Haidenaab bei Speichersdorf
27.01.2020 - 16:06 Uhr

Zehn Jahre Arbeit gegen das Vergessen

"Nie wieder Krieg!": Unter diesem Titel wird die Soldatenkameradschaft Haidenaab-Göppmannsbühl um Vorsitzenden Roland Veigl ein Buch über die gefallenen und vermissten Soldaten der Ortsteile im Zweiten Weltkrieg im Krieg veröffentlichen.

Werner Veigl mit einer seiner wichtigsten Quellen für deutsche Kriegsgefangene in Russland, dem Findbuch „Orte des Gewahrsams von deutschen Kriegsgefangenen in der Sowjetunion (1941-1956)“. Bild: hai
Werner Veigl mit einer seiner wichtigsten Quellen für deutsche Kriegsgefangene in Russland, dem Findbuch „Orte des Gewahrsams von deutschen Kriegsgefangenen in der Sowjetunion (1941-1956)“.

Zehn Jahre hat Schriftführer und Heimatforscher Werner Veigl daran gearbeitet. In dem Buch werden auch Beiträge weiterer Autoren über den Kriegsalltag erscheinen. Es wird das zweite Werk dieser Art sein, das die Kameradschaft veröffentlicht, passend zu 75 Jahre Kriegsende im Jahr 2020. Um das Gedenken an sie zu bewahren, war bereits 2010 unter dem Titel "Der grausame Tod hat sie dahingerissen" die dreijährige Recherchearbeit Veigls zu den Gefallenen der Krieger- und Soldatenkameradschaft Haidenaab-Göppmannsbühl im Ersten Weltkrieg erschienen. Diese dankte es dem Autor mit der Verleihung des Verdienstkreuzes Erster Klasse in Gold.

Veigl hat sich nun in den zurückliegenden zehn Jahren den Biografien der im Zweiten Weltkrieg gefallenen und vermissten 24 Soldaten aus Haidenaab, Göppmannsbühl, Lettenhof, Beerhof und Roslas gewidmet. Wie Vorsitzender Roland Veigl in der Jahreshauptversammlung berichtete, liege das Werk in den letzten Zügen. Unterstützt wird die Veröffentlichung von Christian Porsch, der für die druckfähige Aufbereitung der Texte, Dokumente und Bilder sorgt.

In einem Powerpoint-Vortrag stellte der Historiker in der Generalversammlung die Ergebnisse vor. Das Buch solle an die Schrecken des Weltkriegs vor 75 Jahren erinnern und Mahnung sein, wohin übersteigerter Nationalismus, Intoleranz und Rassismus führen kann, sagte er eingangs.

Gespräche mit Zeitzeugen

Viel hat Veigl aus Archiven ausgegraben. Er hat Gespräche mit Familienangehörigen und Zeitzeugen in Haidenaab und Göppmannsbühl und den ehemaligen Ortsteilen geführt. Von 20 der 24 Gefallen hat er Bilder gefunden. "Das Schicksal nahezu jedes gefallenen oder vermissten Kameraden hat seine eigenen Besonderheiten", sagte er. So ist der 21- jährige Hans Schertel aus Göppmannsbühl am Berg der erste aller Haidenaab-Göppmannsbühler, der 1941 im Russlandfeldzug sein Leben verlor. 1945 fielen als Letzte Albert Gebhardt (24) und Johann Dötterl (40), beide aus Göppmannsbühl, dem Krieg zum Opfer. Mit Johann Veigl (1897 bis 1954) und Matthäus Brunner (1898 bis 1991) haben zwei Soldaten sogar an beiden Kriegen teilgenommen.

Schicksal bis heute ungewiss

Mit 19 Jahren war Johann Scherm aus Haidenaab der jüngste Soldat, der sein Leben ließ. Ungeklärt bis heute ist das Schicksal von Gerhard Ludwig. Er kam in Stalingrad ums Leben. Die Todesumstände sind nicht geklärt. Er galt vermisst. 1966 wurde er für tot erklärt. Trotz intensiver Recherche ist bis heute seine Ruhestätte unbekannt.

Anders das Schicksal von Josef Pöllath (30) aus Göppmannsbühl, der 1943 im russischen Gefangenenlager starb (wir berichteten). Der Sterbefall wurde am 5. September 1997 beim Standesamt der Gemeinde Speichersdorf beurkundet. An den meisten Fronten dürfte Alois Kuchenreuther gekämpft haben. Er war in Frankreich, Jugoslawien, Russland im Einsatz und fiel schließlich in Tunesien. Von Roslas gibt es zwei namensgleiche Karl Nickl, die gefallen sind.

Zu den Biografien und Schicksalen kommen in einem zweiten Teil unveröffentlichte Beiträge zum Kriegsalltag vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg. Zu den Mitautoren zählt etwa der noch 85-jährige Hermann von Gernler aus Bayreuth. Er schreibt über seinen 97-jährigen, in Cham lebenden Bruder Hubert im Gefangenenlager Winzenheim, dessen Erlebnisse in den letzten Kriegstagen mit Fahnenflucht aus Neualbenreuth, seine Erinnerungen an die letzten Kriegstage sowie über SS-Offiziere und Kriegsgefangene im Schloss Göppmannsbühl.

Mit Dokumenten aus dem Gemeindearchiv und mit Zeitzeugenberichten konnten die Geschehnisse der Mobilmachung 1939 und des Kriegsendes am Weißen Sonntag 1945 nachgezeichnet werden. Mit veröffentlicht werden Feldpostbriefe unter anderem von Max Busch. Zu den Feldgeistlichen im Zweiten Weltkrieg gehörte Franz Josef Käß. Ein Beitrag beschreibt Flucht und Vertreibung der Familie Frenzl.

Bilder und Erfahrungsberichte gibt es über französische, polnische und ukrainische Kriegsgefangene, einquartierte Soldaten und Flüchtlinge. Der letzte Rückkehrer war Adolf Wegmann, der am 18. Januar 1945 in Gefangenschaft geriet, in verschiedenen sowjetischen Kriegsgefangenenlagern interniert war und im Juli 1949 entlassen wurde; mit Nierenleiden, Ödemen und Herzschaden, schwer traumatisiert, wie Sohn Edmund schildert. Laut Roland Veigl war Wegmann bis 1979 Fahnenträger der Kameradschaft.

Um Zuschüsse bemühen

Das Buch wird 320 Seiten mit 30 Seiten Dokumenten, 118 Abbildungen und Kartenausschnitten umfassen und im DIN-A5-Format erscheinen. Als Auflage sind 150 Stück angedacht. Um kostendeckend publizieren zu können, so Veigl, bemühe sich die Kameradschaft um Zuschüsse. Im Februar wird laut Porsch ein Zeitplan erstellt, dann werden die Druckkosten ermittelt. Als Verleger werde Eckhardt Bothner von der Buchhandlung in Pressath angefragt. Der nächste Schritt sei dann die Erstellung der Druckfahnen. In einer kleinen Feierstunde soll das Buch der Öffentlichkeit vorgestellt werden.

Christian Porsch (stehend) bei der Vorstellung der redaktionellen Arbeit und des Inhalts des Buches. Bild: hai
Christian Porsch (stehend) bei der Vorstellung der redaktionellen Arbeit und des Inhalts des Buches.
 
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