Erbendorf
04.12.2020 - 12:57 Uhr

"Gedanken zum Advent": Sehnsucht nach Gott verspüren

In der Serie "Gedanken zum Advent" kommt diesmal Gemeindereferentin Roswitha Heining aus Erbendorf zu Wort. Sie hofft, dass es vielleicht besser als sonst gelingt, "Sehnsucht zu verspüren nach Gott".

Gemeindereferentin Roswitha Heining arbeitet seit 36 Jahren als Gemeindereferentin in der Diözese Regensburg. Seit zehn Jahren ist sie in der Pfarrei Erbendorf. Bild: Martin Besold/exb
Gemeindereferentin Roswitha Heining arbeitet seit 36 Jahren als Gemeindereferentin in der Diözese Regensburg. Seit zehn Jahren ist sie in der Pfarrei Erbendorf.

Das Wort „Advent“ kommt aus dem Lateinischen und heißt Ankunft, Erwartung. Na klar, wir warten auf die Ankunft Jesu am 24. Dezember, wo wir jedes Jahr seinen Geburtstag feiern. Aber ist damit schon alles gesagt?

Wir können das alles mit einer Zugfahrt vergleichen. Ich habe mich bei Freunden angemeldet und Termin und Uhrzeit meiner Ankunft mitgeteilt. Jetzt sitze ich im Zug und freue mich auf die Begegnung. Wird jemand auf mich warten? Wird mich jemand abholen? Was werden wir zusammen unternehmen?

Bereit sein für den Besuch

Der Zug rollt in den Bahnhof ein. Ich steige aus. Ich werde schon am Bahnsteig erwartet und freudig begrüßt. Ein Zimmer ist für mich vorbereitet und ein gemeinsames Essen wartet auf mich. Ich fühle mich herzlich aufgenommen. Es bleibt viel Zeit zum Gespräch: Erinnerungen werden aufgefrischt, Themen diskutiert und alle Infos über Familie, Freunde und Arbeit auf den neuesten Stand gebracht. Die Bindung und die Freundschaft haben sich wieder gefestigt und erneuert.

Wenn wir das Ganze jetzt auf Gott übertragen, dann können wir sagen: Ich bereite meine Wohnung für das Fest vor. Ich dekoriere und schmücke, mache alles sauber. Der Christbaum und die Krippe stehen. Geschenke sind gekauft und eingepackt. Ein gutes Essen ist vorbereitet. Am Heiligabend besuche ich die Christmette. Kommt er dann sicher bei mir an?

Etwas Wichtiges fehlt noch: Ich selbst! Bin ich bereit für eine Begegnung? Wie kann ich mich vorbereiten und in Erwartung kommen? Ich muss bei mir selbst zu Hause sein. Gott wartet dort schon auf mich. Aber werde ich selbst den Weg zu meinem Herzen, zu meiner Mitte finden? Da geht es uns eher wie dem großen Komiker Karl Valentin, von dem das Zitat überliefert ist: "Heute besuche ich mich, hoffentlich bin ich daheim!"

Kein Fokus auf die Vorbereitung

Die Vorbereitungen auf das große Fest können uns von uns selbst entfernen, weil wir nur noch darauf schauen, alles perfekt zu planen und zu organisieren. Der Advent ist voller Brauchtum und Symbole, die uns auf den Weg zu uns und zu Gott hin führen können: Der Adventkranz, der uns zum Stillwerden einlädt, eine kleine brennende Kerze, die die Dunkelheit erhellt, das Frauentragen, die Heiligenlegenden von Barbara, Nikolaus und Lucia, die uns wesentliche Inhalte unseres Glaubens vermitteln. Auch das Lukas-Evangelium ist eine sehr gute Lektüre: die Verkündigung an Maria, ihr Weg zu Elisabeth, der Weg nach Betlehem. Wir können uns in Maria hineindenken, wie es ihr wohl ergangen ist, was sie gedacht und gespürt hat, was sie zum Zweifeln brachte und wie ihr Vertrauen auf Gott stärker war als aller Verstand.

Wenn wir mit offenen Augen durch unsere Stadt oder durchs Dorf gehen, sehen wir Sterne in den Fenstern und Schaufenstern, an den Häusern und in den Gärten. Sterne weisen den Weg, geben Orientierung und führen die Weisen aus dem Morgenland zur Krippe, weil sie Suchende sind. Suchen wir nach Zeichen und Wegweisern Gottes in unserem Leben?

Mehr Zeit und Ruhe

Gott in mir selbst zu suchen und zu finden, das ist eine Aufgabe, für die die Adventszeit nicht ausreicht. Aber sie erinnert uns jedes Jahr aufs Neue wieder daran. Vielleicht gelingt es uns in diesem Jahr besser als sonst, Sehnsucht zu verspüren nach Gott. Wir haben mehr Zeit und Ruhe für uns selber, werden nicht von Einladungen und Terminen bestimmt und das Wochenende sind wir nicht auf dem Adventsmärkten unterwegs, sondern zu Hause oder auf einem Spaziergang in der Natur. Das Lesen in der Bibel oder in guten Büchern kann mich zum Nachdenken anregen. Ich könnte auch den Frage nachgehen: Wer bin ich eigentlich? Wie sehe ich mich? Wie sehen mich andere: Ehepartner, Kinder, Eltern, Freunde, Arbeitskollegen?

Die heilige Teresa von Avila (1515 bis1582) hat in einem wunderbaren Gedicht die Suche nach Gott und nach sich selbst beschrieben. „Gott spricht: O Seele, suche dich in mir, und Seele, suche mich in dir. Die Liebe hat in meinem Wesen Dich abgebildet treu und klar, kein Maler lässt so wunderbar, o Seele, deine Züge lesen. Du bist mein Haus und meine Bleibe, bist meine Heimat für und für, ich klopfe stets an deine Tür, dass dich kein Trachten von mir treibe. Und meinst du, ich sei fern von hier, dann ruf mich, und du wirst erfassen, dass ich dich keinen Schritt verlassen: und Seele, suche mich in dir.“

Waldsassen27.11.2020
 
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