Orange Signalfarben in größerer Anzahl, dazu Kommunalfahrzeuge und Kleintransporter am Sportplatz an der Jahnstraße in Brand: An der Geburtenobstwiese waren Bauhofmitarbeiter zusammengekommen, mittendrin Kreisgartenfachberater Harald Schlöger. Die Steinwald-Allianz hatte zum Obstbaum-Schnittkurs geladen, knapp 20 Bauhofmitarbeiter zeigten Interesse.
Schlöger stellte am ersten Beispiel einer Sauerkirsche gleich viele Mängel fest, unter anderem einen falschen Schnitt und die fehlende Baumscheibe. Aber es gab auch viele positive Beispiele. Das Pflanzen allein reiche nicht aus, Erziehung müsse sein, erklärte der Fachmann. Eben der richtige Schnitt von Obstbäumen. Aber warum überhaupt schneiden? Diese Frage würden sich auch die Kommunen stellen, die auf ihren Flächen für viele Obstbäume verantwortlich sind. Teils seien es landschaftsprägende Altbäume entlang der Straßen und Feldraine, teils seien in den vergangenen Jahren auch viele Jungbäume auf den sogenannten Ausgleichsflächen neu gepflanzt worden. Gerade um letztere müsse man sich regelmäßig kümmern.
Regelmäßiger Schnitt
Dabei sei der regelmäßige Erziehungsschnitt dieser Jungbäume die wichtigste Maßnahme. Unterbleibe er, entwickelten die Bäume kein stabiles Kronengerüst und vergreisten vorzeitig, Ausfälle seien vorprogrammiert. Deshalb gebe es diese regelmäßigen Obstbaumschnitt-Kurse zur Anleitung für den wichtigen Kronenerziehungsschnitt. Aber auch die Pflege von Altbäumen gehöre zum Kursinhalt. Dabei gehe es darum, in regelmäßigen Abständen abgetragenes Holz zu entfernen, Überlagerungen und Überbauungen in der Krone zu beseitigen und damit die Statik zu verbessern. So sinke die Astbruchgefahr, und solche Bäume könnten damit sehr lange in einer stabilen Ertragsphase gehalten werden. Das Interesse der Kommunen sei nicht darauf ausgerichtet, möglichst viele Erträge zu erzielen, sondern die Bäume als wichtige Elemente der Kulturlandschaft und als Träger der Biodiversität zu erhalten. Unterstrichen werde die Bedeutung der Obstbäume und Streuobstwiesen auch durch den „Streuobstpakt Bayern“.
Obstbäume seien langlebige Gehölze, die bei guter Pflege ein Ertrags- und Lebensalter von 50 bis 100 Jahren erreichen. Gut geschnittene Obstbäume trockneten besser ab und hätten dadurch weniger Probleme mit Pilzbefall. Die Krone sei übersichtlicher, nachfolgende Schnitt- und Erntearbeiten gingen leichter von der Hand.
Wichtig ist beim Obstbaumschnitt laut Kreisfachberater ein dem Lebensalter angepasster Schnitt. Beim Pflanz- und Erziehungsschnitt in den ersten Lebensjahren zum Beispiel stehe nicht der Fruchtertrag, sondern ein zügiger Aufbau eines stabilen Kronengerüsts im Vordergrund. In dieser Zeit würden ausschließlich die wichtigen Äste und Leitäste angeschnitten, um einen starken Neuaustrieb zu erhalten. Wenn der Schnitt in den ersten Jahren unterbleibe, trügen die Bäume unter Umständen zwar schneller erste Früchte, verkümmerten allerdings im Wachstum und „vergreisen“ vorzeitig. Die Ertragsphase bei diesen Obstgehölzen, vor allem bei den Hochstämmen, beginne dann in der Regel ab dem siebten bis zwölften Standjahr und habe ihren Höhepunkt oft erst im Alter von 30 bis 50 Jahren.
Kronenform wichtig
Weiterer Aspekt war die Kronenform. Hier nannte Schlöger die Pyramidenkrone und die sogenannte Oeschbergkrone. Beim Erhaltungsschnitt beschränke man sich auf reines Auslichten. "Anzustreben ist ein ruhiger Baum, der ein ausgewogenes Verhältnis von Fruchtholz und schwächeren Neutrieben aufweist", meinte Schlöger.
