Floß
13.10.2022 - 11:49 Uhr

Christlich-Jüdische Zusammenarbeit gewürdigt: Auszeichnung für den Flosser Fred Lehner

Inzwischen ist er bezahlt. Der Kommunionanzug von einem jüdischen Geschäftsmann, der von den Nazis verschleppt wurde, ehe die Familie Lehner ihre Schulden begleichen konnte. Und Fred Lehner wird in der Synagoge eine große Ehre zuteil.

Pfarrer Alfons Forster (links), neben Edith Lang und Werner Friedmann (rechts) einer der drei Vorsitzenden der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Weiden, überreicht Fred Lehner die Ehrenurkunde. Bild: Eichl
Pfarrer Alfons Forster (links), neben Edith Lang und Werner Friedmann (rechts) einer der drei Vorsitzenden der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Weiden, überreicht Fred Lehner die Ehrenurkunde.

Der Flosser Bürgermeister a. D., Fred Lehner, erhält im Rahmen einer christlich-jüdischen Feier in der Synagoge aus Anlass seines 90. Geburtstages, den er heuer gefeiert hat, eine Ehrenurkunde des Deutschen Koordinierungsrates der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Deutschland überreicht. Zum Dank für mehr als 30 Jahre Mitarbeit in der Weidener Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, die Lehner 1988 mitgegründet hat und deren erstes und bisher einziges Ehrenmitglied er seit heuer ist. Und zum Dank für das herausragende Engagement des 90-Jährigen um die Synagoge in Floß.

Angeregt haben diese Auszeichnung die drei Vorsitzenden der Gesellschaft, der Michldorfer Pfarrer Alfons Forster, Edith Lang und Werner Friedmann von der Weidener jüdischen Gemeinde. Und auch wenn in Floß seit den 50er Jahren keine Juden mehr leben, würdigt der Koordinierungsrat Lehners Einsatz als Bürgermeister für die Synagoge. Friedmann drückt es so aus: „Ohne dich wäre die Synagoge nicht mehr.“

Die Synagoge war wie so viele in der Pogromnacht am 9. November 1938 zerstört worden. In Lehners Amtszeit wurde sie zwischen 1972 und 1980 saniert, wofür Lehner mit der bayerischen Denkmalschutzmedaille ausgezeichnet wurde. 2005 wurde eine weitere Sanierung unter Lehners Nachfolger Günter Stich abgeschlossen.

Lehner erzählt an diesem Abend die Geschichte von seinem Kommunionanzug, der einst in aller Eile bei einem jüdischen Kaufmann erworben, aber nicht bezahlt wurde. Und ehe er bezahlt werden konnte, war der Kaufmann von den Nazis abgeholt worden. Der Bürgermeister a. D. bringt die Hoffnung zum Ausdruck, diese Schuld durch 70 Jahre Engagement für das jüdische Leben in Floß, tausende von Führungen durch die Synagoge, drei Jahrzehnte Mitarbeit in der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit abgetragen zu haben.

Der Bürgermeister a. D. nutzt die Gelegenheit zu einem leidenschaftlichen Appell, wachsam zu bleiben, damit sich der Terror der Nazi-Zeit gegen das jüdische Volk niemals wiederholen könne. Der zunehmende Antisemitismus in Deutschland dürfe keine Chance haben. Der 90-Jährige benennt als sein Vermächtnis den Wunsch, nachfolgende Flosser Generationen möchten in den Schulen mit der jüdischen Geschichte des Marktes vertraut gemacht werden: „Für sie sollen die steinernen Zeugen der Vergangenheit, der jüdische Kultus, Synagoge und Friedhof, zu unauslöschlichen und eingeprägten Begriffen werden.“

Am Ende bittet er um Nachsicht für seine längeren Ausführungen, aber „in der Synagoge fühle ich mich eben wie zu Hause“, sagt er und wird von langem Applaus unterbrochen.

 
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