Eschenbach
01.06.2021 - 13:17 Uhr

56 Kilometer zur Heiligsten Dreifaltigkeit nach Gößweinstein: Eschenbacher Jubiläumswallfahrt in Coronazeiten

Losgehen, um bei sich selbst anzukommen. Betend oder schweigend. Zu einem Ort, von dem ganz offenkundig eine besondere Glaubenskraft ausgeht. Es ist ein Pilgerziel, das die Eschenbacher so sehr schätzen.

Auf stillen Wegen im Gebet vom Alltag abschalten und das Herz öffnen. So beschreiben die Eschenbacher Gößweinstein-Fußwallfahrer das Geheimnis des Pilgerns Bild: do
Auf stillen Wegen im Gebet vom Alltag abschalten und das Herz öffnen. So beschreiben die Eschenbacher Gößweinstein-Fußwallfahrer das Geheimnis des Pilgerns

Tausende von Wallfahrern begeben sich jedes Jahr auf den Weg zum größten Dreifaltigkeitswallfahrtsort Deutschlands. Ihr Ziel ist Gößweinstein.

Die Anfänge der Wallfahrt dorthin liegen im Dunkeln. Wunder sollen es nicht gewesen, die Pilger schon im 16. Jahrhundert veranlassten, nach Gößweinstein zu gehen. Vermutlich war es die Dreifaltigkeitsverehrung, die Wallfahrergruppen zum dortigen mittelalterlichen Dreifaltigkeitsbild aufbrechen ließ.

Auch die Eschenbacher zieht es seit 1851 ohne Unterbrechung in den – nach Vierzehnheiligen – größten Wallfahrtsort Frankens, um dort Gott dem Vater, Sohn und Heiligen Geist zu huldigen. Am Wochenende war es die 170. Fußwallfahrt: ein stolzes Jubiläum.

Seit den 1960er Jahren stieg die Zahl der Teilnehmer ständig – umgekehrt zur Zahl der Kirchenbesucher. Der Wallfahrtsboom sorgte für jährlich bis zu 200 Pilger. Ein heimtückisches Virus bereitete ihm 2020 ein abruptes Ende.

Doch die Eschenbacher zeigten sich flexibel und erfinderisch. Schon im Vorjahr waren es Gebetsanliegen von verhinderten Wallfahrern, die Stadtpfarrer Thomas Jeschner und Pilgerführer Herbert Körper in der Basilika niederlegten.

Heuer am Dreifaltigkeitswochenende ließen es sich 35 Pilger nicht nehmen, trotz der Corona-Infektionsschutzvorgaben zu Fuß nach Gößweinstein aufzubrechen. Sie alle wollten das Wallfahrtserlebnis nicht missen und ließen sich auf eine abgespeckte Version der Wallfahrt ein. „Der Dreifaltigkeitssonntag in Gößweinstein ohne Eschenbacher Wallfahrer, das geht einfach nicht“, sprach ein „Eiserner“ den Teilnehmern aus der Seele.

Wie in jedem Jahr brachen diese nach dem Segen des Stadtpfarrers in der Bergkirche auf, um am frühen Samstagmorgen nach einem Bustransfer ab Pegnitz gen Gößweinstein zu ziehen. Schritt für Schritt, Kilometer für Kilometer ließen die Pilger, unter ihnen auffallend viele Kinder und Jugendliche, den Alltag hinter sich.

„Der Kopf wird frei, das Herz öffnet sich; da kann ich total abschalten“: Eine beglückende Erfahrung, kommentierte „Jubilar“ Jürgen Weissel dieses Gefühl. Tags zuvor feierte er seinen 70. Geburtstag. Auch Manfred Bayer betonte: „Der Weg und das Gebet ermöglichen eine spirituelle Erfahrung, die alle Anstrengungen vergessen lässt.“

Längst vorbei sind die Zeiten, als eine Wallfahrt Lebensgefahr bedeutete. Die Pilger gehen nun nicht mehr auf vielbefahrenen Straßen, sondern zum Teil auf verschlungenen Pfaden und Waldwegen.

Für 55 Jahre Fußwallfahrt nach Gößweinstein wird Josef Roth (Mitte) geehrt. Er ist auch der älteste Teilnehmer an der Wallfahrt. Es gratulieren (von links) Stadtpfarrer Thomas Jeschner, Pfarrvikar Gerald, Pilgerführer Herbert Körper und Bildträger Wolfgang Deubzer Bild: do
Für 55 Jahre Fußwallfahrt nach Gößweinstein wird Josef Roth (Mitte) geehrt. Er ist auch der älteste Teilnehmer an der Wallfahrt. Es gratulieren (von links) Stadtpfarrer Thomas Jeschner, Pfarrvikar Gerald, Pilgerführer Herbert Körper und Bildträger Wolfgang Deubzer

Ein erster Höhepunkt für die Wallfahrer war der feierliche Einzug in Gößweinstein. Früher empfing die Pilgergruppen ein Priester mit Ministranten schon am Ortseingang. Corona veränderte aber alles. Doch das mächtige Willkommens-Geläut der Basilika, einem Kirchenbau nach den Plänen des berühmten Balthasar Neumann, entschädigte für viele Anstrengungen.

