Erbendorf
26.03.2024 - 13:17 Uhr

Kontroverse und Reflexion: Bernhard Neumann wirft in Erbendorf neuen Blick auf Judas

Bernhard Neumann beeindruckt das Publikum im Erbendorfer Bürgerhaus mit seiner Interpretation des Apostels Judas. Doch nicht jeder im Publikum kann die Art und Weise, wie die Figur dargestellt wird, nachvollziehen.

In der Geschichte der Menschheit gibt es wohl keine Figur, die so stark als "Verräter" gebrandmarkt wurde wie Judas. Jahrhundertelang wurde er verschmäht, verstoßen und als böse und hässlich dargestellt. Doch der Schauspieler Bernhard Neumann gab im gleichnamigen Monolog im voll besetzten Erbendorfer Bürgerhaus dem Verräter ein Gesicht.

Der in Erbendorf beheimatete Schauspieler verkörpert in dem Stück des Landestheaters Oberpfalz Judas auf beeindruckende Weise. Seine Darstellung ist nuanciert, einfühlsam und tiefgründig. Man spürt förmlich die innere Zerrissenheit und den Schmerz, den Judas empfunden haben muss. Neumann beleuchtet die Sicht des Apostels auf die Ereignisse um das Letzte Abendmahl. Er fragt sich, was aus ihm, sprich Judas, geworden wäre, hätte er nicht so gehandelt.

Kaum Requisiten

Die Inszenierung von Regisseur Till Rickelt ist minimalistisch, aber äußerst wirkungsvoll. Sparsames Lichtdesign und wenige Requisiten erzeugen eine Atmosphäre, die den Zuschauer unmittelbar in das Geschehen hineinzieht. Die Kombination aus Monolog und interaktiven Elementen machte die Aufführung zu einem intensiven Erlebnis, das noch lange nachwirkt. Bernhard Neumann gelang es, die Tat des Judas auf ein menschliches Maß zurückzuführen und das Publikum dorthin zu führen, wo es vielleicht lieber nicht sein möchte: zu dem Judas in sich selbst.

Nach der rund einstündigen Aufführung hatten die Zuschauer die Gelegenheit, mit dem katholischen Pfarrer Martin Besold, seinem evangelischen Amtsbruder Manuel Sauer, Bürgermeister Johannes Reger und dem Schauspieler selbst über die Aufführung zu diskutieren. Einfühlsam moderiert und geleitet von Petra Sommer-Stark, die das Publikum einlud, seine eigenen Gedanken und Gefühle zu reflektieren.

Viel Menschlichkeit

Die folgende Diskussion war dabei ebenso intensiv wie kontrovers. Die einen waren beeindruckt von der empathischen Darstellung Judas' durch Bernhard Neumann und entdeckten in der Figur viel Menschlichkeit. Andere hingegen waren skeptisch und fühlten sich durch eben diese menschliche Darstellung Judas' herausgefordert. Die Grenzen zwischen Gut und Böse würden in dem Stück verwischt.

Diese unterschiedlichen Standpunkte führten zu einer lebhaften Debatte über Themen wie Schuld, Sühne und Vergebung. Es war erfrischend zu sehen, wie ein Theaterstück nicht nur unterhielt, sondern auch dazu beitrug, wichtige gesellschaftliche Fragen aufzuwerfen und zu diskutieren. Letztendlich war es diese kontroverse Diskussion, die die Aufführung von "Judas" im neuen Bürgerhaus in Erbendorf zu einem besonderen kulturellen Erlebnis machte.

Hintergrund:

Schauspiel "Judas"

  • Monolog von Lot Vekemans
  • Darsteller: Bernhard Neumann aus Erbendorf
  • Inszenierung des Landestheaters Oberpfalz
  • Regie: Till Rickelt
  • Aufführungen: sechs Vorstellungen in den Landkreisen Tirschenreuth, Wunsiedel und Amberg-Sulzbach, Abschluss jetzt in Erbendorf
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Wiesau19.02.2024
 
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