In der Monatsversammlung der Reservistenkameradschaft nahm Walther Hermann dieses denkwürdige Datum zum Anlass, um die Hintergründe dieser größten Massenflucht aus der DDR seit dem Mauerbau zu beleuchten. Maßgeblich dazu beigetragen hatten Otto von Habsburg, Sohn des letzten österreichischen Kaisers, und der heutige Bundesvorsitzende der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Bernd Posselt.
Hermann verwies zunächst auf ein Zitat des damaligen Paneuropa-Präsidenten von Habsburg, der im Frühling 1979 auf eine Frage von Paul Pucher, Chefredakteur des „Münchner Merkur“, wann er denn mit einem Ende des Eisernen Vorhangs rechne, die verblüffende Antwort gegeben hatte: „In zehn Jahren. Der totalitäre Ostblock ist wie ein Damenstrumpf: Reißt ein Faden, dann läuft die ganze Masche.“
Zur Vorgeschichte des Picknicks bezog sich Hermann auf die zahlreichen Reden Otto von Habsburgs im Frühjahr 1989 in Ungarn - das Land führte bereits den Spitznamen „Fröhlichste Baracke des Ostblocks" - die zur Gründung von Regionalorganisationen der Paneuropa-Union und schließlich zur Bildung eines gesamt-ungarischen Dachverbandes führten. Dessen „Hauptquartier“ schlug Bernd Posselt im Budapester Hotel Gellert auf.
Dort fanden dann auch Anfang August die entscheidenden Besprechungen zum Paneuropa-Picknick statt, das ursprünglich im ostungarischen Debrecen stattfinden sollte. Hintergrund dazu war ein Treffen von Otto von Habsburg mit der Freiheitsbewegung „Demokratisches Forum“ (MDF), vergleichbar mit der "Solidarnosc" in Polen. Diese wollte mit einer Veranstaltung an der Grenze zum rumänischen Siebenbürgen gegen den geplanten neuen Eisernen Vorhang zwischen den sozialistischen „Bruderstaaten“ demonstrieren.
Da jedoch aufgrund der DDR-Flüchtlinge in den Lagern rings um Budapest die Lage im Westen Ungarns immer brenzlicher wurde, beschloss das MDF, das mit Otto von Habsburg für den Osten vereinbarte Picknick zu verschieben und es stattdessen unweit des Übergangs Ödenburg/Sopron durchzuführen. Die Verantwortung dafür übernahm Laszlo Nagy vom dortigen MDF.
Zum weiteren Geschehen berichtete Hermann über die von Otto von Habsburg, Bernd Posselt und anonymen Kräften unter den ausreisewilligen DDR-Bürgern verbreiteten Informationen über das Picknick. Als "Schutzengel" dieser fluchtbereiten Mitteldeutschen bezeichnete er Csilla Freifrau von Boeselager, eine in Deutschland lebende Ungarin, die Ende der 1980er Jahre in ihrer alten Heimat die Malteser wieder aufbauen half und eng mit den Paneuropäern verbunden war.
Zum Treffen am Zaun zu Österreich hatten die Schirmherren zur Vermeidung einer Eskalation vereinbart, selbst nicht zu erscheinen. Otto von Habsburg wurde durch seine Tochter Walburga, Vizegeneralsekretärin der internationalen Paneuropa-Union, und Staatsminister Imre Pozsgay durch Staatssekretäre vertreten.
Die Situation beim Picknick, das die westungarischen Freiheitskämpfer um Laszlo Nagy organisiert hatten, beschrieb Hermann zusammenfassend mit den Worten: „Rings um eine große Bühne hatten sich bei dem gelungenen Fest mit Gulasch und Musik Hunderte von ungarischen Paneuropäern, MDF-Aktivisten und Gästen aus der Region zu beiden Seiten der Grenze versammelt, um mit den aus den Lagern um Budapest gekommenen DDR-Flüchtlingen das Holztor zu öffnen. Die ungarische Grenzpolizei mit ihrem örtlichen Kommandanten Arpad Bella schoss nicht, und das im Vorfeld befürchtete Blutbad fand nicht statt. Nach sechs Stunden wurde das Tor wieder geschlossen.“
Nach dem Mauerfall in Berlin habe Helmut Kohl dieses Geschehen mit der Aussage kommentiert: „Der Boden unter dem Brandenburger Tor wird auf immer ungarisch bleiben.“












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