Fensterbach
30.06.2023 - 11:03 Uhr

Drei Zahlen und ein Ausflug in den Paragrafendschungel

Angesichts eines Satzungetüms am Anfang eines öffentlichen Aushangs fühlt sich unser Autor an Kaiser Wilhelm erinnert. Eine Glosse von Wolfgang Houschka.

Der Fensterbacher Gemeinderat beschloss die Anhebung der Realsteuern. Der Aushang dazu beginnt mit einem Satzungetüm. Bild: Stephan Huber
Der Fensterbacher Gemeinderat beschloss die Anhebung der Realsteuern. Der Aushang dazu beginnt mit einem Satzungetüm.

Genau genommen ging es nur um drei in einer Satzung festzuhaltende Zahlen, als der Fensterbacher Gemeinderat jüngst seine sogenannten Realsteuern anhob. Das war rasch und problemlos erledigt.

Nun aber kommt eine zur Steueranhebung gefasste Satzung an die Amtstafel, die mit einer Formulierung beginnt, die (ohne Punkt dazwischen) auf dem DIN-A-4-Blatt einen riesigen Absatz umfasst. Wer dieses Kauderwelsch lesen will, sollte sich in Geduld üben und laut die Frage stellen, wozu eine solche Bürokratie im 21. Jahrhundert nützlich ist. Sie könnte von Kaiser Wilhelm angeordnet worden sein.

Der kolossale Einleitungssatz lautet: "Aufgrund § 25 Abs. 1 und 2 Grundsteuergesetz (GrStG) in der Fassung vom 07. 08. 1973 (BGBI I S. 065), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 18. 12. 2022 (BGBI S. 2294) und § 16 Abs. 1 und 2 des Gewerbesteuergesetzes (HewStG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. 10. 2002 (BGBI S. 4167), zuletzt geändert durch Art. 10 des Gesetzes vom 16. 12. 2022 (BGBI I S. 2294), i. V. m. Art. 22 Abs. und Art. 23 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. August 1998 (GVBI S. 706, BayRS 2020-11-I), zuletzt geändert durch §2 des Gesetzes vom 09. 12. 2022 (GVBI S. 674) und Art. 18 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) in der Fassung vom 04. 04. 1993 (GVBI. S. 264, BayRS 2024-1-O), zuletzt geändert durch § 6 des Gesetzes vom 10. 03. 2023 (GVBI S. 91) erlässt die Gemeinde Fensterbach folgende Hebesatzänderung... (Was folgt sind die drei Zahlen zur Steueranhebung, die von Bedeutung sind.)

Alles gelesen? Alles verstanden? Der normal denkende Mensch bricht nach drei Sekunden ab. An dieser fast schon irrwitzigen Langsatz-Zusammenstellung ist die Fensterbacher Verwaltung sicher unschuldig. Sie wird wohl von Leuten im Freistaat vorgegeben, die man gerne einmal selber kennenlernen möchte. Dann würde man denen (ganz gewiss Prädikatsjuristen) als ersten und ganz kurzen Satz die Frage stellen: Geht's noch?

 
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