Eschenbach
20.04.2020 - 09:17 Uhr

"Am Schirm" eröffnet sich herrliches Landschaftspanorama

Natur erleben und Kultur genießen heißt es seit 30 Jahren auf den Begrüßungstafeln der Stadt. Doch schon vor fast 100 Jahren ließen sich die Stadtvertreter einen Spruch einfallen, um das Pflänzchen Fremdenverkehr zu pflegen.

Vom "Schirm" aus, einer der höchst gelegenen Stellen der Stadt Eschenbach, reiht sich bei einem Panorama-Blick eine Oberpfälzer Natur- und Kulturattraktion an die andere. Bild: do
Vom "Schirm" aus, einer der höchst gelegenen Stellen der Stadt Eschenbach, reiht sich bei einem Panorama-Blick eine Oberpfälzer Natur- und Kulturattraktion an die andere.

In den 20er und 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts hieß die Fremdenverkehrswerbung in Eschenbach in schillernder Wortwahl: „Für erschöpfte Nerven bietet Eschenbach dank des nervenstärkenden Klimas und seiner gesunden Bademöglichkeiten fernab von Rauch und Lärm einen günstigen Sommeraufenthalt“. Besonders das Baden im Rußweiher als „größten Naturmoorbad Nordbayern“ stand schon vor 100 Jahren für die Stadt und den damaligen Fremdenverkehrsverein im Mittelpunkt der Werbung. Nach dem 2. Weltkrieg kam die Einmaligkeit der vom Freistaat ausgewiesenen Seenlandschaft Großer Rußweiher und der Eschenbacher Weiherkette als Naturschutzgebiete hinzu.

Doch fernab des „heilkräftigenden Moorbades“ und der Naturschutzgebiete lud der Fremdenverkehrsverein schon in den 1930er Jahren zur schönen Aussicht am Galgen ein. Zu den Aktivitäten gehörte laut „Heimat Eschenbach“ ein Akazienhain. In diese Anlage integrierte der Verein erstmals einen hölzernen „Schirm“ mit umlaufender Bank, der den Wanderern als Rast- und Wetterschutz diente. 125 Reichsmark wendete der Verein für das Bauwerk auf. Während des 2. Weltkrieges wurde es allerdings zweckentfremdet. Es diente als Beobachtungsstelle für anfliegende Kampfflugzeuge.

Nach dem Entstehen der Apfelbach-Siedlung Ende der 1940er Jahre entwickelte sich zwischen dem neuen Dorf am Rand des Übungsplatzes und dem Stadtzentrum ein reger Fußgängerbetrieb, der allerdings mit zunehmender Motorisierung der Bevölkerung bald wieder abebbte. „Der Schirm“ gewann seinen ursprünglichen Verwendungszweck zurück, den Spaziergängern und Wanderern in über 500 Meter Meereshöhe auf einer der höchstgelegenen Stellen des Stadtgebietes Ruhepause und beste Rundumsicht zu garantieren. Zunehmendes Grün und die landwirtschaftliche Nutzung der Nachbarfelder verstellte allerdings im Lauf der Jahre die schönsten Aussichten auf das Stadtzentrum, auf den Rauhen Kulm und das Kloster Speinshart, auf Parkstein und das Gelände des Truppenübungsplatzes.

Ein neuer Aussichtspunkt in exponierterer Lage musste her. 1991 erstellte die Stadt für den baufällig gewordenen Aussichtspunkt mit Unterstützung des Naturparks Nördlicher Oberpfälzer Wald eine neue Aussichtsplattform als massive Holzkonstruktion und mit einer hochwertigen Titanzinkblech-Eindeckung. Ein neuer prächtiger Rundblick über die Naturlandschaft der nördlichen Oberpfalz war garantiert. Der Fernblick reicht bis zu den höchsten Erhebungen des Fichtelgebirges. Auch über manch geheimnisvolle Flächen im Truppenübungsplatzes Grafenwöhr kann der Beobachter sinnieren.

Unweit vom Aussichtspunkt entstand in östlicher Richtung mit der „New Town“, eine Satellitenstadt der US Army Garrison Bavaria – eine weitere Attraktion mit weitreichender Bedeutung. Der „Netzaberg“ ist mit rund 3500 Einwohnern fast so groß wie die Stadt Eschenbach selbst. Im Zentrum der neuen Stadt prägt ein moderner multifunktionaler Kirchentempel, umgeben von einem riesigen Bildungsareal die Silhouette der neuen Stadt.

Seit acht Jahren informieren die Besucher am Schirm zusätzlich Orientierungs- und Informationstafeln, die Interesse an spannenden Tageszielen wecken. Große Bildtafeln laden zu besonderen Oberpfälzer Naturdenkmälern und attraktiven Naherholungszielen ein. Versperrt bleiben allerdings verlockende Wanderziele im Truppenübungsplatz. Ein kurzer Halt am Schwarzenberg, am Bleidornturm oder auf dem Stubnrangen, eine Wanderung um den Schlatterweiher oder ein Hineinschnuppern in die Impact-Area: Es bleiben nur sehnsuchtsvolle Blicke in das Truppenübungsplatzgelände.

Nur einige Steinwürfe vom „Schirm“ entfernt breitet sich die Flur „am Galgen“ aus. Eine Fläche mit gruseliger Vergangenheit, in deren Zentrum es tatsächlich Hinrichtungen gegeben haben soll. Die Geschichte dieses „Galgens“ ließt sich recht spannend. Bis 1817 soll der Galgen seinem Namen entsprechend Henkerstätte gewesen sein. Eine Texttafel am Schirm beschreibt historische Einzelheiten über Exekutionen auf Anordnung von Ludwig von Eppingen, pfälzischer Landrichter in Auerbach und Landschreiber von Eschenbach. Die Info-Tafel beschreibt zudem die letzte Hinrichtung vor riesigem Publikum. Am 1. Dezember 1817 sollen bis zu 10.000 Menschen die Enthauptung eines Ehegattenmörders mitverfolgt haben.

Bildtafeln erläutern auch Sehenswürdigkeiten im nahegelegenen Truppenübungsplatz Grafenwöhr Bild: do
Bildtafeln erläutern auch Sehenswürdigkeiten im nahegelegenen Truppenübungsplatz Grafenwöhr
 
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