Auch die Worte von Ortspfarrer Pater Ludwig Mazur vor dem Gnadenbild im Altarraum des barocken Kirchenjuwels verbreiteten Optimismus in schwerer Zeit: „Habt Vertrauen und lasst uns hoffnungsvoll in die Zukunft blicken“, zitierte der Kirchenmann den Leitgedanken der Gößweinstein-Wallfahrt 2021.

Von Zukunftsfreude, Licht und Liebe war auch in der Predigt von Zelebrant Dekan Thomas Jeschner die Rede. Der Eschenbacher Stadtpfarrer kam nach Gößweinstein, um mit „seinen“ Pilgern und weiteren Wallfahrergruppen aus dem Bistum Bamberg Eucharistie zu feiern. Auf das Beziehungsgeflecht zwischen Mensch und Gott eingehend verwies der Seelsorger auf die Botschaft von Papst Franziskus, mit offenem Herzen in der Dreifaltigkeit die Liebe Gottes zu empfangen: „Gottes Begleitung ist uns sicher und gibt uns auf allen Wegen einen Sinn.“

„Sei gelobt und hochgepriesen, Heiligste Dreifaltigkeit. Sieh, wir fallen dir zu Füßen, in dem Geist der Bitterkeit“: Das Dreifaltigkeitslied hätten die Wallfahrer zum Schluss des Gottesdienstes gerne mitgesungen.

Aber die Corona-Schutzbestimmungen erlaubten keinen Gesang – erst recht nicht die gewohnte Begleitung durch eine Bläsergruppe. So blieb es beim bewegenden Vorspiel des Basilika-Organisten. Eine kurze Marienandacht an der Grotte beendete den ersten Pilgertag.

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Eschenbach27.05.2021

Deutlich mehr Kondition erforderte tags darauf der 40 Kilometer lange Rückmarsch von Gößweinstein in die Heimat. Ein Tagesmarsch mit schmerzenden Füßen und mancher „Blase“, der den Teilnehmern alles abverlangte.

Pilgerführer Herbert Körper staunte über die klaglosen und tapferen Fußwallfahrer, seine nimmermüden Bildträger Wolfgang Deubzer und Wolfgang Denk sowie die „Vorsängerinnen“ Irmgard Götz und Adelinde Wittmann. Die Chorsängerinnen der Pfarrgemeinde begleiteten die Gruppe mit Wallfahrtsliedern, die auch mit Technikunterstützung über den Prozessionslautsprecher erklangen.

Erstaunlich gelassen nahmen die Wallfahrer auch den Maskenzwang hin. Für Karin Herr war die „Maskerade“ eh kein besonderes Problem. Den Mundschutz fand sie zwar beim Beten und beim gleichzeitigen Marschieren lästig: „Aber als Beschäftigte im Medizinbereich bin ich das Maskentragen eh gewöhnt.“ Ein Verzicht auf die Wallfahrt sei für sie deshalb nicht in Frage gekommen.

Ähnlich bewertete die erfahrene Teilnehmerin Rosi Maul die Maskenpflicht: „Ich bin froh, dass die Fußwallfahrt aufgrund der Umstände überhaupt möglich wurde. Die Gruppenatmosphäre fasziniert mich immer wieder. Die Gemeinschaft zieht einen einfach mit.“

Nach Verschnaufpausen in Elbersberg, Pegnitz und Kirchenthumbach endete die Eschenbacher Jubiläums-Fußwallfahrt mit einem Empfang der Pilger durch Stadtpfarrer Thomas Jeschner und Pfarrvikar Gerald. Ein Gebet am „Gößweinstein-Marterl“ auf Höhe der TÜV-Niederlassung am Rußweiher musste sein, bevor den Jeschner den Teilnehmern nach dem letzten Kilometer in der Maria-Hilf-Bergkirche den eucharistischen Schlusssegen spendete.

Dankadressen von Wallfahrtsleiter Herbert Körper gab es an alle Unterstützer, unter anderem an die Malteser-Gruppe Weiden für die Betreuung der Fußwallfahrer. Seine Schlussworte verband der Pilgerführer mit einer Ehrung von Sepp Roth für 55 Jahre Teilnahme an der Gößweinsteiner Fußwallfahrt.

In der Basilika zu Gößweinstein feiert Stadtpfarrer Thomas Jeschner mit den Eschenbacher Wallfahrern und Pilgergruppen aus dem Bistum Bamberg Eucharistie. Bild: do
In der Basilika zu Gößweinstein feiert Stadtpfarrer Thomas Jeschner mit den Eschenbacher Wallfahrern und Pilgergruppen aus dem Bistum Bamberg Eucharistie.

„Ich bin froh, dass die Fußwallfahrt aufgrund der Umstände überhaupt möglich wurde. Die Gruppenatmosphäre fasziniert mich immer wieder. Die Gemeinschaft zieht einen einfach mit.“

Rosi Maul, erfahrene Teilnehmerin an der Gößweinstein-Wallfahrt

 
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