Mitten in der Oberpfalz: Gollwitzer betreibt die erste E-Baustelle Deutschlands

Floß
08.06.2023 - 14:51 Uhr
OnetzPlus

Die Flosser Spezialtiefbaufirma Gollwitzer betreibt Deutschlands erste vollelektrische Baustelle. Das hat einige Vorteile – es spart etwa jede Menge CO2. Da es aber auch einige Nachteile hat, forscht die Firma schon am nächsten Antrieb.

Man kann es nicht direkt sehen, aber man hört, dass diese Baustelle in Weiden keine normale ist. Ein riesiger Bohrer, der neun Meter tief bohren kann, dreht sich in den Boden. Fünf Meter davon entfernt stehen Menschen - und sie unterhalten sich fast normal. Niemand schreit, keiner brüllt. Der Bohrer und die anderen Maschinen auf dieser Baustelle machen nicht so viel Lärm, wie man es gewohnt ist. Diese Baustelle im Weidener Umspannwerk ist - sagt Manfred Brunner, Technischer Leiter der ausführenden Firma Gollwitzer im Mai - die erste vollelektrische in Deutschland. Bagger, Bohrer, Betonpumpe, alles wird mit Strom angetrieben.

Das Unternehmen aus Floß (Landkreis Neustadt/WN) leistet damit Pionierarbeit, hat sich dem Thema Nachhaltigkeit angenommen. Wie kann die Spezialtiefbaufirma CO2 einsparen, wie kommt es hin zur grünen Baustelle - unabhängig vom Strom. Dafür forscht Gollwitzer am nächsten großen Ding: Wasserstoff.

Im August 2022 kam es zu einer anderen ungewöhnlichen Baustelle in Weiden, diesmal beim ADAC Nordbayern. Ein Vergleich - zwischen zwei baugleichen Bohrern, einer elektrisch betrieben, der andere mit Diesel. Heraus kam, dass der E-Bohrer wirtschaftlicher, CO2-, wärme und eben auch weniger laut ist. Zum ersten Mal richtig im Einsatz war der elektrische Bohrer dann bei Bayernwerk, im Umspannwerk in Weiden.

E-Geräte zu teuer

Durch den E-Bohrer und die anderen elektrischen Geräte habe man den Auftrag wohl überhaupt erst bekommen, meint Brunner bei einem Gespräch Anfang Juni in der Flosser Firmenzentrale. Dadurch sei man für Bayernwerk erst interessant geworden. Nachhaltigkeit ist eben bei vielen Unternehmen ein großes Thema. Nun hat die Firma einen "Fuß in der Tür" bei dem Netzbetreiber. Der nächste Auftrag im Umspannwerk Grafenwöhr steht schon an.

"Wir haben auf der Bayernwerk-Baustelle rund 30 Tonnen CO2 eingespart", sagt Juniorchef Ludwig Gollwitzer in Floß. Insgesamt stößt das Unternehmen etwa 4000 Tonnen im Jahr aus. "Mehr als zwei Drittel davon stammen von den Diesel-Antrieben." Von daher wäre so eine E-Baustelle eine tolle Sache.

Aber: Die Maschinen sind nur ausgeliehen, sagt Gollwitzer. Sie seien zu teuer. Das elektrische Bohrgerät koste 80 Prozent mehr als ein normales. Dazu gibt es, so der Juniorchef, noch andere Nachteile. Die Batterie etwa. Die habe eine zu geringe Kapazität, könne zwar bis zu sieben Stunden laufen, aber das sei zu wenig. Um länger arbeiten zu können, müssten die Maschinen also ans Stromnetz angeschlossen sein. Bei der Bayernwerk-Baustelle war das problemlos möglich, weil man ja direkt an der Quelle war. Aber anderswo sei das eben nicht so einfach. "Das ist die größte Herausforderung", sagt Gollwitzer, der deswegen auch meint: "Strom wird nicht die Zukunft sein." Die Großgeräte würden in der Zukunft anders angetrieben werden. "Das Elektrische ist nur eine Zwischenstation."

Was wird der neue Antrieb? Darum kümmert sich die Firma Nature Drill, die zur Unternehmensgruppe gehört. Da werde, so Ludwig Gollwitzer, geforscht und versucht, mit Produzenten Lösungen zu entwickeln. "Da sind wir ja maßgeblich von den Herstellern abhängig." Bis es eine Alternative gibt, werde es noch Jahre dauern, meint der Juniorchef, vielleicht sechs, vielleicht zehn. "Wir setzen da auf Wasserstoff", sagt er. Auch an neuen Bodenmischverfahren werde gearbeitet, auch dadurch soll CO2 gespart werden - unter anderem, weil man weniger Beton oder Zement benutzen müsse.

Gollwitzer will bei dem Thema "Vorreiter" in der Spezialtiefbau-Branche sein. Dafür werde auch investiert. Der Juniorchef spricht von "erheblichen Kosten", von bis zu 30 Prozent zusätzlich. Das sei zuletzt möglich gewesen, weil die Baubranche brummte. "Aber die Zeiten werden auch wieder rauer, die Margen kleiner", sagt Gollwitzer.

Konkurrenz schmunzelt

Von der Konkurrenz werde man bisher "mit einem Schmunzeln betrachtet", sagt der Technische Leiter, Manfred Brunner. Egal ist das ihnen in Floß. Irgendwann müssten eh alle nachziehen. Bis 2045 will Deutschland klimaneutral sein.

Brunner fordert deswegen ein Einwirken der Politik. Bei der Auftragsvergabe sollte man nicht nur auf die "Billigheimer" achten, sondern darauf, ob eine Firma nachhaltig arbeitet. Das müsse bei Ausschreibungen von Kommunen, aber auch bei Autobahn oder Bahn eine Rolle spielen. Dann würden die anderen Unternehmen schon nachlegen. "Aber das geht nur über den Druck der Politik", sagt Brunner.

Hintergrund:

Gollwitzer-Gruppe

  • Firmen: Harald Gollwitzer GmbH (Spezialtiefbau); Borama Rent (Baumaschinenverleih); Nature Drill (Forschung und Entwicklung zum Thema Nachhaltigkeit)
  • Kurz-Info: Sitz in Floß; Geschäftsführer ist Harald Gollwitzer; 130 Mitarbeiter
 
 

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