Bärnau
27.05.2022 - 10:34 Uhr

Wandern auf den Spuren von Paulusbrunn: Ein deutsch-tschechisches Projekt kommt zum Abschluss

Deutsch-tschechische Geschichte zum Anfassen. Das "Projekt Paulusbrunn" findet nach fünf Jahren seinen offiziellen Abschluss. Der Böttgerwanderweg führt von Bärnau aus zur Geschichte verschwundener Siedlungen im tschechischen Grenzgebiet.

Fünf Jahre hat die AG Paulusbrunn am "Projekt Paulusbrunn" gearbeitet. Eine 40-seitige, zweisprachige Broschüre im DIN A5 Format und eine durchgehende Beschilderung des historischen Böttgerweges sind das Ergebnis. "Es ist wunderschön, dass Denkmäler im Grenzgebiet erneuert werden, welche von unseren ehemaligen Mitbürgern und Bewohnern des Grenzgebiets stammen", zitiert Rainer Christoph, Vorsitzender der Arge Paulusbrunn, das Grußwort von Fürst Karel zur Einweihung der Böttgersäule im Jahr 2017. Es handle sich um ein langfristig angelegtes Erinnerungs- und Versöhnungsprojekt, das gerade auch die jungen Leute ansprechen soll. Im Fokus stehe vor allem die Nachbarschaftsbeziehung Deutschlands und Tschechiens im Grenzgebiet, wie auch Ludwig Anton Fürst zu Windisch-Graetz, dessen Familie Tachau 1945 verlassen musste, in einem eigenen Grußwort betont.

250 Schilder für zwei Wanderwege

Aber was macht den Wanderweg und seine zugehörige Broschüre so interessant? Das Dorf Paulusbrunn gibt es heute nicht mehr. Gegründet um 1680, wurde es nach dem zweiten Weltkrieg Anfang der 1950er aufgelöst und vernichtet. Zahlreiche Sudetendeutsche wurden vertrieben und verloren ihr Zuhause. Es ist eine Geschichte, die bis heute nachhallt. Der Wanderweg soll daran erinnern und führt an den wenigen verbliebenen Denkmälern auf deutscher und tschechischer Seite vorbei. In der Broschüre sind diese jeweils entlang des 5,9 Kilometer langen Wanderwegs "Süd" und des 6,1 Kilometer langen Wanderwegs "Nord" eingetragen. Der niedrigste Punkt befindet sich auf 713 Meter, der höchste auf 798 Meter. Startpunkt ist der Parkplatz an der Straße Bärnau/Tachau unterhalb des Grenzübergangs, den Wendepunkt stellt die Böttgersäule dar.

Vor Ort beschildert haben den Weg, entsprechend der Vorgaben des deutschen Wanderverbandes, Rudolf Ehestand und seine Frau. Ungefähr 200 kleine und 50 Pfeilschilder haben sie angebracht, schätzt er. Alle witterungsfest und an bereits vorhandenen Pfosten oder mit Aluminiumnägel an Bäumen befestigt. "Gehts raus, schauts euch den Weg an", sagt Ehestand und ruft dazu auf sich auf die Spuren eines historischen Projekts und dem Ergebnis jahrelanger Zusammenarbeit zweier Länder zu begeben, dessen Fertigstellung der Historiker Christoph stolz als "Meilenstein" bezeichnet. Außerdem betont Christoph, dass die Broschüre nicht nur historisches Wissen vermittelt, sondern den Wanderern auch Gaststätten und Unterkünfte vorschlägt und Tipps für Radfahrer enthält. Die Erfahrung der Mitwirkenden zeige, dass das Interesse der Menschen an dem Weg und der böhmischen Geschichte groß sei.

Beitrag zur Völkerverständigung

"Man darf das nicht unterschätzen, was das für Auswirkungen hat", hält auch Bärnaus Bürgermeister Stier fest. Besonders die Internationalität des Projekts sei anziehend, zumal es noch Zeitzeugen gäbe, die ihre persönlichen Erfahrungen in Gesprächen und Bildern mit Christoph Rainer teilten. Die Erinnerung an die Geschichte ist auch in der deutsch-tschechischen Broschüre als Ziel markiert: "Die Erinnerung an die verschwundenen Siedlungen soll beispielhaft zugleich Mahnung sein, dass die Fehler der jüngsten Geschichte sich nie wiederholen dürfen." Dabei wird gerade diese Stelle zum Kritikpunkt. Norbert Steinhauser, der selbst Nachfahre ehemaliger Bewohner von Paulusbrunn ist, vermisst die verschwunden Siedlungen in der Broschüre. Auch darauf gibt es bereits eine Antwort.

Die Broschüre diene vor allem touristischen Zwecken, sie müsse handlich bleiben. Für weitere Informationen gäbe es ein zugehöriges Buch von Rainer Christoph und die Infotafeln. Außerdem seien Ortsschilder in Planung. Alles in deutscher und tschechischer Sprache. Zudem würden eigens Fachkräfte für die Reisegruppenführung ausgebildet. Christoph bedankt sich für die Zusammenarbeit der Gemeinden Bärnau, Obora und Halze, sowie bei den einzelnen Mitwirkenden, Sponsoren und anonymen Spendern. Der Weg und seine Stationen seien bereits jetzt äußerst beliebt und werden wohl weiter einen "Beitrag zur Tschechisch-Deutschen Verständigung" leisten und das Erinnern fördern und erlebbar machen.

OnetzPlus
Bärnau03.10.2021
 
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