Flossenbürg
07.11.2018 - 10:29 Uhr

Entsetzt über italienische Partner

Vergangene Woche unterzeichneten die Rathauschefs aus dem belgischen Wervik und Flossenbürg mit großem Aufgebot einen Freundschaftsvertrag. Um eine andere Partnerschaft der Grenzgemeinde ist es dagegen sehr still geworden.

Flossenbürgs Partnerstadt hat viele Schokoladenseiten. Die Rathauspolitik gehört derzeit nicht dazu, meint Altbürgermeister Johann Werner. Bild: nm
Flossenbürgs Partnerstadt hat viele Schokoladenseiten. Die Rathauspolitik gehört derzeit nicht dazu, meint Altbürgermeister Johann Werner.

(phs) Doch das ist zurzeit sogar besser so, sagt ein Initiator. "Noch nie zuvor in der Geschichte der beiden Orte kam dem Ausdruck Freundschaft eine so herausragende und verbindliche Bedeutung zu, wie beim Abschluss dieses Vertrages." So lautet der Text der Urkunde für eine Partnerschaft, die am 23. April 1999 die damaligen Bürgermeister Johann Werner aus Flossenbürg und Aurelio Ferrari aus Lodi in der Lombardei die unterzeichneten. Viel ist davon nicht mehr übrig. Lodi ist eine Stadt von der Größe Weidens.

"Das kam damals durch ehemalige KZ-Häftlinge und die Gedenkstätte zustande", erinnert sich Werner allen voran an die Familie Mariconti. Viele davon sind nicht mehr am Leben. Mit ihnen ist auch die Partnerschaft eingeschlafen, bestätigt Bernhard Neumann vom Flossenbürger Rathaus. "Am Anfang kam noch immer mal eine Weihnachtskarte aus Italien, inzwischen sind die Kontakte aber auf null."

Dabei hatte alles sehr hoffnungsvoll angefangen. Der Stadtrat von Lodi mit dem Linksdemokraten Aurelio Ferrari an der Spitze verlieh dem Christsozialen Johann Werner sogar die Ehrenbürgerschaft. Danach lief nicht mehr viel.

Das klingt bedauerlich, erspart den Flossenbürgern aber eine Zwickmühle, in der Konstanz am Bodensee und das französische Fontainebleau stecken. Beide sind mit Lodi seit den sechziger Jahren verbandelt und leben die Partnerschaft mit allem, was so dazugehört: Schüleraustausch, Sportlertreffen, gemeinsame Feste. Doch die Franzosen und die Konstanzer haben die Aktivitäten vorübergehend auf Eis gelegt, was in Europa bislang ein ziemlich einmaliger Vorgang ist. Der Grund: Die amtierende Bürgermeisterin Lodis von der rechtspopulistischen Lega Nord verweigert Flüchtlingskindern das Essen in der Schulmensa und die Fahrten im Schulbus, wenn die Eltern nicht nachweisen können, dass sie im Herkunftsland über keinerlei Vermögen verfügen. Geschieht das nicht, müssen die Migranten den Höchstsatz zahlen. Das berichtet der Deutschlandfunk.

So etwas geht nicht nur linken Politikern und Kirchenvertretern zu weit. "Das führt dazu, dass rund 300 Kinder erheblich benachteiligt sind. Stellen Sie sich vor, Sie sind Flüchtling aus einem Land wie Syrien - da ist es natürlich so gut wie unmöglich, von dort von einer Verwaltung Auskunft zu bekommen. Und deshalb ist es de facto ein Ausschluss", sagt der Konstanzer CDU-Oberbürgermeister Uli Burchardt. "Wir finden den Vorgang zu krass und so falsch, dass wir der Meinung sind, öffentlich dagegen vorzugehen."

"Da kann ich mich nur anschließen", betont der heute 79-jährige Johann Werner. "So etwas ist doch völlig absurd." Seine Ehrenbürgerschaft will er trotzdem behalten. Er selbst habe viele positive Erfahrungen in Lodi gemacht. "Mal abwarten, vielleicht ändert sich noch was." Denn nicht alle in Lodi denken wie Bürgermeisterin Sara Casanova. In ganz Italien sammelten Initiativen spenden für das Schulessen. Rund 80 000 Euro kamen so zusammen. Genug, um einige Monate Mensa zu finanzieren.

Dass es mit den neuen Freunden aus Wervik mal so enden könnte, hält Werner für äußerst unwahrscheinlich. Erstens sei mit den Belgiern über Jahrzehnte etwas zusammengewachsen, zweitens hat Wervik keinen Hardliner der Lega auf dem Chefsessel im Rathaus, sondern Youro Casier einen soliden Sozialdemokraten.

 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.