Mit dem Ehrenamtspreis der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern ist dieser Tage gewürdigt worden, wie das Ausbildungsteam des Posaunenchors um Tanja Riedel trotz widriger Umstände die Jungbläserausbildung zu Ende gebracht hat.
Riedel könnte man mit ihren gerade einmal 22 Jahren gut und gern selbst noch zum Nachwuchs des Chors zählen. Aber die Studentin, die aus einer hochmusikalischen Familie stammt, ist längst ein alter Hase im Posaunenchor. Sie hat vor zehn Jahren im Chor angefangen. Die Leitung der Jungbläserausbildung hat sie von ihrem Vater Richard übernommen, ihre beiden Schwestern spielen ebenfalls im Posaunenchor und auch die Mutter - die als einzige nicht dem Chor angehört - spielt zu Hause Altflöte.
Extrem motivierte Gruppe
Die Jungbläserausbildung, die im Chor alle zwei Jahre stattfindet, hatte gerade hoffnungsvoll mit sieben Kindern und Jugendlichen und einer Erwachsenen begonnen, als die Pandemie alles zunichte zu machen schien. Riedel sagt, ihr sei sofort bewusst gewesen, dass die begonnene Ausbildung ganz schnell den Bach hinunter geht, wenn es nicht gelinge, die Motivation der jungen Leute weiter anzufachen. Und speziell diese Gruppe sei extrem motiviert gewesen. Riedel: „Ich hatte Angst, dass ich nach der Pandemie wieder von vorne mit ihnen anfangen muss. Oder dass sie sagen, sie haben keine Lust mehr und hören auf.“
Es musste also unbedingt etwas getan werden, um die jungen Leute nicht zu verlieren. Was lag näher, als wie die Schulen auf digitale Formate umzusteigen? Riedel arbeitete in kürzester Zeit ein Online-Format aus und traf sich mit dem Nachwuchs fortan jeden Freitag per Tablet oder Laptop. Die Theorie der Tonarten, der Rhythmen funktionierte auch auf diese Weise problemlos, aber sie konnte den Jugendlichen gleichermaßen zeigen, wie man Töne spielt, wie man wo drückt. Dazu wurde jede Woche ein neues Lied geübt; Riedel stellte den jungen Leuten eine Datei zur Verfügung, auf der sie das Lied vorspielte, und sie bekam im Gegenzug eine zurück mit der vielfach geübten Hausaufgabe. Erspart hat Riedel den Jungbläsern das einzelne Vorspielen bei den Videokonferenzen: „Den Druck wollte ich ihnen nicht geben.“
Manko: das Zusammenspiel
Das einzige, was nicht funktionierte, war das Zusammenspiel. Riedel erzählt von einem gescheiterten Versuch, der ganz schnell zeigte, dass die Technik an diesem Punkt noch kein Ersatz sein kann für das gemeinsame Musizieren in einem Raum Seite an Seite. Ganz abgesehen von Verzögerungen bei den jeweiligen Internet-Verbindungen der Teilnehmer, und seien diese noch so geringfügig, fehlte vor allem das Hören der Musiker um einen herum.
Über diese Hürde mussten die jungen Leute selbst dann noch, als sie im Sommer das erste Mal wieder gemeinsam spielen durften. Denn wegen der vorgeschriebenen Corona-Abstände konnten sie auch dabei nicht den Nebenmann oder die Vorderfrau hören, wie es im Idealfall sein soll. Aber die jungen Bläserinnen und Bläser hatten in den Monaten vorher - angespornt durch die Online-Lektionen - offenbar so viel geübt, dass sie die Lieder so gut beherrschten, wie Riedel sagt, dass die fehlende Praxis des Zusammenspiels schnell überwunden werden konnte.
Im Moment ist das Zusammenspiel wieder ausgesetzt; die Praxis der geforderten 2Gplus-Regel sei zu kompliziert, zu aufwendig, sagt Riedel. Die Jungbläserausbildung ist ohnehin abgeschlossen, der Nachwuchs seit Advent 2020 in den großen Chor aufgenommen. Allerdings soll das Online-Format bei künftigen Jungbläserausbildungen als Zusatzangebot beibehalten werden, zum Beispiel um Jugendlichen mit erhöhtem Förderbedarf zu helfen oder auch um die eine oder andere Fahrt zum Unterricht zu ersparen.
Ich hatte Angst, dass ich nach der Pandemie wieder von vorne mit ihnen anfangen muss. Oder dass sie sagen, sie haben keine Lust mehr und hören auf.
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