„Die meiste Zeit wusste ich eigentlich gar nicht, auf welcher Seite der Grenze wir gerade sind. Manchmal haben wir die Grenzsteine gesehen, aber es sah auf beiden Seiten gleich aus“, wundert sich Vinzent Rieg aus Eslarn. Zusammen mit 13 anderen Jugendlichen aus Deutschland und Tschechien ist er drei Tage durchs Grenzland zwischen Bärnau und Rozvadov gewandert. Gemeinsam überstanden die Jugendlichen Gewitter, Hitze, Regen und steile Anstiege. Zur Belohnung gab es an den Abenden kühle Badeseen, Grillen und Lagerfeuer.
Stolz und glücklich erreichte die Gruppe nach 35 Kilometern über den Grenzkamm des Oberpfälzer Waldes bzw. des Ceský les die Kirchenruine von Nové Domky. Dort feierten die Jugendlichen vor beeindruckender Kulisse eine Abschlussandacht unter dem Motto „Frieden“. „Frieden ist das Allerwichtigste“, sagte Traudl Kraus den Teilnehmern. Vor ihrem Anwesen auf der Grenzalm vor Bärnau hatte sie ihnen von ihren Erlebnissen als junges Mädchen während der Aussiedlung vom ehemaligen Dorf Paulusbrunn nach Bärnau berichtet.
Beeindruckend war auch die Besteigung des ehemals zur Grenzüberwachung genutzten Aussichtsturms auf dem Havran. Jan Kárník vom Club für Militärgeschichte berichtete sehr anschaulich vom harten Leben der Grenzposten während des Kalten Krieges. Marek Kradléc kam mit seiner Jugendgruppe aus Hranice bei Asch dazu und war vor allem von der Begegnung mit den Zeitzeugen beeindruckt. „Mir war nicht klar, dass es an der Grenze früher so gefährlich war und auch Menschen gestorben sind.“ Pfarrerin Stefanie Schön aus Tirschenreuth brachte ebenfalls Jugendliche aus ihrer Gemeinde mit. „Wir sind so nah an der Grenze. Da finde ich es extrem wichtig, etwas gemeinsam mit Jugendlichen aus Tschechien zu unternehmen und gemeinsam Spaß zu haben.“
Tanja Fichtner von der Projektstelle für Gedenken und Versöhnung der Evangelischen Jugend in Weiden organisierte die Wanderung. „Das Tolle an so einer Wanderung ist, dass die Jugendlichen vor Ort hautnah erfahren, was Krieg und Konfrontation an der deutsch-tschechischen Grenze bedeutet haben und wie toll es ist, jetzt Frieden und offene Grenzen in Europa zu haben. Das bleibt in der Schule nicht so hängen“, erklärt sie den Sinn des Projektes. Fichtner ist überzeugt: „Die Grenzen in den Köpfen sollten bei den heutigen Jugendlichen keine Rolle mehr spielen. Dazu hat die Grenzlandwanderung auf jeden Fall beigetragen.“
Die Grenzlandwanderung ist eine gemeinsame Aktion der Projektstelle „Evangelische Jugend für Gedenken und Versöhnung“, des Kreisjugendrings Neustadt/WN und der Gemeinde der Böhmischen Brüder im tschechischen Asch. Die Wanderung wurde durch das Ziel-3-Programm Bayern-Tschechische Republik der EU und durch den Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds gefördert.
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