastisch verändert? Das wissen Markus Kraus und Förster Günter Mayr. Die beiden betreuen als „Probenentnehmer“ die Waldklimastation Flossenbürg. Kraus arbeitet beim Staatsforstbetrieb Flossenbürg, Mayr ist Revierleiter des Forstreviers Gebhardtshöhe der Bayerischen Forstverwaltung am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Tirschenreuth.
Jeden Dienstag fahren Kraus und Mayr zur Waldklimastation bei der Silberhütte hinauf. Sie betreuen dort drei Teilflächen. Die eingezäunten Areale, die auf einem idyllischen Fleckchen Erde mit Sicht zur Burgruine Flossenbürg eingerichtet wurden, unterscheiden sich in Technik- und Naturausstattung in vielen Dingen. Ein wichtiger Bestandteil ist der sogenannte Phänologische Garten. Hier sind 15 verschiedene Baum- und Straucharten angepflanzt.
Die Mitarbeiter dokumentieren dort genau Beginn und Ende von Blatt- und Nadelaustrieb, Blüte, Fruchtbildung, Blattverfärbungen und Blattfall. Das gibt viele Aufschlüsse über die Dauer der Vegetationszeit. „Der Klimawandel wird so beweisbar“, erläutert Mayr. Er hat festgestellt, dass die Wachstumsphasen der Pflanzen zunehmend länger werden. „Klimawandel-Skeptiker lassen sich mit Daten oft trotzdem nicht überzeugen“, weiß der Forstmann. Klima und Wetter würden bei der Diskussion oft in einen Topf geworfen.
Die nahe dem Phänologischen Garten angelegte Freiland-Messstelle liegt nah an einer Langlaufloipe. Dort fahren im Winter die Skifahrer vorbei. Von hier aus werden allerhand meteorologische Daten, wie Windstärke und -richtung sowie Luft- und Bodentemperatur automatisch an die Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft Freising gesendet. Die Probenbehälter für die Regen- und Sickerwasseranalysen müssen von Hand gefüllt werden, was bei strengem Frost durchaus eine Herausforderung ist.
Etwas abgelegen im Fichten-Buchen-Bergmischwald liegt die Bestands-Messstelle. Auf dem Weg dorthin geht es wiederum an Loipentrassen vorbei. Auf dem Gelände stehen auch zwei Niederschlagsrinnen, die ein wenig ans Goldschürfen im Wilden Westen erinnern. Tatsächlich dienen diese dem Auffangen von Wasser. Hier, erklärt Mayr, werde vor allem untersucht, wie sich das Regenwasser verändere, wenn es durch das Kronendach getropft und durch die Humusschicht gesickert sei.
Damit könne man Fragen wie der Menge des verdunsteten Niederschlagswassers in den Baumkronen nachgehen und erforschen, wie viel Bodenwasser für Pflanzen verfügbar sei. Die Wissenschaftler in Freising könnten aber auch analysieren, welche Luftschadstoffe ins Grundwasser gelangten. „Der Schwefeleintrag ist erfreulicherweise stark zurückgegangen. Allerdings sind die Stickstoffbelastung der Luft und damit die Bodenversauerung, sowie die Nitratauswaschung ins Grundwasser nach wie vor problematisch. Der Stickstoff stammt vor allem aus Verbrennung, Verkehr und landwirtschaftlicher Tierhaltung“, weiß Mayr.
Das Problem müsse ähnlich engagiert angegangen werden wie bei den Schwefelemissionen in den 1980er- und 1990er-Jahren, fügt er an und erinnert an die damalige Abwehrhaltung der Autoindustrie. Abgaskatalysatoren seien wegen der hohen Fahrgeschwindigkeiten auf Autobahnen unmöglich, habe es damals geheißen. Sind auch Blatt- und Nadelstreu für Analysezwecke eingesammelt und die Stammumfänge für Zuwachsermittlungen gemessen, haben Günter Mayr und sein Kollege für diese Woche ihre Arbeit auf der Silberhütte getan.
Die Waldklimastation auf der Silberhütte ist eine von 19 derartigen Anlagen in Bayern. Sie ist eingebunden in ein Netz von etwa 800 Dauerbeobachtungsflächen der Europäischen Union. An diesem Messnetz zur Überwachung von Umweltbelastungen und ihrer Wirkungen auf Wälder, das vom Nordkap bis zu den Kanaren reicht, beteiligen sich 26 EU-Mitgliedsstaaten und 15 Nicht-EU-Länder. Forstliches Umwelt-Monitoring begann 1983 mit der Erkenntnis, dass Luftschadstoffe das Waldsterben auslösen. Daraufhin führten drastische politische Vorgaben zu radikaler Reduzierung vor allem des Schwefeldioxids aus Kraftwerksschloten und Auspuffrohren.
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