So was gibt’s heute kaum noch: Schule aus, heim, den Schulranzen in die Ecke gepfeffert, ab auf den Fußballplatz. Bernhard Godelmann war auch dabei – manchmal: „Ich hab’ schon Fußball gespielt nach der Schule.“ Aber noch lieber hat er bereits an seiner Zukunft gebastelt. „Ich bin dann ins Betonwerk.“ Das macht nicht jeder Bub, aber es lag ja im eigenen Hof. Da knatterte und krachte es. Der kleine Bub hatte auch einen Lieblingsplatz: „Am schönsten war’s im Labor.“ Da wurden Sande und Rohstoffe geprüft, Betone entwickelt.
Da, zwischen all den Gefäßen, Materialien und Rohstoffen, hat er beschlossen, dass er in die Fußstapfen seines Opas und Vaters tritt. Der Großvater, ein in Ungarn geborener Deutscher, gründete das Werk, der Papa, den Bernhard Godelmann heute „Senior“ nennt, baute den Betrieb aus. Zunächst in Haselmühl (Landkreis Amberg-Sulzbach), auf einem Gelände, auf dem die Familien heute noch wohnen, dann ab Mitte der 1990er Jahre in einem Gebiet bei Högling im westlichen Landkreis Schwandorf an der A6.
Keine Angst vor Übernahme
Und noch ein Gutes hatte sein Entschluss, wie er verschmitzt verrät: „Ich musste in der Schule nicht so viel lernen, ich wusste ja, was ich mal mache.“ Heute führt der 48-Jährige ein Familienunternehmen mit europaweitem Ruf. Um die 550 Mitarbeiter sind es mittlerweile, allein im Stammwerk in der Oberpfalz um die 400. Werke gibt es auch in Wonfurt (Unterfranken) und in Heinsberg (Nordrhein-Westfalen). Daneben Vertriebstandorte, auch in Tschechien. Godelmann beliefert nur Fachhändler. Das Unternehmen ist stetig gewachsen. „Ich denke, so groß, wie wir jetzt sind, ist’s okay“, meint der Chef. Es ist eine Größe, bei der man keine Angst vor Übernahmen haben müsse. Und dann sagt er etwas, was vielen Managern schwer über die Lippen kommt: „Man muss auch mal konsolidieren.“ Das heißt nicht, dass man sich ausruht. Es wird ständig neu entwickelt, nach Verbesserungen gesucht. Godelmann: „Wir wollen auch das ökologischte und grünste Betonwerk werden.“ Seit 2015 produziert Godelmann nach eigenen Angaben schon klimaneutral.
Ein stolzer Firmenchef
Wenn man durch die Gegend hierzulande fährt und in Höfen oder Vorgärten stehen Paletten mit Steinen, dann spannt sich da meist eine Folie mit Godelmann-Aufdruck darüber. „Da bin ich schon stolz“, sagt der Firmenchef. „Ich ärgere mich auch, wenn ich Steine von Mitbewerbern sehe.“ Aber so ergänzt er schmunzelnd: „Man kann nicht immer gewinnen.“ Doch die Godelmänner gewinnen oft. „Was Design, Qualität und Funktionalität angeht, sind wir die Nummer eins in Deutschland.“ Ein Stein ist hier nicht nur ein Stein, deswegen nennen sie sich im Kreis Schwandorf auch die Steine-Erfinder.
Wenn der Chef sich in seinem Büro ein paar Steinproben greift, mit den Händen vorsichtig darüber streicht und er mit Fachbegriffen erklärt, wie dieser Stein entstanden ist. Dann merkt man, dass der verheiratete Vater von vier Kindern gar nichts anderes hätte machen können – und wollen sowieso nicht. Und wer weiß auch noch genau, wie man solche Steine verlegt. In Zeiten, in denen manchem Chef fast egal ist, was er verkauft, hauptsächlich die Bilanz stimmt, ist der jugendlich wirkende Fast-Fünfziger einer vom alten Schlag. „Damals“, erzählt er, „gab es noch Pflasterkolonnen in unserem Betrieb. Mit denen war ich als Jugendlicher unterwegs.“ Er weiß noch, wie es geht: „Schnur spannen, Tragschicht herrichten, den Unterbau einen Zentimeter höher abziehen, weil, wenn es verdichtet wird, gibt es nach.“
Für die Arbeiter war Bernhard Godelmann immer „der Bernd“. Das erklärt auch die Unternehmenskultur. „Wir duzen uns alle.“ Da brauche man nicht lange nachzudenken – Du oder Sie. Das hat aber gar nichts mit fehlendem Respekt den Entscheidern gegenüber zu tun. Wenn er über die Flure geht, ein paar Worte mit den Mitarbeitern wechselt, spürt man die natürliche Autorität. Die Atmosphäre ist angenehm, unaufgeregt. Der Chef vertraut seinen Leuten, aber wenn ein Termin mit einem Großkunden ansteht, wollen seine Leute oft den Boss dabei haben. Auf seine Belegschaft ist er stolz: „Die Oberpfälzer sind treue Seelen. Manche sind von der Lehre bis zum Arbeitsende hier.“ Oder ganze Familie arbeiten hier: Opa, Vater, Enkel.
