Auf dem Weg von der Oberpfalz nach Brüssel oder Straßburg: In unserer Serie "Politik und Pommes" berichten abwechselnd Ismail Ertug (SPD) aus Kümmersbruck (Kreis Amberg-Sulzbach) und Christian Doleschal (CSU) aus Brand (Kreis Tirschenreuth) über ihren Alltag als Europa-Abgeordnete. Den Anfang macht Doleschal, der erst seit kurzem im EU-Parlament sitzt:
"Dienstag, 28. Mai, 07.45 Uhr: Der Flieger nach Brüssel hebt am Münchener Flughafen ab. Die Wahllokale sind noch keine 38 Stunden geschlossen, der Einzug in das Europaparlament seit 24 Stunden spruchreif, ein langer Wahlkampf mit Hunderten Terminen in der ganzen Oberpfalz ist vorbei.
Interviews, eine Sitzung des Parteivorstands in München und ein spontaner Empfang in meiner Heimatgemeinde Brand mit vielen Freunden und Bekannten liegen hinter mir. Als der Flieger den Boden in München verlassen hat, komme ich mal kurz zum Durchschnaufen und zum Innehalten. So ganz glauben kann ich es noch nicht, dass es tatsächlich geklappt hat mit dem Einzug in das Europäische Parlament. Zugegeben, bis zur dritten, vierten Hochrechnung am Sonntagabend war die Anspannung doch spürbar, so sagen es zumindest diejenigen, die mich am Wahlabend in München begleitet haben. Auch jetzt sind die Gefühle gemischt. Natürlich überwiegt die Freude über das gute Ergebnis, insbesondere den starken Rückenwind aus der Heimat, aber ein bisschen angespannt und neugierig bin ich doch, vor dem was mich da erwarteten wird.
Am Flughafen in Brüssel angekommen, empfängt mich gleich eine Journalistin des Spiegels, die mich die ersten 24 Stunden in Brüssel begleiten wird. Markus Feber, mein CSU-Kollege aus Schwaben, nimmt mich mit, bei meinen ersten Gehversuchen, in doch noch recht unbekannten Gebäuden.
Registrierung, viele Formulare, Beantragung eines "Badge", dem Abgeordnetenausweises, der zur "freien" Bewegung in den vielen Gebäuden des Europaparlaments nötig ist, prägen die ersten Stunden. Brüssel wie man es sich vorstellt.
Um 12 Uhr ist es soweit. Die erste Sitzung der CSU-Europagruppe tagt im 14. Stock des Hauptgebäudes. Küsschen hier, Glückwünsche da - die Stimmung ist gut. Wir wählen Angelika Niebler erneut zur Chefin der CSU-Europaabgeordneten. Manfred Weber berichtetet, wie es die nächsten Wochen weitergehen wird.
Einige Wochen später: Mittlerweile bin ich ganz gut angekommen, die neue Wohnung ist bezogen, die Ausschüsse verteilt und auch meine Französisch-Kenntnisse konnte ich in Straßburg schon unter Beweis stellen. Viele spannende Themen rund um regionale Entwicklung, Währung und Wirtschaft darf ich in den Ausschüssen begleiten. Und auch wenn die Tage in Brüssel und Straßburg lang sind, macht es viel Freude. Nachdenklich stimmt mich schon nach wie vor, dass es nicht gelungen ist, Manfred Weber als Kommissionspräsidenten durchzusetzen. Aber in der Politik ist es eben wie im Leben: Das Glas ist halb voll und das Leben geht weiter."
Ausschüsse: Die 751 Abgeordneten des Europa-Parlaments sind in 20 Fachausschüsse aufgeteilt. Ein Ausschuss hat 25 bis 73 Mitglieder, jedes hat einen Stellvertreter. Unter anderem bereiten sie Gesetze vor, bestellen Sachverständige für eine Anhörung, kontrollieren andere Organe der EU. Die Debatten in den Ausschüssen sind öffentlich. (esa)
In der Serie "Politik & Pommes" berichten abwechseln die beiden Oberpfälzer Abgeordneten Ismail Ertug (SPD) und Christian Doleschal (CSU) von ihrer Arbeit im Europa-Parlament in Brüssel und Straßburg. Sie gewähren aber auch einen persönlichen Einblick hinter die Kulissen.
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