Einziger Fehler: Gar nichts tun

Feilersdorf bei Trabitz
05.06.2018 - 09:22 Uhr

Jeder ist verpflichtet, einem in Gefahr geratenen Mitmenschen zu helfen. Das gilt für alle Bürger, nicht nur für die Aktiven der Freiwilligen Feuerwehr Feilersdorf.

Auf 30 Jahre Berufserfahrung im Rettungsdienst kann Jürgen Göppl (rechts) verweisen, der in Feilersdorf mehreren Feuerwehr-"Aktiven" die Regeln wirksamer Ersthilfe nahebrachte. Bild: bjp

Feilersdorf. (bjp) Sie frischten beim Kurs „Erste-Hilfe-Training“ mit Rettungsassistent Jürgen Göppl das für ihren Dienst unverzichtbare Wissen rund um stabile Seitenlage, Herzdruckmassage und Affengriff auf.

Mehrere „Nachwuchsfloriane“ der Feilersdorfer und Burkhardsreuther Jugendfeuerwehren, die das Angebot der Feilersdorfer Wehr gern nutzten, schlugen zwei Fliegen mit einer Klappe, denn den Führerschein gibt es nicht ohne Nachweis einer Sofortmaßnahmen-Schulung. Aber auch für die erfahreneren Rothelme ist der regelmäßige Besuch eines Erste-Hilfe-Kurses nützlich, um „up to date“ zu bleiben. Denn aus neuen medizinischen Erkenntnissen ergeben sich auch Neuerungen bei den Sofortmaßnahmen am Unglücksort.

Dies betrifft laut Göppl insbesondere die schnelle Hilfe bei Herz- und Atemstillstand: „Hier wird jetzt mehr Wert auf eine kontinuierliche Herzmassage gelegt und die Atemspende seltener ausgeführt, weil das Blut für gewöhnlich noch viel Sauerstoff enthält.“ Als Empfehlung gelte: Zwei behutsame Atemstöße durch die Nase des Verunglückten, dann den Brustkorb „im Takt von ‚Stayin‘ alive‘ oder ‚Atemlos durch die Nacht‘“ 30-mal eindrücken und erneut zwei Atemstöße. Um Ansteckungen bei der Atemspende auszuschließen, könne jeder die eigene Ersthilfeausstattung um hygienische Beatmungshilfen aus der Apotheke ergänzen.

„Viele haben Angst, bei der Ersten Hilfe Fehler zu machen, doch der einzige wirklich schwere Fehler wäre, gar nichts zu tun, und selbst eine unvollkommene Hilfeleistung ist besser als gar keine“, mahnte der Zintlhammerer, der hauptberuflich bei der Rettungsleitstelle Nordoberpfalz arbeitet. Vor allem bei Herzstillstand sei Zögern fehl am Platz, denn schon nach einem etwa dreiminütigen Herz- und Atemstillstand begännen die Hirnzellen abzusterben.

Ein mehr als fünfminütiger Abbau von Hirnsubstanz könne zu Schäden führen, die auch durch eine „Reha“ oft nicht mehr völlig auszugleichen seien, und nach zehn Minuten trete der Hirntod ein: „Auch wenn danach Herzschlag und Atmung wieder in Gang gebracht werden können, gleicht ein Mensch nun einem Computer, dessen Festplatte unwiederbringlich gelöscht ist.“ Umso wichtiger sei es, nach Alarmierung des Notdienstes über die Nummer 112 die Drei- oder zumindest die Fünf-Minuten-Phase zu verlängern, bis Sanitäter und Notarzt da seien. Ein eventuell verfügbarer Defibrillator, wie er in einigen Banken, Behörden und anderen Einrichtungen bereitstehe, gebe genaue Anweisungen für die Ersthilfe bei Herzversagen.

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Scheu unangebracht

Weitere Lektionen in Jürgen Göppls Erste-Hilfe-Kurs für die Feilersdorfer Feuerwehr betrafen unter anderem die fachgerechte Wundversorgung ohne Salben, Sprühpflaster, Puder oder Sprays und die Stillung einer „spritzenden“ Arterienblutung am Unterarm durch Abdrücken der Schlagader auf der Oberarminnenseite unterhalb des Bizeps. Schon der Auto-Verbandskasten sei für die Erstversorgung von Verletzungen zweckmäßig mit Verbandmaterial ausgestattet.

Bei Verbrennungen sei ausgiebiges Kühlen mit kaltem Wasser „bis zum Nachlassen des Schmerzes“ das A und O, wobei früher als Faustregel eine 15-minütige Kühlzeit empfohlen worden sei: „Das Gewebe speichert sonst gleichsam die Hitze. Hört man zu früh mit der Kühlung auf, setzt sich der Verbrennungsprozess fort.“ Dies nenne man „Nachbrennen“. Geübt wurden ferner die Rettung einer bewusstlosen Person aus einem Auto per „Affengriff“ und die Abnahme eines Motorradhelms.

Auch hier sei Scheu unangebracht: „Stellt sich im Nachhinein eine Wirbelsäulenverletzung heraus, so war sie schon vor der Helmabnahme als Folge des Unfalls vorhanden. Der Ersthelfer verschlimmert hier keinesfalls etwas.“ Schließlich ging Göppl auf das richtige Verhalten bei Vergiftungen ein und riet dringend davon ab, beim Verschlucken von Säuren und Putzmitteln Erbrechen hervorzurufen, weil dies zu Verätzungen von Speiseröhre oder Atemwegen führen könne. Ratsam sei, der betroffenen Person behutsam kaltes Wasser zu trinken zu geben, das die ätzende Substanz verdünne.

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