Godelmann sucht das Gespräch
„Ich glaube, das zeigt, dass hier die Chemie passt“, sagt Godelmann und blickt zufrieden aus seinem Büro im ersten Stock hinüber nach Högling, zu den Ausläufern des Oberpfälzer Waldes. Heimat, Idylle, aber natürlich knirscht es hier auch manchmal. Der Steine-Produzent braucht Rohstoffe. Am besten aus der Nähe. Als Godelmann vor etwa fünf Jahren eine Sandgrube nahe des Örtchens Freihöls kaufte, formierte sich schnell Widerstand. Der Firmenchef war anfangs bei Sprengungen dabei und verfügte, diese an bestimmten Bereichen einzustellen. „Wir suchen immer das Gespräch“, sagt Godelmann und stellt sich den kritischen Diskussionen selbst. Er ist bei Anhörungen, Gemeinderatssitzungen selbst vor Ort. Zuletzt formierte sich eine Bürgerinitiative gegen einen Godelmann-Steinbruch in der Nähe von Freudenberg (Landkreis Amberg-Sulzbach). Die Anwohner befürchten Sprengungen und eine enorme Zunahme des Lkw-Verkehrs. „Es gibt immer verschiedene Sichtweisen“, sagt Godelmann. „Mir geht es immer darum, Kompromisse zu finden.“ Und dabei vertraut er dem Rechtsstaat. „Es gibt Gesetze, Verordnungen, Vorschriften und Gutachten. Wenn die eingehalten werden können, ist etwas machbar. Wenn nicht, ist es okay, auch etwas nicht zu verwirklichen.“
Erst die Bayern, dann der Club
Konfliktfreier ist da eines seiner Hobbys. „Ich bin Bayern-Fan“, bekennt er. „Und als Nummer zwei kommt der 1. FC Nürnberg.“ Seit 2017 war Godelmann beim Zweitligisten auch Premium-Sponsor. „Wir wollten einfach mal ins Sponsorengeschäft reinschnuppern.“ Mittlerweile ist das Engagement beim FCN auch aus Kostengründen beendet. „Wir haben aber weiter eine Loge für Geschäftskunden dort, wie auch beim FC Bayern.“ Das Sponsoring beschränkt er jetzt auf die Region: Zusammen mit der befreundeten Unternehmerfamilie Wagner engagiert er sich beim Eishockey-Klub ERSC Amberg. Oder er unterstützt den Biathleten Johannes Donhauser (Ursensollen). Soziales Engagement ist auch wichtig: Godelmann-Hilfskonvois starten jährlich zu Weihnachten gen Osteuropa.
Godelmanns Vater feierte zuletzt drei Wochen vor Weihnachten seinen „Siebzigsten“. Der „Senior“ redet nicht mehr rein, auch wenn er noch ein Büro hat und gern durch die Produktion geht. „Der Übergang war nahtlos", sagt der heutige Chef. Mit Ende 50 übergab der „Senior“. So in etwa möchte es auch Bernd Godelmann mit seinem ältesten Sohn Max halten. Der studiert in München BWL. Eines wird auch der Nachfolger in der dann vierten Generation lernen müssen – außerhalb der Hörsäle: Schnur spannen, Tragschicht herrichten, den Unterbau einen Zentimeter höher abziehen ... „Er soll auch lernen, wie man einen Pflasterstein verlegt.“
Das Unternehmen Godelmann
- Bernhard Godelmann
- Geboren am 7. Oktober 1974 in Amberg
- Aufgewachsen in Haselmühl (Gemeinde Kümmersbruck/Landkreis Amberg-Sulzbach)
- Abitur am GMG in Amberg
- BWL-Studium an der Uni Regensburg (bis Vordiplom), danach duales Studium, Abschluss als Diplom-Betriebswirt (VWA)
- Ende der 1990er Jahre: Bernhard Godelmann und seine Frau Silvia treten in die Geschäftsleitung ein.
- Unternehmensgeschichte
- 1947: Gründung des Unternehmens durch Karl Godelmann mit fünf Mitarbeitern (Produktion von Fertigdecken, Mauer- und Betondachsteinen)
- 1970: Spezialisierung – Bernhard Godelmann sen. fokussiert sich auf die Produktion von Pflastersteinen.
- 1999: Vollsortimenter – Bernhard Godelmann jun. weitet die Produktion auf Platten, Mauersteine und Sonderelemente aus Beton aus.
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