Erbendorf
13.08.2018 - 15:06 Uhr

Glöcklein schlägt bald die Stunde

Schwarzer Rauch, ein dampfiger Dunst und heiße Temperaturen. Gläubige der evangelischen Kirchengemeinde erleben in der Glockengießerei Bachert die Geburt der neuen Glocken für die Martin-Luther-Kirche. Zum ersten mal erklingen sie im Advent.

(Pfarrer Christoph Zeh und Pfarrer Bernhard Stahlberg (Mitte von links9 danken für den gelungenen Guss und stimmen zum "Großen Gott, wir loben dich" ein. njn
(Pfarrer Christoph Zeh und Pfarrer Bernhard Stahlberg (Mitte von links9 danken für den gelungenen Guss und stimmen zum "Großen Gott, wir loben dich" ein.

(njn) Die evangelische Kirchengemeinde hat seit gut zehn Jahren ein ernstes Problem mit ihrem Geläut. Drei der vier Glocken sind seit Jahren aus Sicherheitsgründen abgestellt. Seitdem ruft nur noch ein Glöcklein zum Gottesdienst. Der Grund sind die aus dem Jahr 1923 stammenden Glocken selbst. Denn damals wurden vier Stahl-Klangglocken aus der Glockengießerei in Apolda eingesetzt.

Durch die Lufteinschlüsse korrodieren die Glocken, sie rosten und die Gefahr besteht, dass beim Glockenschlag der Mantel abgesprengt wird oder sie gar aus dem Glockenstuhl herunterfallen. Unter der damaligen Pfarrerin Gertrud Göpfert wurde eine Spendensammlung initiiert, die im Laufe der Zeit das Geld für neue Glocken zusammenbrachte. Anfang diesen Jahres entschloss sich der Kirchenvorstand mit Pfarrer Christoph Zeh, für die Martin-Luther-Kirche neue Glocken anzuschaffen, die bei der Glockengießerei Bachert in Neunkirchen bei Heilbronn gegossen werden sollen.

Für die Zier der vier neuen Glocken konnte die Kirchengemeinde den Ruhestandspfarrer Günter Niekel aus Muhr am See gewinnen. Unter anderem gestaltete er im Auftrag der Firma Bachert 1992 die große Glocke für das Olympiadorf in Barcelona. Immerhin bringt sie gut 140 Zentner auf die Waage. Für den künstlerischen Pfarrer der größte Auftrag, den er je hatte.

"Wie die neuen Glocken aus Bronze aussehen, steht schon fest", sagt Pfarrer Christoph Zeh. Es wird ein Vierergeläut sein. Die Christusglocke mit dem Namen "Liebe" erhält eine Lutherrose als Emblem. Die Gebetsglocke "Vertrauen" zieren bergende Hände, die Sterbeglocke erhält einen Anker, und auf der Taufglocke soll der Bibelspruch "Der Herr ist mein Hirte" stehen.

Die Tonreihe des neuen Geläuts orientiert sich an dem alten: die kleinste Glocke mit Ton b über g, f1 bis zur großen Christusglocke mit d1. Genau die richtige Aufgabe für die Glockengießerei Bachert. Denn durch genaue Berechnungen ist es möglich, beim Ersatz historischer Glocken, diese auf den Nominal mit 1/16 Ton genau zu gießen. Um den richtigen Ton mussten den Berechnungen entsprechende Lehmformen gestaltet und Kanäle in der Grube gemauert werden, um die flüssige Bronze in die Formen zu bringen. Am Freitag war es soweit. Die Sterbe- und Gebetsglocke für die Martin-Luther-Kirche wurden in der Glockengießerei Bachert gegossen, wozu die Kirchengemeindemitglieder eingeladen waren. Insgesamt waren zum Guss sieben Glocken in der Grube "eingemauert". Darunter die zwei für Erbendorf und weitere für die katholische Kirche St. Zeno in Herrischried. Von deren Verein war ebenfalls eine Abordnung beim Guss dabei .

Ökumenisch ging es zu. Gemeinsam beteten Pfarrer Christoph Zeh und Pfarrer Bernhard Stahlberg für einen guten Glockenguss und erteilten den Segen. Dann hatte Firmenchef Albert Bachert das Wort und gab nach dem Anstich des heißen Kessels seine Anweisungen. Über viele Kanäle lief die rund 1200 Grad heiße Bronze- und Zinnlegierung zu den Gussformen in der Grube. Entsprechend dampfig war es in der Gießerei, verhangen mit schwarzem Rauch und hohen Temperaturen.

"Jeder Guss wird in die Hände Gottes gelegt", sagte Bachert. Deshalb sei es kein Zufall, dass jede Glockengeburt zur Todesstunde Christi am Freitag um 15 Uhr stattfinde. Den eigentlichen Guss bezeichnete er als gelungen. "Jetzt müssen die Glocken rund zwei bis vier Wochen abkühlen, bevor die Weiterbearbeitung beginnen kann."

Die Tauf- und Christusglocke für die evangelische Kirchengemeinde werden am Freitag, 7. September gegossen. Die Gussformen stehen bereits in der Werkhalle von Bachert. "Wir sind sicher, dass dann alle vier Glocken bis zum Advent in der Martin-Luther-Kirche in Erbendorf aufgezogen werden können", meinte Bachert. "Dann gibt's eine große Glockenweihe", fügte Pfarrer Zeh hinzu.

Pfarrer Bernhard Stahlberg aus Herrischried und Erbendorfs Pfarrer Christoph Zeh (Mitte von links) geben den Segen zu einem gelingenden Glockenguss. njn
Pfarrer Bernhard Stahlberg aus Herrischried und Erbendorfs Pfarrer Christoph Zeh (Mitte von links) geben den Segen zu einem gelingenden Glockenguss.
Eine schweißtreibende Arbeit für die Glockengießer, die flüssige Bronze in die einzelnen Glockenformen zu leiten. njn
Eine schweißtreibende Arbeit für die Glockengießer, die flüssige Bronze in die einzelnen Glockenformen zu leiten.
Im gasbetriebenen Hochofen wird die Bronze-Zinn-Legierung bei rund 1200 Grad erhitzt. njn
Im gasbetriebenen Hochofen wird die Bronze-Zinn-Legierung bei rund 1200 Grad erhitzt.
Eine schweißtreibende Arbeit für die Glockengießer, die flüssige Bronze in die einzelnen Glockenformen zu leiten. njn
Eine schweißtreibende Arbeit für die Glockengießer, die flüssige Bronze in die einzelnen Glockenformen zu leiten.
Eine schweißtreibende Arbeit für die Glockengießer, die flüssige Bronze in die einzelnen Glockenformen zu leiten. njn
Eine schweißtreibende Arbeit für die Glockengießer, die flüssige Bronze in die einzelnen Glockenformen zu leiten.
Pfarrer Christoph Zeh und Pfarrer Bernhard Stahlberg (von links) danken für den gelungenen Guss und stimmen zum "Großen Gott, wir loben dich" ein. njn
Pfarrer Christoph Zeh und Pfarrer Bernhard Stahlberg (von links) danken für den gelungenen Guss und stimmen zum "Großen Gott, wir loben dich" ein.
 
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