Es waren einmal 7.023 Einwohner (1995). Heute wohnen in der Stadt und ihren Ortsteilen insgesamt 6.345 Menschen. Dieser nicht untypischen demografischen Entwicklung auf dem Lande versucht die Stadt mit Macht entgegenzuwirken. So legt der Stadtrat Wert auf die Ausweisung neuer Baugebiete. Das Förderprogramm „Lebens(t)raum“ soll Familien zum Kauf oder Bau von Wohnraum anregen und in vielen anderen Bereichen, zum Beispiel mit ihren Bildungseinrichtungen von den Kindertagesstätten bis zur Vorzeigeschule und dem beheizten Waldbad, versuchen die Kommunalpolitiker, Grafenwöhr attraktiver zu gestalten. Auch das Kulturanagebot lässt die Soldatenstadt strahlen.
Diese Entwicklung geht einher mit einer kommunalen Investitionsoffensive in die Daseinsvorsorge der Stadt. Es fällt auf, dass sich trotz großer finanzieller Anstrengungen der Schuldenstand von fast 9 Millionen Euro im Jahr 2005 auf 3.817 Euro bis zum Ende des aktuellen Haushaltsjahres zu einer spektakulären Wendung führt. Hinzu kommen die reellen Möglichkeiten von Rücklageentnahmen. Diese Entwicklung führte in der Ratsversammlung mit Blick auf die städtische Finanzlage zu wohlwollenden Stellungnahmen der Fraktionssprecher von CSU, SPD und FW. Nur der Linke-Chef Klaus Schmitsdorf entdeckte im Gebetbuch der Kommune ein Sündenregister.
Gerne zitierte CSU-Sprecher Gerald Morgenstern aus dem Vorbericht von Kämmerin Ursula Grouls. Darin ist von hohen Prädikatsmerkmalen die Rede. Ein Grund mehr, dem Haushaltswerk eine gute Benotung zu geben und gleichzeitig auch das Kommunalunternehmen „Stadtwerke“ für ihre „Null-Schulden-Politik“ zu loben. Auf Einzelheiten kam der CSU-Mann dann doch zu sprechen. Morgenstern verwies auf die kräftige Unterstützung der vier Ortsfeuerwehren und würdigte die Einsätze der Floriansjünger als gutes Beispiel für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Es folgte eine Aufzählung der Straßenbauprojekte, eine Empfehlung zur Verbesserung der Innenhöfe in den Wohnquartieren der Eichendorff- und Adalbert-Stifter-Straße und ein dankbarer Rückblick auf die gelungene Generalsanierung der Schule. Weitere Schwerpunkt-Ausführungen galten dem Wohnbauprogramm der Stadt, der Entwicklung eines neuen Wohnquartiers am alten Bauhofgelände und die Solidarität mit der Grafenwöhrer Vereinswelt.
Notwendig-nützlich-wünschenswert: Unter diesen Gesichtspunkten beleuchtete Morgenstern den Sanierungsbedarf der Stadthalle und des Waldbades. Zudem sei die Wasserrutsche zwar beschlossene Sache. „Erste Kostenangebote haben dem Rat jedoch die Augen geöffnet“, bemerkte der CSU-Mann. Auch auf „Irritationen“ bei Aschermittwochsreden ging Morgenstern ein und lobte im Gegensatz zu den Behauptungen an Biertischen die seriöse Haushaltsführung im Dreiklang mit großen Investitionen, mit dem gleichzeitigen Schuldenabbau und der Rücklagenbildung. Schließlich blickte Morgenstern auf die bevorstehenden Millionenprojekte Waldbad, Stadthalle und Sanierung der Verwaltungsgebäude und schloss zu gegebener Zeit Kreditaufnahmen und damit verbunden eine vorübergehende Höherverschuldung nicht aus. „Wir sind auf dem richtigen Weg“, befand der CSU-Fraktionssprecher, appellierte an die Geschlossenheit des Rats und dankte Bürgermeister und Verwaltung für „gute Arbeit“.
SPD-Sprecher Thomas Weiß legte den Schwerpunkt seiner Stellungnahme zum Haushalt 2019 auf die Kinder und Schüler der Stadt. Weiß lobte die Volksschule und die offene Ganztagsschule als Vorzeigeprojekte und empfahl, nun auch über die Renovierung des alten Grundschulgebäudes nachzudenken. Die Verschönerung des Ortskernes in Hütten und ein attraktives Gewerbegebiet waren weitere Themen. Thomas Weiß anerkannte zudem die gute Haushaltslage und ging auf die negative Einwohnerentwicklung ein. Die Grafenwöhrer Baulandoffensive, zum Beispiel im Baugebiet Hinkacker, sei ein gutes Mittel, dem Phänomen der demografischen Entwicklung entgegenzusteuern.
