Nach der Premiere 2019 fand die Informationsveranstaltung jetzt als GPA-Forum 2020 in Fichtenhof statt. Besonders heftig diskutiert wurden drohende Änderungen der klinischen Notfallversorgung, die in einem Referentenentwurf stehen, der am 8. Januar vom Bundesgesundheitsministerium vorgelegt wurde und noch im Jahr 2020 vom Bundestag verabschiedet werden soll.
Schon die Zentralisierung der Notfallversorgung durch Einrichtung der Bereitschaftspraxen ausschließlich an bestimmten Krankenhäusern zusammen mit der Einführung einer "abgestuften Notfallversorgung" (drei Stufen seit 1. Juli 2018) habe für finanzielle Nachteile für Krankenhäuser niedrigerer Versorgungsstufe gesorgt. Diese hätten als Anlaufstelle für die Bevölkerung sehr wohl ihre Berechtigung und eine wohl zunehmende Bedeutung.
Schon jetzt würden kleinere Krankenhäuser zur Zahlung von Umlagen an größere Kliniken verpflichtet – ein zusätzlicher Abschlag von 50 Prozent auf die Vergütung von ambulanten Notfallversorgungen durch kleinere Einrichtungen bei gleichzeitiger Ausdünnung und Konzentration auf wenige "Integrierte Notfallzentren".
Die bisherige, informelle und kollegiale Zusammenarbeit zwischen Notfallaufnahmen und den dort angegliederten allgemeinmedizinisch ausgerichteten Bereitschaftspraxen wurde in der Diskussion als überwiegend gut bewertet. Die Ausweitung auf ein 24-Stunden-Angebot der neuen Integrierten Notfallzentren überrasche deshalb, zumal gerade die Überlastung der Notfallaufnahmen als Grund für die Reform der Notfallversorgung angeführt wurde.
Das Vorhaben, den Kliniken die fachliche Leitung der Integrierten Notfallzentren zu entziehen und ausgerechnet auf die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVB) zu übertragen, wurde nicht nur im Podium und Publikum heftig kritisiert, sondern war im Vorfeld auch von Krankenhausgesellschaften und allen wichtigen medizinischen Fachgesellschaften gleichermaßen abgelehnt worden.
116 117 stark belastet
Ein weiteres Thema war die Situation der Notfallversorgung in Bayern durch den KVB-Bereitschaftsdienst (Telefon 116 117) mit Bereitschaftspraxen und Hausbesuchsdienst sowie den Rettungs- und Notarztdienst (Telefon 112). Es wurden die Vorteile fester Bereitschaftspraxen den Nachteilen großer Bereitschaftsdienstbereiche mit anhaltend weiten Fahrtstrecken, besonders bei nur einem Fahrdienst in der Nacht, gegenübergestellt. Auch die Kosten für die verpflichtende Nutzung des organisierten Fahrdienstes (Honorarabschläge für Ärzte und Zusatzkosten für das Gesundheitssystem) fanden hier Erwähnung.
Die Notrufnummer 116 117 sei durchzunehmende Aufgaben (Hinweis auf Fachärztliche Notdienste nicht im Internet, sondern nur telefonisch etc.) offenbar stark belastet und schlecht erreichbar. Auch der Faktor Ärztemangel wurde angesprochen. Laut Martin Pöllath, dem Vorsitzenden des Ärztlichen Kreisverbands, handelt es sich hierbei eher um einen Rückgang der verfügbaren "Arztzeit" als der Zahl berufstätiger Ärzte.
Beim Punkt Rettungsdienst hieß es, hier komme es aus verschiedenen Gründen zu einer Zunahme der Aufträge und der Auslastung, im Jahr 2019 offenbar nur im Notarztdienst mit einem Plus von circa zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr. Eine systematische Auswertung aller Rettungsmittel (Krankentransport, Rettungswagen und Notarzteinsätze) insbesondere ein Vergleich ab 2019 mit den Einsatzzahlen von 2014 und 2015 (also vor Beginn der Änderungen im Ärztlichen Bereitschaftsdienst) betrachtete Moderator Rainer M. Weis als unabdingbar: "Zahlen aus einzelnen Rettungsleitstellen über die Zunahme von Kranken- und Rettungswagentransporten oder gar subjektive Eindrücke sind letztlich schwer zu bewerten, denn die Rettungsdienstbereiche und Bereitschaftsdienstbereiche der KVB sind nicht deckungsgleich."
Zeitweise Lücken in Besetzung
Auch die Gründe und mögliche Lösungsansätze für zeitweise Besetzungslücken im Notarztdienst, seit einigen Jahren ebenfalls durch die KVB geplant, wurden diskutiert, also etwa: eine mögliche Beauftragung von Krankenhäusern mit der Bereitstellung von Notärzten (seit 1. Dezember 2019 kommt der Notarzt in Hirschau tagsüber aus den Kliniken Amberg und Sulzbach-Rosenberg), eine verbesserte Grundvergütung besonders an Standorten mit geringen Einsatzzahlen, eine teilweise Rückkehr zur "vereinfachten" Qualifikation ("Fachkundenachweis Rettungsdienst" anstelle der Zusatzbezeichnung "Notfallmedizin" als Zulassungsvoraussetzung zum Notarztdienst – befristet auf die Zeit der Facharztweiterbildung an einem Krankenhaus) und möglicherweise die Übertragung von Dienstplanung und Beauftragung der Notärzte an die Rettungszweckverbände.
"Eine Abkehr vom Notarzt in unserem Rettungswesen, trotz zunehmender Qualifikation der Notfallsanitäter und Rettungsassistenten, wird von den ärztlichen Fachgesellschaften nicht unterstützt. Optimierungen des Systems wie der Telenotarzt werden aktuell erprobt", fasste Weis die Diskussion zusammen. "Die Notfallversorgung unserer Bevölkerung ist auch bei seltenen Besetzungslücken einzelner Standorte über Nachbar- und Hubschrauberstandorte sichergestellt; die Integrierte Leitstelle Amberg disponiert alleine acht Notarztstandorte."
Die Podiumsdiskussion wurde moderiert von Rainer M. Weis, dem Kreisvorsitzenden des Gesundheits- und Pflegepolitischen Arbeitskreises (GPA) der CSU Amberg-Sulzbach. Der Riedener ist Oberarzt für Anästhesiologie, Leitender Notarzt und Poolarzt im Ärztlichen Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB). Die weiteren Teilnehmer waren: Manfred Wendl (Vorstand Klinikum St. Marien Amberg), Klaus Emmerich (Vorstand St.-Anna-Krankenhaus Sulzbach-Rosenberg), Dr. Martin Pöllath (Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbandes Amberg-Sulzbach), Stefan Neppl (Geschäftsführer des Zweckverbandes für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung Amberg), Jan Quak und Gökhan Altincik (Geschäftsführer RKT Rettungsdienst), Sebastian Schaller (Kreisgeschäftsführer BRK Amberg-Sulzbach) und Erwin Gräml (Leiter Rettungsdienst BRK Amberg-Sulzbach).
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