„Wenn des alles wos wird…“ Die ältere Dame mit dem adretten Pagenkopf will damit andeuten, dass sie dann ein Problem im Garten hat. Ein Luxusproblem. Zu viele Pflänzchen für zu wenige Beete und Kübel. Und dann steckt sie bei der Saatgutbörse in Dieterskirchen mit einem Lächeln jede Menge Samentütchen in die Tasche.
Die Dame hat sich beim Gartenbauverein Dieterskirchen eingedeckt. Am Sonntag war im Pfarrheim die Gelegenheit günstig und die Versuchung groß. Auf den bereit gestellten Tischen hatte ein gutes Dutzend Gartler seine Schätze vor sich ausgebreitet, um sie zu tauschen oder auch nur zu verschenken. Denn wer einen Garten hat und selbst Saatgut nimmt, hat in aller Regel eher zu viel als zu wenig.
Vor allem bei Paprika und Tomaten war richtig viel geboten. Alte Sorten, samenfest, sogar wilde Formen fürs Freiland. Die Palette war riesig. Was auch an der heimlichen Tomatenqueen Christine Schedlbauer aus Prackendorf lag. 31 alte Sorten hatte sie mit Bild und Infomaterial vor sich ausgebreitet – und sie wurde nicht müde, immer wieder die Vorteile der einen über die andere zu erklären. „Nein. Nur für die Soße. Nur Soße“ , drang ihre Stimme immer wieder durch das Gemurmel und Stimmengewirr durch. Dann raschelte es und sie zählte oder schüttelte die Körnchen in Papiertütchen.
An den Tischen wimmelte es vor Gästen. Dicht drängten sich in Trauben immer wieder neue Gruppen heran, um sich mit "Bagira", "Langer Erwin" oder "Old German" einzudecken.
Da gingen die Mundwinkel der Dieterskirchener Gartler steil nach oben angesichts des Gedränges im Pfarrsaal. Immerhin feierte der Verein mit dem Samentauschrausch eine Premiere. Mal was Neues ausprobieren, etwas, das zieht und die Artenvielfalt fördert. Noch zehn Minuten vor Beginn der Veranstaltung hatten die Organisatoren mit bangen Blicken aus den Fenstern geblickt und sich gefragt, ob „überhaupt jemand“ kommt? Bei dem schönen Wetter… Doch die Gäste kamen. In Scharen.
Schlag 14 Uhr bildete sich eine erste Schlange vor dem Eingang. Denn es gab ja so viel zu entdecken. Die feilgebotenen Samen reichten von der Artischocke bis zur Nachtkerze, von der Wassermelone bis zum Grünkohl, Blumen genauso wie Gemüse. Hätte man alles zusammen ausbringen wollen, hätte es wohl ein mehrere Hektar großes Feld gebraucht. In jedem Fall reichte das Angebot, um wirklich alle Gäste zufrieden zu stellen. Später wechselte bei einem Stück Kuchen oder Torte noch so mancher Gartentipp den Besitzer. Und sogar auf diese Frage – „Was, wenn das jetzt alles was wird?“ blieb der Gartenbauverein Dieterskirchen keine Antwort schuldig: Dann sehen sich alle interessierten Gartler und die es werden wollen am 27. April wieder zur Pflanzentauschbörse. Gleicher Ort, gleiches Prinzip: Wer zu viel hat, gibt etwas ab, damit alle was davon haben.
Saatgutfestival in Oberviechtach
- Wann: Am 10. März von 10 bis 17 Uhr
- Wo: Mehrzweckhalle Oberviechtach
- Unkostenbeitrag: Zwei Euro
- Vorträge: 11 bis 12 Uhr, Aula der Mittelschule "Torf frei und ökologisch gärtnern mit "Terra Preta" (Karl-Heinz Meyer, Arnbruck); 14 bis 14.45 Uhr in der Aula der Mittelschule "Effektive Mikroorganismen - Anwendung im Garten"(Sonja Heigl, Miltach)
- Weitere Teilnehmer: Heinz-Sielmann-Stiftung, Landesbund für Vogelschutz, Stadt Oberviechtach
- Angebot: Hobbygärtner und Experten bieten samenfestes Saatgut/Pflanzen aus selbst vermehrten Saatgutorten für den Nutz- und Ziergarten an
![Dicht drängen sich die Besucher bei der Samentauschbörse an die Tische. So groß ist die Nachfrage nach samenfestem Saatgut. Bild: Brandl, Jasmin [jag]](https://www.onetz.de/f/ic/ts-xl/articlemedia/2024/01/29/2b08104a-526f-4b6c-b190-c4a8ea8344a1.jpg)
![Allein 31 Tomatensorten hat Christine Schedlbauer (sitzend) mitgebracht, die sie im eigenen Garten kultiviert. Bild: Brandl, Jasmin [jag]](https://www.onetz.de/f/ic/ts-xl/articlemedia/2024/01/29/acb2a05f-cf17-4202-b628-9920b0a05137.jpg)












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