Erbendorf
25.06.2023 - 09:51 Uhr

Graffiti-Kunst und Musik beim "Good Times Jam" in Erbendorf

Für die Augen und die Ohren war beim "Good Times Jam" im Skaterpark einiges geboten. Heimische und auch überregionale Künstler hatte der Kunst- und Kulturverein nach Erbendorf gelockt.

Etwas versteckt, abseits hinter der Erbendorfer Stadthalle, hatte der Kunst- und Kulturverein Erbendorf (Kukuve) zum "Good Times Jam" geladen. Beim Betreten des Skaterparks fällt eines sofort ins Auge: die lange Wand für Sprayer beziehungsweise Tagger, die hier eingeladen waren, diese beidseitig visuell neu zu gestalten. Laut Veranstalter komplett ausgebucht, konnten Besucher die Künstler bei ihrer Arbeit den ganzen Tag über beobachten. Farbenfrohe Muster und Tags wurden aus den Sprühdosen und kreativen Schaltzentren der Sprayer an die Wand geworfen, hier und da verziert mit dem ein oder anderen ikonischen Cartoon-Charakter.

Die Veranstaltung zeigt auch den Wandel, den das Sprayen in den vergangenen Jahrzehnten durchgemacht hat: weg von der (teilweise) illegalen Aktivität unter Überführungen, an abgestellten Zügen oder sonstigen Betonwänden im öffentlichen urbanen Bereich hin zu einer geduldeten, teils sogar geförderten Form künstlerischen Ausdrucks, für die auch immer häufiger Raum geschaffen wird und die in moderne Stadtentwicklungskonzepte integriert wird. Auch über Banksy und Co. erfährt die Kunstform immer breitere Akzeptanz.

Der große Teil der anwesenden Sprayer hat deswegen auch die Möglichkeit, diese Kunst auf legale Weise auszuüben. Sie bemalen nicht mehr in unlauterer Manier fremdes Eigentum - oder behaupten das zumindest mit hinreichender Überzeugung.

Sprayer-Szene Oberfranken

Auffällig viele Sprayer aus Bayreuth haben sich zum Erbendorfer "Good Times Jam" zusammengefunden, unter ihnen der 33-jährige "Wolle": Seit über zehn Jahren sprayt er unter dem Namen "Bokeh" - ein Begriff für die Form der Tiefenunschärfe in der Fotografie. Im Skaterpark sprüht er seinen Tag in Gelbton gekonnt an die Wand. Dass sich so viele Musiker und Tagger aus der oberfränkischen Festspielstadt eingefunden haben, liegt auch am "Kollektiv 447", einem Zusammenschluss von Musikern, Beatproduzenten, Sprayern und allerlei sonstigen kreativen Köpfen, die mitgliedsstark angereist sind.

Viele von ihnen waren auch die vergangenen Male schon auf der Musik- und Streetart-Veranstaltung zugegen, über Kontakte mit dem Ideengeber und Mit-Organisator Fabian Moller. Der Erbendorfer ist selbst seit zehn Jahren Tagger und hatte 2021 erstmals die Idee für ein Event mit Rappern und Sprayern. Der erst 2020 gegründete Kunst- und Kulturverein Erbendorf zeigte sich begeistert von dem Vorschlag und half bei der Organisation und Umsetzung der Idee. Schon zum dritten Mal konnte die Veranstaltung nun realisiert werden, sie lockt immer mehr Teilnehmer und Interessierte an - aus Erbendorf, Bayreuth, Weiden und auch Nürnberg.

David Frischholz, Vorsitzender des Kukuve, freut sich über das stetig wachsende Publikum. Auch die Zusammenarbeit mit der Stadt habe reibungslos funktioniert. Danken möchte er außerdem den Sponsoren und Unterstützern der Aktion: das Boder-Ladl aus Wildenreuth, Pizza Cone aus Erbendorf, Viva con Agua aus Bayreuth und ROS Rollentechnik.

Live-Auftritte

Neben den Sprayern sind aber auch einige Musiker, vornehmlich Rapper, gekommen, um live zu performen. Unter ihnen - bisher immer fester Bestandteil der "Good Times Jams" - der Erbendorfer Patrick Houser, besser bekannt in der Szene als "OneHandedBandit". Seit knapp drei Jahrzehnten rappen er und sein Kollege Christian Grasser ("Chriz") aus Weiden. Sie sind unter anderem Mitbegründer des Labels MP-Records aus Weiden. Auf der improvisierten Bühne im Skaterpark begeisterten sie das Publikum.

Durch die Bank präsentierten sich an diesem Abend viele talentierte Musiker, mit viel Herzblut und Einsatz. Auch der ein oder andere, der schon länger nicht mehr auf der Bühne gestanden hatte, ließ sich zu einem kleinen Auftritt überreden. Der 38-Jährige "Exxxl" aus Bayreuth will demnächst sogar sein Glück mit einem eigenen Albumrealease unter dem Titel "Willkommen in meiner Welt" ab 15. Juli versuchen. In seinen Songs beschäftigt er sich mit aktuellen Themen, dem Zeitgeist, Klimawandel und Co.

Die Musiker, die auch die vergangenen Male schon bei der Veranstaltung aufgetreten waren, zeigten sich erfreut über das wachsende Publikum, und auch, dass dieses in diesem Jahr näher an die Bühne gerückt war.

"Atmosphäre stimmt"

Der "Jam" war rundum zufriedenstellend vom örtlichen Kukuve auf die Beine gestellt worden, versorgt wurden die Gäste mit Pizza und Hot Dogs, zur späteren Stunde gab es neben den üblichen Getränken auch Cocktails. Auch Besucher, die vorher keine Berührung mit der Szene gehabt hatten, zeigten sich angetan vom Gebotenen. Wenn auch die Musikrichtung sonst nicht "das Meine" wäre, live sei es doch etwas anderes, die Atmosphäre stimmte einfach, so vielfach die Meinung.

Übrigens: Wer das ganze Event verpasst hat, kann die Graffiti-Kunstwerke noch an der Wand im Skaterpark betrachten. Geplant ist, dass diese ein Jahr bleiben, bis zum nächsten Jam. Auf der anderen Seite gehört aber auch die Unbeständigkeit zu dieser Kunstform, nie ist gewiss, wie lange das Gesprayte bleibt und entfernt oder wieder übermalt wird. Weitere Bilder auf:onetz.de/4209631

Hintergrund:

Kunst- und Kulturverein Erbendorf

  • Gründung: Oktober 2020
  • Zweck: will Kunst und Kultur vor Ort fördern
  • Vorsitzender: David Frischholz
  • Infos: www.kukuve.org
 
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