Da haben die Gemeinden im Landkreis einen guten Griff getan, als sie ihre Familienbeauftragten berufen oder um ihre Zustimmung zum Amt erbeten haben. Es sind engagierte Kräfte, die mittlerweile in allen Gemeinden etabliert sind und eine wichtige Verbindung zu KoKi - der Koordinierungsstelle Frühe Kindheit - darstellen. Doch nicht nur das leisten die Familienbeauftragten: Sie sind auch Bindeglied zum gesamten Angebot der Frühen Hilfen für Familien mit kleinen Kindern.
Zu ihrem regelmäßigen Austausch trafen sie sich dieses Mal im Pfarrheim in Brand. Für die Koki waren Marianne Fütterer und Pia Kürschner anwesend. Die Brander Familienbeauftragte Michaela Schmidt hatte umfangreiche Vorbereitungen getroffen, hatte die Tische liebevoll dekoriert, und auch das leibliche Wohl sollte nicht zu kurz kommen.
Heuer 15 Geburten
Dass die Gemeinde gerne die Kosten dafür übernimmt, wurde im Grußwort von Bürgermeister Ludwig König mit Applaus zur Kenntnis genommen. Er stellte die Gemeinde Brand vor und gab vor allem seiner Freude über 15 Geburten in diesem Jahr Ausdruck. Auch die gute Versorgung der Flüchtlinge durch einen Mitarbeiterkreis sprach König an. Er glaube, dass sie in Brand gut versorgt waren, wenn auch das Umfeld mit wenig Einkaufsmöglichkeiten, um sich selbst versorgen zu können, nicht optimal war.
Das Angebot von KoKi ist vielfältig und kann wertvolle Unterstützung bieten, wurde an diesem Abend deutlich. An KoKi kommen die Eltern über Hebammen und Ärzte, sie können sich aber auch direkt an die Stelle wenden oder eben zuerst Kontakt zu den Familienbeauftragten vor Ort aufnehmen. Diese erfahrenen Leute vermitteln die Eltern dann bei Bedarf und auf Wunsch weiter, auch wenn es oft nur um Information geht. KoKi-Mitarbeiter können auch wichtige Gesprächspartner sein, fachlich beraten und begleiten. Ihnen steht das Netzwerk Frühe Hilfen mit all seinen Fachstellen zur Verfügung.
Eltern müssen wissen, dass es in jeder Gemeinde eine Anlaufstelle gibt. Nicht in allen Kommunen würden die Familienbeauftragten gleich in Anspruch genommen, in manchen Gemeinden selten. Das liege daran, so Marianne Fütterer, dass die Beauftragten nicht überall gleich präsent sind. Es sei "ein tolles Angebot, kostenlos und niederschwellig". "Macht es in der Gemeinde bekannt", forderte sie auf.
Dass kürzlich bei einem Treffen im Ministerium in München ein Fall aus Brand vorgestellt wurde, zeige, dass im Landkreis Tirschenreuth effektiv gearbeitet werde. Natürlich gebe es Grenzen, nämlich da, wo die Probleme zu groß sind und das Jugendamt eingeschaltet werden muss. Dann sei es unbedingt nötig, den Eltern zu erklären, warum das sein muss.
Psychische Krankheiten
Auch kritische Punkte wurden angesprochen. Therapien fänden oft nur am Kind statt, die Eltern würden wenig einbezogen. Am Kind werde alles finanziert - aber eben nur am Kind. Das Fach "Erziehungskunde" sollte wieder eingeführt werden, wurde als Wunsch an die Politik formuliert. Es werde wohl ein Wunsch bleiben, brachte die Reaktion im Saal dazu zum Ausdruck.
Nach den Ursachen der Zunahme der psychischen Krankheiten wurde gefragt. Viele Wünsche blieben unerfüllt, man möchte mehr "als der Mensch packen kann". Das Fazit laute, sich mit weniger zufrieden geben. Sehr positiv sei die Arbeit der Familienpaten, erklärte Marianne Fütterer. Der Kontakt sollte nicht zu eng werden, auch in anderen Familien würden Paten gebraucht und möchten von dieser Einrichtung profitieren.
Lobend erwähnt wurde die Entstehung neuer Eltern-Cafés wie in Waldsassen, wo es gut läuft. Auch in Waldershof wurde ein Eltern-Café eingerichtet. Marianne Fütterer wies auf das Angebot von Mittendrin in Kemnath hin sowie auf Kurse des Amtes für Landwirtschaft, die im VHS-Programm ausgeschrieben sind. Das Thema "Stoffwindeln" wurde am Ende noch kurz erwähnt. Im Kindergarten in Brand scheint dies ein aktuelles Thema zu sein.
