"Jahrzehnte lang steht ein wertvoller Schatz so in der Gegend rum, und keiner erkennt's", ist Kreisheimatpflegerin Ingrid Leser erstaunt. "Wir Bärnauer kennen das Bild von Fronleichnam", weiß Stadtarchivar Josef Rösch. Jedes Jahr schmückte das Gemälde den Fronleichnamsaltar am Rathaus. Dann wurde es wieder im Bauhof eingelagert. Bis es Leser wie Schuppen von den Augen fiel. Nach einer Fronleichnamsprozession schaute sie sich - wie immer - noch einmal alle vier Blumenteppiche an. Vor dem Altar am Rathaus blieb sie stehen und betrachtete das Gemälde eingehend. "Es war wie ein Geistesblitz! Die Farbführung, die Tiefenwirkung, die kahlen Bäume - alles typisch für Maurus Fuchs. Das ist ein Original", war sich Leser sicher.
Die Bärnauerin beschäftigt sich seit einigen Jahren mit dem berühmten Stiftländer Maler. "Er hat unglaubliche Werte geschaffen - in Bayern und Böhmen", ist die Kreisheimatpflegerin von dem "Grenzgänger" des 18. Jahrhundert begeistert.
Vermutung bestätigt
In allen Details fotografierte sie das Gemälde und schickte die Fotos Wolf-Dieter Hamperl, dem Vorsitzenden des Heimatkreises Tachau und Autor eines Buches über Maurus Fuchs. Der Experte bestätigte schließlich den Verdacht: "Eindeutig ein Maurus Fuchs." Selbst Hamperl kannte dieses Gemälde nicht. "Jedes Jahr wurde es rausgezerrt und an den Hauptaltar gesetzt", berichtet Leser. Sie und Stadtarchivar Rösch, beide über 70, können sich nicht erinnern, dass zu Fronleichnam jemals ein anderes Bild den Hauptaltar zur Prozession geziert hat.
"Das muss man sofort sichern, es gibt kaum noch so ein Original", sagt Leser. Seit gut zwei Jahren bewahrt Josef Rösch das Stück nun im Stadtarchiv auf. "Ich hab es zu mir geholt." Die Lagerung für so ein historisch wertvolles Bild war ihm im Bauhof zu unsicher. "Die Mitarbeiter haben sich alle nichts dabei gedacht, wie wir alle." 2018 wurde das Bild noch einmal für die Fronleichnamsfeier benutzt, obwohl es schon im Archiv eingelagert war. "Sepp, das darfst du nicht mehr rausrücken", sagt Ingrid Leser zum Stadtarchivar. Sie vermutet, dass das Bärnauer Antependium, vermutlich ein Stück des Seitenaltars, um 1800 entstanden ist, ganz sicher noch vor der Säkularisation 1804. "Die Samariterin am Jakobsbrunnen" ist auf Blech gemalt, welches wiederum an einem etwa ein mal zwei Meter großen Holzrahmen befestigt ist - ebenfalls typisch für Maurus Fuchs. Wie auch Gegenstände im Vordergrund der Malerei, etwa Gefäße, Stäbe oder Hüte, weiß Leser. Durch die drei verwaschenen Menschen im Hintergrund entstehe die Tiefenwirkung, analysiert die Kreisheimatpflegerin.
Sehr gut erhalten
Trotz der unsachgemäßen Lagerung ist die Antepende sehr gut erhalten. Dennoch: Das Gezerre macht Leser nervös. "Wer weiß, was in Zukunft damit passiert wäre." Stadtarchivar Rösch schätzt, dass vielleicht "gewisse Ausbesserungen" von Nöten seien. "Da muss man nichts restaurieren, nur reinigen. Da darf man ja nicht mit dem Farbpinsel drübergehen", warnt Leser. Ohne die Einbeziehung von Hamperl will sie nichts unternehmen. Die Kreisheimatpflegerin kennt auch schlechte Restaurationsarbeiten an Fuchs-Bildern, die ihrer Meinung nach die wertvollen Bilder eher verschlimmert haben. An dem Bärnauer Fund ist noch nichts "rumgemurkst", ist Leser erstaunt.
Hintergründe zu dem Original, das die Bärnauer über Jahrzehnte unentdeckt direkt vor der Nase hatten, kennen Leser oder Rösch nicht. In der St.-Nikolaus-Kirche hängt laut der Kreisheimatpflegerin ein ähnliches Bild, eine weitere Antepende. Es zeigt das Abendmahl. "Ein Restaurator malte dem Jesus einfach einen Heiligenschein drüber", ist Leser bestürzt. "Unter Umständen war das Abendmahl für den Hauptaltar gedacht und es gibt irgendwo ein drittes Bild für den zweiten Seitenaltar", überlegt sie. Wie das Bild von der Kirche in die Hände der Stadt gelangte und warum es für den Fronleichnamsaltar benutzt wurde, kann sich niemand erklären. "Das ist das Phänomenale an dem Fund. Keiner weiß etwas dazu. Das Bild war einfach immer da", schildert Ingrid Leser.
Über Maurus Fuchs
Christoph Maurus Fuchs (1771 bis 1848) war ein begnadeter Kirchenmaler aus Tirschenreuth. In der Oberpfalz und in Böhmen sind seine erstaunliche Kunstwerke zu entdecken. Wolf-Dieter Hamperl befasste sich intensiv mit der Entwicklung und den größten Kunstwerke von Maurus Fuchs.Im Stiftland und im böhmischen Egerland genoss der Sohn einer Malerfamilie schon zu Lebzeiten großes Ansehen. Seine Auftragsbücher waren gut gefüllt, Maurus Fuchs wurde zum Vorzeigemaler des Egerlandes. Im Zenit seines Könnens gestaltete er wichtige repräsentative Räume im Stift Tepl. Zahlreiche Deckengemälde, Altarbilder und Kreuzwege künden in Bayern und Böhmen von der Kreativität und der immensen Schaffenskraft des Tirschenreuther Künstlers, darunter auch Werke aus der berühmten Kappl bei Waldsassen.
Wie es mit dem Bild des berühmten Stiftländer Malers weitergeht, ist noch nicht entschieden. Ob es restauriert wird oder zu Fronleichnam wieder den Altar am Rathaus schmückt? Leser könnte sich gut vorstellen die Antipende für eine Ausstellung zur Verfügung zu stellen. Im Gegensatz zu den Deckenfresken und Wandbildern die von Fuchs stammen, gehört das kürzlich gefundene Original zu den wenigen mobilen Bildern.















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