Hahnbach
29.06.2018 - 15:30 Uhr

Paulina will zu Olympia

Schuld an allem ist ein Flickflack. "Den will ich auch können", sagt Paulina zu ihrer Mama Julia. Mittlerweile ist die Achtjährige Bayerische Meisterin im Turnen.

Am Stufenbarren zeigt Paulina Meier, dass sie nicht ohne Grund Bayerische Meisterin in ihrer Altersklasse geworden ist. Timo Meier
Am Stufenbarren zeigt Paulina Meier, dass sie nicht ohne Grund Bayerische Meisterin in ihrer Altersklasse geworden ist.

Wo bei anderen Familien ein Aquarium oder eine Schrankwand das Wohnzimmer verziert, steht bei Familie Meier in Hahnbach ein Schwebebalken. Er ist das Zentrum des Hauses. Im wahrsten Sinne des Wortes. Denn hier dreht sich alles ums Turnen. Und mittendrin die achtjährige Paulina, amtierende schwäbische und bayerische Meisterin im Kunstturnen. Und nach Aussage ihrer Trainer eines der größten Talente im Freistaat.

"Mein Ziel ist Olympia", sagt Paulina und schlürft von der gesunden Limonade, die Mama Julia selbst zubereitet hat. So ist das immer bei Meiers: Paulina hat ein ehrgeiziges Ziel und ihre Eltern und Bruder Timo geben ihr Bestes, um ihr diesen Wunsch möglich zu machen. Am Anfang war es Ballett. Mit vier Jahren hat es Paulina ausprobiert. "Aber das war mir zu langweilig."

Dann kam der Flickflack

Und dann kam der Flickflack. Da war Paulina gerade einmal fünf Jahre alt. "Ich bin keine Turnerin", sagt Julia Meier. Sie selbst konnte es der Tochter also nicht beibringen. Und so hat sie in der Zeitung nachgesehen, welcher Verein in der Region einen guten Ruf beim Turnen genießt, als ihr Paulina mit dem Flickflack ständig in den Ohren lag.

Gelandet ist Paulina schließlich in Hirschau, wo sich beim TuS rund um Simone und Frank Neef ein lokales Zentrum für Leistungsturnen entwickelt hat. Die junge Turnerin aus Hahnbach machte hier sehr gute Fortschritte, ging in Riesenschritten nach vorne. Doch fehlte es letztendlich an geeigneten Trainings- und Turnpartnerinnen im gleichen Alter, die auch nur einigermaßen mit der kleinen Paulina mithalten konnten. Also trat sie in einem altersoffenen Wettbewerb an und wurde auf Anhieb Fünfte.

Die interessiert sich im Augenblick eher für den leckeren Kuchen auf dem Küchentisch der Familie Meier. "Darf ich noch ein Stück", fragt sie, bevor sie das süße Teil mit Appetit in sich hineinschaufelt. Schadet nicht, denn Paulina setzt ohnehin kein Fett an bei der vielen Bewegung, die sie hat. Ruhig sitzen ist eher nicht so ihr Ding, so nebenher streckt sie auf dem Küchenstuhl ihr Bein nach oben. Allein beim Hinschauen ziehen bereits alle Muskeln. Ein Zufall war es, der Paulina auf den TSV Monheim gebracht hat.

Beim Kaffeetrinken mit Bekannten wurde wieder einmal das Thema erörtert, dass Paulina in unserer Region einfach keine Gegnerinnen für Wettkämpfe findet. Ein Arbeitskollege, so erinnerte sich ein Freund, trainiere beim TSV Monheim die Bundesliga-Turner, dort existiere ein ausgewiesenes Leistungszentrum. Einziger Nachteil: Monheim liegt etwa 20 Kilometer von Donauwörth entfernt im bayrischen Teil von Schwaben. Fahrzeit einfach von Hahnbach: mindestens anderthalb Stunden.


