Eschenbach
04.12.2019 - 08:40 Uhr

Gedenkdank der Kolpingfamilie Eschenbach

Nigeria, der volkreichste Staat Afrikas, zieht Einzug ins Dammbauernhaus. Dafür sorgen die Kolpingfamilie und Vikar Victor Jamahh Usman.

Die Kolpingfamilie hatte zur Feier des Kolpinggedenktags geladen, bei der Vikar Victor Jamahh Usman über seine Heimat sprach. Auf dem Gebiet des heutigen Nigerias mit einer Fläche 923.700 Quadratkilometer hatten in vorkolonialer Zeit unter anderem Yoruba, Hausa und Nupe politisch und kulturell bedeutende Staaten gegründet, bis 1804 der islamische Gelehrte Usman da Fodio einen „Heiligen Krieg“ ausrief, der zur Errichtung des Fulbe-Reichs führte. Dessen Expansion beendeten 1903 die Briten und schufen 1914 eine einheitliche Kolonialverwaltung, die am 1.Oktober 1960 mit der Unabhängigkeit endete.

Nach Ausführungen zu Geografie und Klimazonen Nigerias informierte Usman über sechs geopolitischen Zonen sowie regionale Bevölkerungsstrukturen mit 250 Ethnien und 500 verschiedenen Sprachen.„Die Kinder sprechen zwei bis drei Sprachen, darunter Pidgin-Englisch und die jeweilige Stammessprache", erklärte der Vikar. Er stellte die regional unterschiedliche Stärke der Glaubensgemeinschaften vor, die von 98 Prozent christlich bis zu 95 Prozent moslemisch reicht. Dazu räumte der Vikar ein, dass auf dem Gebiet des heutigen Nigerias bereits ab dem 10. Jahrhundert der Islam aktiv wurde und die ersten christlichen Missionen erst ab 1862 Erfolg hatten.

Zu seinen beeindruckenden Zahlen gehörten 54 katholische Diözesen, neun Erzdiözesen, 3900 Priesterseminaristen, 800 Priesteramtskandidaten, mehr als 2000 Ordensschwestern und 85 Prozent Kirchenbesuche am Sonntag. Konkret wurde er zu seinem Heimatort, wo sonntags bei vier Gottesdiensten mindestens 1 500 Kommunikanten gezählt werden. Auf Nachfrage eines Zuhörers antwortete er: „Aus Nigeria könnten wir sofort mehrere hundert Priester nach Deutschland entsenden.“

Usman bewertete das Zusammenleben unterschiedlicher Glaubensgemeinschaften als „allgemein friedlich“. Er sprach sogar von gemischten Ehen, beklagte jedoch, dass Politiker die Religion „als Instrumentenwerk zur Manipulation der Bevölkerung“ missbrauchen und die „muslimische Politik im Norden des Landes sehr scharf“ ist. Um den Zusammenhalt und die Bedeutung des Christentums zu stärken, sei daher am 27. Juni 1976 das ökumenische Forum „Christlicher Bund Nigeria“ gegründet worden.

Als „vernünftig“ stufte er die sunnitischen Gruppen im Norden ein, die sich von den Salafisten unterscheiden. Die dortige Ausgrenzung der Christen – „es gibt keine Christenverfolgung“ – werde jedoch dadurch sichtbar, dass es Schwierigkeiten beim Kauf von Grundstücken für einen Kirchenbau und eine Benachteiligung für Stipendien und bei der Arbeitsplatzsuche gibt. Die im 19. Jahrhundert eingeführte Scharia sei unter einem christlichen Staatspräsidenten (1999 bis 2007) abgeschafft worden.

Durch die Aktivitäten der Terrorgruppe „Boko Haram“, die ein islamisches Kaiserreich anstrebte, haben wir mehr als 20.000 Tote zu beklagen“, meinte Usman. Deren Tätigkeit schrieb er „radikale wahabische Hintergründe“ zu und sprach von einem wichtigen Erfolg der Armee, die deren Zentrum „Sambesi Wald“ in Besitz genommen hat. Eine neue Bedrohung für Christen, was Grund und Boden betrifft, erkannte er in den „Fulani Hirten“. Dass das Christentum im Norden Nigerias trotz Bedrohung einen Aufschwung erfährt, bewies er am Beispiel einer Pfarrei mit 36 Außenstationen und jährlich 790 Taufen.

Vikar Usman beendete seinen Vortrag mit dem Wunsch an die Politik in seinem Heimatland: „Hört auf, Ethnie und Religion unter dem Motto ‚teile und herrsche‘ zum Instrument von Politik zu machen!“ Peter Polatschek regte nach kräftigem Applaus einen „Anschlussvortrag“ an.

„Ich bin froh, dabei sein zu dürfen.“ In diese wenigen Worte verpackte Karl Lorenz seine Eindrücke zum Vortrag des neuen Eschenbacher Vikars. Er griff Inhalte des Leitbilds von Kolping wie „verantwortlich leben und solidarisch handeln“ auf, nach dem auch „Vater Kolping“ sein Leben gestaltet hat. Der zweite Bürgermeister bescheinigte der Kolpingfamilie, dass sie stets Beiträge zur Förderung des gesellschaftlichen Lebens in der Kommune erbringt und übergab eine Weihnachtsspende.

Zum Thema Altpapier zeigte sich Polatschek überzeugt vom Erfolg der Sammelgemeinschaft Kolping/Siedlergemeinschaft. Die angekündigten Berichte über die Patenkinder in der Salesianerstation Don Bosco in Zubza wird Hans Rupprecht zu einem späteren Zeitpunkt liefern. Der Entwicklungshelfer übergab vorerst Briefe der Patenkinder und Polatschek versicherte, das kirchliche Projekt im Nagaland weiterhin zu unterstützen.

 
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