"Denn schon die letzten zwei Jahre waren grausam", berichtet Renate Schupfner. 2018 und 2019 hätten ihr graue Haare bereitet. Wegen der langanhaltenden Trockenheit sei der Reitclub in seine bis dahin größte wirtschaftliche Krise gerutscht. Es gab keinen zweiten Grasschnitt, somit kein Heu und kein Futter für die 26 Pferde. In letzter Minute konnte in Brandenburg ein Lieferant gefunden werden. Doch die Transportkosten waren weit höher als der ohnehin explodierte Futterpreis.
Und die Misere Heu bleibe ein Dauerbrenner, meint sie. Zudem plagen Schupfner Personalsorgen. Verzweifelt sucht sie einen weiteren Fütterer. Zwar unterstützten die Einsteller und Mitglieder, aber ein Dauerzustand sei das nicht, betont Zweite Vorsitzende Katrin Rauch aus Oberbruck. In der zweiten Jahreshälfte 2019 der nächste Schock mit dem Tod von drei Schulpferden. Wertverlust: 12 000 Euro, von den Einbußen bei den Reitstunden ganz zu schweigen.
Jetzt stehen große Sanierungsmaßnahmen an der Reithalle ins Haus. "Wenn wir das jetzt nicht machen, dann geht der Verein kaputt", prophezeit Schupfner. In der Zeit, in der die Halle nicht genutzt werden durfte, seien die Sanierung geplant, Anträge gestellt und Kostenvoranschläge eingeholt worden, berichtet die 42-jährige Oberndorferin. Vor allem das 1290 Quadratmeter große Dach ist undicht und muss dringend ausgebessert werden. Die Neueindeckung kostet 84000 Euro, hat sie mit Kassiererin Nicole Kapustenski aus Kulmain errechnet. Zwingender Handlungsbedarf besteht heuer allein deshalb, weil der Bayerische Sportverband nur in diesem Jahr einen Zuschuss von 55 Prozent gewährt. Die Gemeinde steuert 7,5 Prozent, der Kreisjugendring 3000 Euro bei.
Allerdings müssten zudem im Inneren die Hallenbande, Beleuchtung und das 200 Quadratmeter große Dach des Anbaus mit gemacht werden. "Die Gesamtsanierungskosten sprengen die finanziellen Möglichkeiten unseres Vereins", klagt die Vorsitzende. Da die Futtermisere und der Tod der Schulpferde die Rücklagen aufgefressen haben, hofft der Vorstand auf Spenden und Sponsoring. Denn Versicherungen, Pferde-, Tierarzt-, Hufschmied- und Futterkosten, Löhne und Gehälter sowie Pacht laufen weiter. Dazu kommen noch der Unterhalt der Anlagen sowie die jährlichen Wasser- und Abwasserkosten.
Beim Reitclub am Kulm ist ohnehin alles strukturell schwieriger wie bei anderen Reitvereinen. Ein Reitverein hänge normalerweise an einem privaten Betreiber dran, erklärte Schupfner. Der Guttenthauer Verein jedoch habe den Stall gepachtet und müsse ihn unterhalten. Er sei Verein und Gewerbebetrieb in einem. Nachteile seien deshalb die laufenden Kosten, erläutert Kapustenski. Der Reitclub müsse die Anlage instand halten und sanieren. Ob es gelingt wie beim Kanal, der in Raten abbezahlt wird? Eine Finanzierung über Darlehen könne sich der Verein laut Schupfner nicht leisten. "Wenn wir über Kredit finanzieren müssen, weiß ich nicht, wie und ob wir das schaffen."
Spenden, um Schulpferde versorgen zu kommen
Aufgrund der weggebrochenen Einnahmen aus dem Reitbetrieb und den Veranstaltungen bittet der Reitclub um Spenden. Insbesondere geht es um die tägliche Versorgung der Schulpferde Chipsy, Primel, Fleck, Nico, Bella und Cosmo. Spenden werden erbeten an Reitclub am Kulm, IBAN: DE55 7535 0000 0008 8082 22. Betreff: Corona-Spende Schulpferd. Eine Spendenquittung wird ausgestellt. Informationen unter E-Mail info[at]rc-kulm[dot]de oder bei Renate Schupfner, Telefon 01 75 / 916 23 59.
Wegen Corona heuer wohl keine Kinderreitstunden mehr
Wegen der Coronakrise sei mit dem Einstellen des Reitbetriebs und der Veranstaltungen ein wesentlicher Teil der Einnahmen weggebrochen, berichtet Vorsitzende Renate Schupfner. Anfang März hätten noch zwei Voltigierstunden mit den vierjährigen Kindern stattgefunden, "dann kam Corona", erinnert sich Silke Hertel aus Plössen, die sich um das Reiten im Schulsport kümmert. Das Faschingsreiten war das letzte Event.
Während die Schulen am 9. März geschlossen wurden, ging der Reitbetrieb noch eine Woche normal weiter. Am 16. März folgte dann auch hier das Aus. Fragen über Fragen tauchten auf: Was macht man mit den Pferden? Was passiert mit den Einstellern? Die ersten Vorgaben der Deutschen Reiterlichen Vereinigung wurden kurzfristig umgesetzt, beschreibt Jugendleiterin Christina Neubing aus Emtmannsberg den erforderlichen Kraftakt. Aufenthaltsräume und Klause mussten sofort gesperrt werden. Desinfektionsmittelspender wurden auf-, der Unterricht eingestellt, Besucherzeiten festgelegt. Ausritte und Ponyreiten wurden grundsätzlich untersagt. Auch die Nachwuchsarbeit liegt brach. Es durften nur die älteren Reitschüler, die selbstständig reiten und die Tiere versorgen konnten, kommen. Für die sechs Schulpferde und für die Einsteller musste ein Notbetrieb organisiert werden. Bei den Einstellern war nur ein Reiter pro Pferd pro Tag in der Halle oder auf dem Außenplatz erlaubt. Gemeinsam ausreiten durften nur jeweils ein Kind und Elternteil. "Im Grund ist jeder nur noch schnell gekommen, hat das Nötigste gemacht, das Pferd bewegt, und ist dann wieder von dannen gezogen", erinnert sich Hertel. Tierärzte durften nur für Notfälle kommen. Termine für Sattler- und Schmiedearbeiten, Tierosteopathen und -physiotherapeuten wurden nach hinten geschoben.
Aber auch sonst liegt das Vereinsleben am Boden: keine Jahreshauptversammlung, Gruppenstunden, Ferienreitkurse und erstmals in der 44-jährigen Geschichte keine Reiterwallfahrt zum Barbaraberg an Christi Himmelfahrt. Unklar ist, ob das Ferienprogramm im August, Reiterfest am 5. September und die Vereinsmeisterschaft am 3. Oktober stattfinden. "Solange die Abstandsregelung bleibt, sind uns die Hände gebunden", sagt Schupfner. "In diesem Jahr wird da nichts mehr gehen", meint sie im Hinblick aufs Voltigieren, die Kinderreitstunde und den Schulreitsport. Die Hälfte der 231 Mitglieder ist am stärksten betroffen. Allein 76 Kinder unter 13 Jahren und 43 Jugendliche bis 17 Jahre lernen beim Reitclub das Reiten.
Trotz aller Belastung: Schupfner hat Verständnis für die andauernden Auflagen. "Wenn alles aufgemacht wird, stehen wir im September wieder da, wo wir im März waren", ist sie sich sicher.
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