Sie haben vier Beine, einen beweglichen Kopf und einen Panzer: Bei Andrea Henfling leben rund 40 Landschildkröten. Einige stammen aus ihrer eigenen Zucht. Die anderen sind Fundtiere, die Tierheim, Polizei oder Leute quasi von der Straße zu ihr bringen. Manche sind aber auch nur kurze Zeit auf ihrem Bauernhof: "Einige bringen ihre Tiere her zum Überwintern oder ich biete ihnen ein Urlaubsquartier", sagt sie.
Aus Johnny wird Josy
So hat Andrea Henfling die Gelbkopfköhlerschildkröte Josy in ihrer Obhut. "Meine Freundin Gitta holt sie noch aus ihrem Winterquartier ab und dann darf sie wieder nach Hause zu zwei Affenpintschern und sieben Pudeln", sagt Henfling schmunzelnd. Noch befindet sich Josy in einem Außengehege. Sie wurde Anfang der 2000er Jahre in der Zucht von Andrea Henfling in Höfen bei Speinshart geboren. "Zunächst dachten wir es ist ein Johnny, weil die Bauchpanzerform nach innen gedellt war. Doch dann legte sie irgendwann Eier." Ihre Leidenschaft begleitet Henfling nun schon seit ihrem 13. Lebensjahr.
"Meine Erste war eine Griechische Landschildkröte. Zwei Schulfreundinnen schenkten sie mir. Sie war aus einer Zoohandlung aus Weiden und kostete damals zehn Mark." Als Kind wuchs die heute 54-Jährige auf einem Bauernhof auf. "Meine Tierliebe ist da eher untypisch." Ihrer Mutter gefiel das neue Haustier nicht. "Sie war total baff und hatte Angst, da sie meinte, der Kopf bewege sich wie bei einer Schlange", erinnert sich Henfling.
Zudem hatte sie dort auch ein Pony, einen Bernhardiner und Wellensittiche. "Um meine Tiere behalten zu können, habe ich sie mir hart auf dem Bauernhof mit Fleiß und Energie erarbeit." Ihre Schildkröte lebte bis kurz nach ihrer Hochzeit 1986. "Im Winterschlaf darauf ist meine Sissi dann gestorben." Erst acht Jahre später erblühte ihre Passion für Schildkröten erneut. "Eine bekannte Bäuerin kam mit einem Schuhkarton auf mich zu. Sie hatte einen Griechischen Landschildkrötenbock darin und konnte nichts damit anfangen, also habe ich mich um das Tier gekümmert."
Fachvorträge über Schildkröten besucht
Als ihre drei Kinder größer waren, besuchte Henfling Fachvorträge in München, Coburg und Augsburg. "Es gab ja keine Bücher und noch keine Infos aus dem Internet zu den Tieren", betont sie. Außerdem wollte sie auch Schildkröten züchten. "Dann schaute ich mich nach einem Weibchen um. Und ich begann mich für exotische Arten zu interessieren." Allerdings gestaltete sich damals die Suche danach schwierig. "Heute ist das viel einfacher, auch über das Internet. Aber man muss sich schon mit den Tieren befassen und sich auskennen."
Von 1997 bis 2018 hatte sie zudem eine Auffangstation für Wasserschildkröten. "In die Tierheime werden oft Schildkröten abgegeben und die wenden sich dann an mich. Anfangs wurde man überschwemmt." So stand Henfling in Kontakt mit den Tierheimen in Tirschenreuth, Weiden und Hof. "Es kamen auch viele Privatleute auf mich zu und gaben ihre Schildkröten ab. Viele sagen dann: 'Ich gebe mein Tier ungern her und ich würde es gerne auch weiter besuchen kommen.' Meistens kommt aber keiner mehr." Ihre Auffangstation hat sie allerdings aufgegeben: "Es ist viel Aufwand. Das schaffe ich einfach nicht mehr."
Nachweise für das Landratsamt
Wer ein Tier züchtet oder kauft übernehme auch Verantwortung. "Für viele ist es ein Problem, dass die Tiere beim Landratsamt gemeldet werden müssen. Zusätzlich muss auch eine Foto-Dokumentation gemacht werden." So benötigt jede Schildkröte einen Herkunftsnachweis und eine EU-Bescheinigung. Im ersten Jahr müssen zwei Bilder gemacht werden, dann bis zum zehnten Lebensjahr jeweils ein Bild. "Am Panzer oder am Bauch gibt es immer eine Zeichnung, die wie ein Fingerabdruck ist und jede Schildkröte unverkennbar macht." Um die Größe richtig anzugeben, wird bei den Bildern ein Meterstab neben die Schildkröte gehalten oder das Tier auf ein kariertes Messpapier gesetzt.
Aktuell leben bei Henfling Madagaskische Strahlenschildkröten, Indische Sternschildkröten, Gelb- und Rotkopfköhlerschildkröten, Mexikanische Prachtschildkröten sowie Afrikanische Pantherschildkröten. Jeder von ihnen hat einen Namen wie Sigi, Siglinde, Asbach, Amaroula oder Amanda. Auch ihre Tochter hilft fleißig bei der Haltung der Reptilien mit. "Aktuell ist meine älteste Schildkröte etwa 45 Jahre." Das genaue Alter weiß sie nicht, da es sich dabei um ein Fundtier handelt.
Tiere wollen nicht am Präsentierteller sitzen
Rund 180 Quadratmeter Außenfläche stellt sie ihren gepanzerten Schützlingen heute zur Verfügung. Zum Überwintern bringt sie die Tiere in einen eigenen Erdkeller. "Die, die es nicht so kalt brauchen, kommen in zwei Zimmer mit etwa 45 Quadratmetern und Bodenheizung." In den Gehegen gibt es viele Versteckmöglichkeiten wie Häuschen oder hohe Pflanzen. "Die Tiere mögen es nicht auf dem Präsentierteller zu sitzen." Optimal sei eine gute Balance zwischen Sonne und Schatten. "Auch sollte jeden Tag das Trinkwasser gewechselt werden." Gefüttert werden ihre Lieblinge so naturnah wie möglich, etwa mit Spitzwegerich, Löwenzahn, gekochten Hühnereierschalen oder Klee. "Wir geben ihnen auch Heucrops von unserem eigenen Betrieb."
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