Koenig (1924 bis 2017) war einer der bedeutendsten deutschen Bildhauer unserer Zeit. Berühmt wurde er als Teilnehmer an der „Documenta II“ 1959 und „Documenta III“ 1964 in Kassel, mit der „Kugel-Karyatide New York“ im Zentrum der World Trade Center Plaza (1968 bis 1972) oder 1995 mit dem Mahnmal „Klagebalken für die Opfer im Olympiazentrum in München 1972“ aus einem zehn Meter langen Granitblock. Im Begleitprogramm der Ausstellung hatte bereits im September letzten Jahres Dieter Wieland über „Fritz Koenig als Freund“ referiert. Nun stellte Peter Brückner im Bildungszentrum in seinem abwechslungsreichen Vortrag „Fritz Koenig als Lehrmeister“ eine weitere Facette aus dem Leben des Landshuter Bildhauers vor.
In seinem Vortrag erinnerte sich Peter Brückner an Fritz Koenig und sprach über sein Studium bei ihm sowie die Auseinandersetzung mit dessen Aufgabenstellungen im Wechselspiel von Architektur und Plastischem Gestalten. Der Bildhauer wurde 1964 an die Technische Universität München berufen. Ein Lehrgang in Plastik und Modellieren war 102 Jahre lang bis 1972 für angehende Architekten vorgeschrieben, ist seither frei wählbares Fach. Mit seiner bildnerischen Sprachkraft hat Fritz Koenig „Generationen von Architekturstudenten in Staunen versetzt, viele angesteckt und manche wirksam geprägt“, so Universitätspräsident Professor Wolfgang Herrman 2017 in seiner Trauerrede. Für Brückner, der in den 1980er Jahren bei Koenig studiert hatte, war dieser einer der prägendsten „Lehrmeister des Sehens“, ein Lehrmeister im Erkennen von Raum, Material und Oberflächen. Brückner zitierte aus einem Buch des Bildhauers Christoph Hackelsberger über Koenigs Lehrtätigkeit. Er habe es verstanden, sich und damit sein Werk hintanzusetzen und die Aufgabe neu zu formulieren, angehenden Architekten räumliches Sehen und zudem Kopf und Hand verbindendes Tun abzufordern. Sie sollten sich selbst erfahren und begreifen. Nicht die schnelle Fertigkeit zählte, sondern die offene, solide und möglichst genaue Bemühung der Studierenden – fast Überforderte, aber dennoch Geförderte - um die gestellte Aufgabe. Koenig habe sich immer in der Rolle des fragenden Begleiters gesehen.
Dies verdeutlichte Brückner an Aufgabenstellungen aus seiner Studienzeit – knallharte Vorgaben, wie sie auch in der Architektur verlangt werden. Im Wintersemester 1988/89 hieß sie „Selbstporträt in nachprüfbarer Genauigkeit, ein Drittel lebensgroß, in Ton modelliert und in Gips gegossen“. Koenig veranlasste dabei seine Studenten nachzudenken, was Selbstporträt heiße, welche Position man einnehme, welche Kleidung man trage, und ließ probieren und scheitern. Zu Beginn durften nur die Hände als Werkzeuge benutzt werden; für spätere Feinarbeiten mussten diese selbst aus einem Stück Buchenholz hergestellt werden. Beim Benotungstermin sollte jeder der Anwesenden das für ihn beste Objekt heraussuchen und seine Entscheidung begründen. Koenig hörte nur zu, sagte dann seine eigene Einschätzung, ehe im gemeinsamen Dialog ein gewisses konsensfähiges Ranking ohne Abstimmung erfolgte und er am nächsten Tag die Noten bekannt gab. Im Sommersemester 1989 lautete die Vorgabe: „Tierkreiszeichen-Stülpmaske aus drei bis fünf Buchstaben des Vornamens und der Zahl des Geburtstags“. Es ging um die Frage, was es bedeutet, sich zu verhüllen, etwas zu verändern. Zur Bewertung galt es, sich mit seiner Maske im Raum zu bewegen, sie zu präsentieren, mit den anderen zu kommunizieren. In der Diplomprüfung durfte man ein plastisches Objekt zehn Minuten betrachten und musste es dann aus dem Gedächtnis in knapp zwei Stunden im Maßstab 1:1 modellieren.
In einem kleinen Film präsentierte Brückner an Fotos aus der Natur und von architektonischen Gebilden das angesprochene räumliche Sehen. In einer Art Interview mit Gedenkstättenleiter Jörg Skriebeleit betonte Brückner, dass Koenig, den er nicht mehr persönlich traf, viel für die Phantasie bewirkt habe. Ein Architekt müsse für Menschen bauen, Lebensräume schaffen und trage dabei große Verantwortung. Wie Koenig kommen auch die Brückners in einer zeitlich begrenzten Lehrtätigkeit mit Studenten in unsere Region, zuletzt im Projekt „Grenzen“, bei dem jeder eines von acht Materialien mit einem Ort in Beziehung setzen und seine Aufgabe selber suchen musste.















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