Einfach mal hingefahren

Trotzdem sind sie hingefahren nach Monheim. Haben den Trainer Mike Dörner kennengelernt, der sich Paulina mal angeschaut hat und tatsächlich bereit war, es mit ihr zu versuchen. Nun war es also an der Familie Meier zu entscheiden, ob sie es auf sich nehmen würde, drei Mal in der Woche von Hahnbach nach Monheim zu fahren, mindestens drei Stunden Fahrzeit auf sich zu nehmen, damit Paulina dann drei Stunden lang trainieren kann. Denn die wollte das unbedingt. "Bei denen hat mir die Schnitzelgrube sehr gut gefallen", sagt sie, das Trampolin mit den Schaumstoffteilen, in die man so herrlich hineinspringen kann.

Apropos Trampolin: Draußen im Garten steht natürlich so ein Gerät. Wie bei vielen anderen Familien auch. Und eigentlich ist es tabu für Paulina. "Wenn sie darin springt, gewöhnt sie sich wieder irgendetwas Falsches an", erklärt die Mama das. Paulina lächelt verschmitzt dazu und natürlich ist klar, dass sie sich die Freude am Hüpfen nicht nehmen lässt. "Das merkt der Trainer jedes Mal, wenn sie im Trampolin war", sagt Julia, die liebe Mama, die ihrer Tochter den Traum vom Turnen möglich macht.

Denn tatsächlich hat sich Julia Meier bereit erklärt, ihre Tochter nach Monheim zu fahren. "Ich lebe nach den Plänen anderer Männer", sagt sie in Anspielung auf die Tatsache, dass der Trainer ihrer Tochter bei der Bundespolizei Schicht arbeitet und sich die Trainingszeiten nach seinen Schichtplänen richten. Im Idealfall geht es für die Zweitklässlerin nach der Schule los, manchmal übt sie während der Fahrt mit Mama das Einmaleins, manchmal darf sie aber auch ein Handyspiel machen.

"Für ein Jahr mal zum Ausprobieren", hat Julia Meier vor einem Jahr gesagt. Damals hat sie nicht geahnt, dass ihre Tochter so große Fortschritte macht. "Sie hat so viel Ehrgeiz", sagt Julia. Besonders gerne schaue sich Paulina in Youtube andere Turnierinnen an und versuche diese dann nachzumachen. Sie will zu Olympia, das gilt.


Paulina räumt ab

Olympia ist es bisher noch nicht, doch Paulina räumt ab in den Wettkämpfen. Erst waren es die schwäbischen Meisterschaften, in denen sie sich gegen zehn Konkurrentinnen durchsetzen konnte. Und einige Wochen später dann die Bayerischen. 20 Starterinnen - und Paulina am Ende ganz vorne. Mit satten drei Punkten Vorsprung. Das sind im Turnen Welten. Und damit ist auch schon die Frage beantwortet, was nach dem Jahr Probezeit passiert, das ursprünglich vereinbart war: Julia Meier wird weiter fahren. Und das Wohnzimmer der Meiers bleibt Turnzimmer - und das ist gut so. Denn Paulina will schließlich zu Olympia.

Vorbereitung auf den Wettkampf. Trainer Mike Dörner bespricht mit Paulina die Übungen Timo Meier
Vorbereitung auf den Wettkampf. Trainer Mike Dörner bespricht mit Paulina die Übungen
Der Schwebebalken im Wohnzimmer der Familie Meier dient nicht als Zierde. Er wird jeden Tag von Paulina intensiv genutzt. Ascherl, Andreas [ASS] (<a href=andreas.ascherl[at]oberpfalzmedien[dot]de)" title="" width="805" height="453" loading="lazy" decoding="async" class="img-responsive"/>
Der Schwebebalken im Wohnzimmer der Familie Meier dient nicht als Zierde. Er wird jeden Tag von Paulina intensiv genutzt.
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