Grundsätzlich könne man Obstbäume das ganze Jahr schneiden. Für den Winterschnitt empfehle sich ein später Schnitttermin ab Mitte Februar; der Sommerschnitt könne von Ende Juni bis Mitte August gemacht werden. Letztlich gehe es auch um Werte und Werterhalt durch den fachgerechten Schnitt; nicht nur der naturschutzfachliche oder obstbauliche Wert sei wichtig, auch der monetäre Wert der Bäume sei durchaus beachtlich.
Gartenfachberater Harald Schlöger ging auf die Aktion „Rettet die Bienen“ ein und bezeichnete Streuobstwiesen als wertvollen Lebensraum für Insekten. Um dem Flächenverlust entgegenzuwirken, gebe es in Bayern den Streuobst-Pakt. Jährlich sollen 100 000 Obstbäume gepflanzt werden, bis 2035 also eine Million. So viele Bäume gebe es gar nicht, aber Abnahmegarantien könnten den Nachschub fördern. Die Gemeinden seien angehalten, sich zu beteiligen. Es gebe dafür eine Förderung von 90 Prozent.
Geburtenobstwiese
Zweiter Bürgermeister Christian Drehobel hatte zu Beginn die Gemeinde vorgestellt und Vorteile der Zugehörigkeit zur Steinwald-Allianz genannt. Schon Vieles habe damit realisiert werden können, zum Beispiel der Radweg oder der in Planung befindliche Kinderspielplatz in Fuhrmannsreuth. Die Geburtenobstwiese sei eine Ausgleichsfläche, die die Mitglieder des Fichtelgebirgsvereins geschaffen haben. Vor allem Naturschutzwart Gerald Hoch sei dies ein Anliegen gewesen. Mittlerweile sei die Fläche voll. Auch Projektmitarbeiterin Eva Gibhardt betonte die Zusammenarbeit der Steinwald-Allianz mit der Gemeinde.
Hoch nannte nähere Details zur Geburtenobstwiese. Die Flurbereinigung habe viel kaputt gemacht, aber es seien auch Ausgleichsflächen geschaffen worden wie eben diese ungedüngte Magerwiese. Vor zwölf Jahren seien Eltern angesprochen worden, um die Idee dieser Geburtenwiese umzusetzen. Bei einer Pflanzaktion seien 50 Obstbäume gepflanzt worden. 70 Leute hätten sich daran beteiligt. Ein Jahr später durften dann Kinder Schilder mit ihren Geburtstagen an die Bäume hängen. Wenn Kinder geboren wurden, haben Eltern Schilder geschaffen und an die Bäume gehängt. Die Bäume seien geschnitten worden - erst jährlich, dann in größeren Abständen. Gemäht werde die Wiese von der Lebenshilfe Marktredwitz, schonend mit dem Balkenmäher, nicht zu kurz und auch nicht auf einmal. Das geschehe in Streifen, um den Insekten einen Lebensraum zu erhalten. Der nächste Streifen werde gemäht, wenn der andere nachgewachsen ist.
„Anzustreben ist ein ruhiger Baum, der ein ausgewogenes Verhältnis von Fruchtholz und schwächeren Neutrieben aufweist."
Das ist bei der Baumpflege zu beachten
- regelmäßiger Erziehungsschnitt der Jungbäume
- Pflege von Altbäumen: in regelmäßigen Abständen abgetragenes Holz entfernen, Überlagerungen und Überbauungen in der Krone beseitigen
- ein dem Lebensalter angepasster Schnitt: in den ersten Lebensjahren steht nicht der Fruchtertrag, sondern ein zügiger Aufbau eines stabilen Kronengerüsts im Vordergrund; nur die wichtigen Äste und Leitäste werden angeschnitten
- Kronenform: Pyramidenkrone, Oeschbergkrone (öffnet sich wie ein Trichter zum Licht hin)
- Winterschnitt: ab Mitte Februar
- Sommerschnitt: Ende Juni bis Mitte August














Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.