Vorbild sein
Bei den regelmäßigen Zusammenkünften der Familienbeauftragten gibt es immer ein Schwerpunkt. In Brand ging es um den Umgang der Kinder mit Medien. Als Referentin war Cirta Rosbach vom Jugendmedienzentrum T1 in Falkenberg gekommen. Sie gab den Anwesenden in einem sehr interessanten Vortrag viele wertvolle Hilfen und Möglichkeiten an die Hand, wie Kinder lernen können, mit Handy und Computer umzugehen. Für die Arbeit der Familienbeauftragten kann dies eine große Hilfe bei ihrer Arbeit sein.
Keineswegs theoretisch, in einer sehr sympathischen Art und vor allem absolut authentisch, gelang der Referentin ein sehr hilfreicher und wertvoller Vortrag. Eingangs stellte Rosbach das T1 als "Grenzübergreifendes Jugendmedienzentrum der Oberpfalz" vor, das im Obergeschoss der Jugendherberge in Falkenberg untergebracht ist. Das T1 sei ein Projekt des Landkreises Tirschenreuth, Träger der Kreisjugendring. Sie selbst betreut den Bereich Cybermobbing und ist auch in der Drogenprävention tätig. Projekte gibt es auch mit Jugendlichen aus Tschechien.
Wichtigster und immer wieder gebrauchter Begriff in dem Referat, war das Wort "gemeinsam - Die Eltern müssen wissen, dass sie Verantwortung haben". Schlimm sei es, wenn sich die Kinder alleingelassen fühlen. Anhand von Fragen, die die Problematik abdeckten, ging sie auf die brennendsten Probleme der Eltern ein. Medien seien ambivalent, seien durchaus geeignet, Kommunikation und Wissen zu fördern, könnten aber auch negative Einflüsse haben.
In den ersten beiden Lebensjahren würden die Kinder Medien optisch und akustisch, dann Gestik und Mimik wahrnehmen, Medienhandlungen erst ab dem dritten Jahr und erst mit dem Grundschulalter sei die Unterscheidung zwischen fiktiver und realer Welt möglich. Ein Kind unter drei Jahren könne keine Filmhandlung überblicken, maximal seien 10 bis 15 Minuten verarbeitbar. Wichtig sei, immer mit den Kindern Filme anzusehen, die Altersangemessenheit sei ausschlaggebend. Das Fernsehen spiele eine große Rolle, Bilderbücher seien wichtigstes Medium für Kinder, Hörspiele gut für die Entwicklung der Sprachfähigkeit.
Zum Fernsehkonsum gab Cirta Rosbach eine Altersuntergrenze von zehn Jahren an bei einer täglichen Fernsehzeit von 10 bis 15 Minuten. Etwas ganz Wertvolles sei das Vorlesen oder auch das gemeinsame Fernsehen. Das Kind spüre Nähe und Geborgenheit; die Eltern haben dabei "Schutzfunktion". Auf die FSK könne man sich nicht verlassen, das seien Empfehlungen, führte die Referentin aus. Es sei nicht immer möglich, sich einen Film vorher anzuschauen, um sich ein Bild zu machen, es gebe aber die Möglichkeit, im Internet Bewertungen dazu zu lesen. Viele Unterlagen - eine lange Liste an Internetlinks - gab Cirta Rosbach den Zuhörern an die Hand, mit denen es möglich ist, sich zu informieren.
Dann ging es auch um das schwierige Thema "Games". Hier war die Referentin sehr zurückhaltend, eher warnend und kam natürlich auch an dem Videospiel "Fortnite" nicht vorbei. Sie kenne die Probleme der Eltern, wenn es um zeitliche und thematische Beschränkung der Nutzung und um Gefahren bei Umgang mit den Spielen geht. Das Problem sei, Grenzen zu setzen und konsequent zu reagieren. Da könne ein "Mediennutzungsvertrag" helfen, wie sie in einem Muster vorstellte. In ihm werden gemeinsam alle Einzelheiten festgelegt. Dieser Vertrag müsse immer wieder ergänzt und aktualisiert werden. Der Feststellung der Referentin, dass "wir alle Gefangene in einem System" sind, konnte niemand widersprechen. Da helfe nur eines: "Vorbild sein."
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