Ein besonderes Anliegen war dem SPD-Fraktionsführer ein behindertengerechtes Grafenwöhr. Alle öffentlichen Einrichtungen sollten für Menschen mit körperlichen Behinderungen kein Hindernis sein, so Weiß. Der SPD-Mann regte an, im Rathaus einen monatlichen „Behindertentag“ einzuführen, um den Betroffenen die Möglichkeit zu geben, Behördengänge selbständig zu erledigen. Die Einrichtung eines Sprechzimmers im Erdgeschoss der Stadtverwaltung wäre dabei hilfreich, so Weiß. Nach einem Dank an die Finanzverwaltung signalisierte der SPD-Sprecher Zustimmung zum Stadthaushalt.
FW-Sprecher Thomas Schopf verwies zunächst auf die Unwägbarkeiten öffentlicher Haushalte und nannte als Beispiel die Kürzung der staatlichen Schlüsselzuweisung. Die Finanzverwaltung sei dieser Entwicklung mit viel Geschick begegnet, bemerkte Schopf und warnte vor ähnlichen Szenarien bei der Finanzierung städtischer Großprojekte. Infrage stellte der FW-Sprecher die hohen Planungskosten, nur um höhere Zuschüsse zu erhalten. Skeptisch äußerte sich Schopf auch über große Sprünge bei der Waldbadsanierung. Von der angedachten üppigen Überholung könne keine Rede mehr sein, so Schopf. Als vorbildlich bezeichnete er den Ausbau der Adalbert Stifter Straße. Eine ähnlich gute Abwicklung erwartet Schopf bei der Sanierung der Eichendorffstraße. Gute Vorarbeit sei bei Gesprächen zwischen Anwohnern, den Vertretern der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft, der Stadt und den Planern geleistet worden. Schopf bedauerte, dass der Innenbereich des Quartiers im Eigentum der Wohnungsbau-GmbH aus dem Sanierungskonzept herausgenommen worden sei. Gleichzeitig erinnerte der Ratsherr an eine Verbesserung des Brandschutzes in den Wohnblöcken der Eichendorffstraße einschließlich einer geordneten Feuerwehrzufahrt zu den Häusern. Thomas Schopf verzichtete auf weitere Hinweise zum finanziellen Ist-Zustand und würdigte stattdessen die Arbeit von Kämmerin Ursula Grouls, lobte die sachlichen Vorgespräche im Finanzausschuss und verkündete die Zustimmung der Freien Wähler zum Stadthaushalt 2019.
Im Gegensatz zu seinen Vorrednern sah Klaus Schmitsdorf als Sprecher der Zwei-Personen-Gemeinschaft der Linken nur wenig Übereinstimmung zum Haushaltsgebaren der Stadt. „Der Haushalt genügt nicht unseren Ansprüchen“, stellte er fest und stürzte sich rhetorisch unverzüglich auf den gegenüber dem Lager-Tor 3 geplanten Verbrauchermarkt. Die Stadt sei schon mit Discountern gut ausgestattet. Der Bau sei deshalb weltfremd, betonte Schmitsdorf. Zudem trage das Projekt zu einer Verödung des Stadtkerns bei. Der Stadtrat der Linken warnte ferner vor erhöhten Verkehrsbelastungen. Als Thema entdeckte Schmitsdorf auch den zunehmenden Schwerlastverkehr durch die Stadt.
Die kritischen Bemerkungen wollten kein Ende nehmen. Im Focus stand die Gewerbeansiedlungs-Politik der Stadt, die nicht dazu beitrage, die Abhängigkeit von Arbeitsplätzen im Lager zu verringern. Dann warnte der Redner vor einer „Amerika-First-Entwicklung“ und deren Folgen. Zweifel äußerte Schmitsdorf auch an der Baulandpolitik des Rathauses und forderte, zunächst innerstädtische Brach- und Grünflächen zu bebauen, um damit dem horrenden Flächenverbrauch zu begegnen. Für Bürgermeister Edgar Knobloch waren die Auslassungen des Stadtrates der Linken jenseits jeder Sachlichkeit. Zudem habe das Thema eines Fachmarktzentrums mit der Verabschiedung des Stadthaushaltes nichts zu tun, stellte der Rathauschef fest. Wie berichtet wurde das Haushaltswerk mit der klaren Mehrheit von CSU, SPD und FW gegen die Stimmen der Linken verabschiedet.
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