Fichtelberg
04.11.2020 - 17:53 Uhr

Blick auf goldene Zeiten im Silberhaus

Spannende Geschichten über eine spannende Lokalität. Die sehr verkürzte Wiedereröffnung in Corona-Zeiten gehört fast schon zu einer außergewöhnlichen Historie.

Die Freude zur Wiedereröffnung dauerte nicht lange an. Dank Corona ist erst einmal wieder Pause. Bild: gis
Die Freude zur Wiedereröffnung dauerte nicht lange an. Dank Corona ist erst einmal wieder Pause.

Schon als Jugendlicher habe er mit dem Silberhaus geliebäugelt, erzählt Torsten Bauer. Und jetzt hat er sich einen Traum erfüllt und zusammen mit seiner Lebensgefährtin Angelika Tetzlaff das seit Anfang des Jahres betriebsbedingt geschlossene Silberhaus gepachtet.

Alle guten Wünsche, Respekt und Anerkennung der Eröffnungs-Gäste, unter ihnen Bürgermeister Rainer Klein, Tröstau, und sein Fichtelberger Amtskollege Sebastian Voit, begleiten die beiden Vollblut-Gastronomen.

Torsten, in Lichtenfels aufgewachsen, ist gelernter Koch und hat jahrzehntelange Erfahrungen am Tegernsee und zuletzt im Allgäu gesammelt, Angelika kennt sich im Service aus.

Am Wochenende eröffnet, zwei Tage später wieder geschlossen: Die gute Stimmung und die Freude über den Neuanfang aber lassen sich die beiden, die auch Zimmer vermieten, keineswegs verderben. „Jetzt setzen wir erst einmal auf einen Speisen-Abholservice aus unserer gutbürgerlich-regionalen Küche, den wir ab sofort anbieten und hoffen natürlich auf ein baldiges Ende des Lockdowns, der uns natürlich mit voller Wucht trifft“ sind sie dennoch zuversichtlich.

Das Silberhaus, weit über die Grenzen des Fichtelgebirges hinaus bekannt, befindet sich direkt an der B303. Ein großer Parkplatz ist der Ausgangspunkt für die überaus beliebten Wanderungen auf die Platte, den Prinzenfelsen, die Girglhöhle, die Hohe Matze, weitere Naturschönheiten und Sehenswürdigkeiten in der Heimat und dem Umland.

Anlässlich der Wiedereröffnung hat Fichtelbergs ehemaliger zweiter Bürgermeister Karl-Heinz Glaser von der Eigentümer-Familie Steinkohl in der bemerkenswerten Historie des Silberhauses, das dritte in seiner Geschichte, geblättert, die der Tröstauer Ortschronist Günther Lang nach aufwändigen Recherchen nachgezeichnet hat, und sie kurz zusammengefasst:

„20 Gehminuten auf dem Höhenweg Richtung Platte, stand das erste Silberhaus. Nur mehr Ruinen, aber ein Granitfindling, 1985 vom FGV Tröstau aufgestellt mit der Inschrift „Altes Silberhaus bis 1868“ erinnern daran. Das zweite Silberhaus, da, wo das jetzige steht, wurde als Dienstwohnung des Forstamts Fichtelberg für die staatlichen Forstbeamten und seine Familie errichtet, wo Wanderer und Fuhrleute auch Brotzeit machten, wie schon im „alten Silberhaus“. Nach Auflösung der kleinen Forstdienststellen in den 60er Jahren kaufte Glasers Schwiegervater Franz Steinkohl das „zweite Silberhaus“, riss das Gebäude ab und baute 1966 die jetzige Gaststätte“.

Nachdem das Fichtelgebirge nach der Grenzöffnung wieder in der Mitte Europas liegt, nahmen auch der Reiseverkehr und die Fahrten ins nahe Tschechien enorm zu – und mittendrin, in optimaler Lage, das Silberhaus, als zentrales Ausflugsgasthaus.

Der Tröstauer Ortschronisten Günther Lang hat einige spannende Ereignisse dokumentiert: Einen ganz großen Tag, der in die Geschichte einging, erlebte das zweite Silberhaus am 20. Juni 1905. Im Anschluss an eine Tagung des Bayrischen Kanal-Vereins nahm Prinz Ludwig eine Einladung zu einer Wagenfahrt durch das Fichtelgebirge an. Am Silberhaus sollte um 16 Uhr ein Imbiss gereicht werden. In fiebriger Erwartung des blaublütigen Gastes waren Beamte, Lehrer und Schüler bereits zwei Stunden früher zur Stelle, Waldarbeiter hatten die Giebelfront mit Tannengrün dekoriert. Und mittendrin, umrahmt von prächtigen Hirschgeweihen und weiteren Jagdtrophäen, prangte ein kapitaler Zwölfender, den der königliche Förster Grimm aus Furthammer erlegt hatte.

Nach der Ankunft „stellt der königliche Forstmeister Dr. Behringer dem Prinzen die Begrüßungsgruppe vor. Dann spricht dessen sechsjähriger Sohn ein Gedicht und überreicht einen Begrüßungsstrauß. „Danach huldigt der Forstmeister dem Prinzen mit einem kernigen Waidmannspruch, dem ein hundertstimmiges Horrido folgte. Dann wendet sich Prinz Ludwig an die Jagdgruppe: “Wer hat den „kapitalen Hirsch da oben zur Strecke gebracht?“. „Hier, Förster Grimm, königliche Hoheit“ lautete die Antwort. „Gratuliere! Grimm? Einer dieser Namen war´s doch, der mich als Verwundeten bei Helmstadt anno 1886 aus dem Gefecht geleitete“. „Das war mein Bruder, jetzt Förster außer Dienst“. „So grüßen Sie Ihren Bruder!“ Nach dem offiziellen Teil „sind zahlreiche dienstbare Geister bemüht, den hohen Gast und sein illustres Gefolge zu bewirten. Dann schmausen alle wacker, Hoch und Niedrig, Fremde und Einheimische…. Bald herrscht an den Tischen beste Stimmung. Lange Schwaden Zigarrendampf und Tabakqualm steigen von der Gesellschaft auf. ….

Ein Erinnerungsbild vom Prinzen im Landauer vor dem festlich geschmückten Silberhaus wird noch gemacht. Dann erscheint ein Hofmarschall, um zu melden, dass es Zeit zum Aufbruch sei und unter Heil- und Hochrufen setzt sich das Gefährt langsam Richtung Tröstau in Bewegung.Prinz Ludwig wurde der letzte Bayernkönig Ludwig III., der von 1913 bis 1918 regierte. Er wurde am 7. Januar geboren und starb am 18. Oktober 1921 in Ungarn“.

Ein altes Foto erinnert an den Besuch eines hohes Gastes: Prinz Ludwig. Bild: gis
Ein altes Foto erinnert an den Besuch eines hohes Gastes: Prinz Ludwig.
 
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