Gibt es einen dafroana, einen zugeschneiten, einen vom böhmischen Wind verwehten oder gar einen dasuffan Wastl? Das ist immer die große weltliche Frage zum Sebastianitag in Hohenburg. Am Sonntag wurde wieder in einer feierlichen Prozession die Statue des Pest-heiligen St. Sebastian um den Marktplatz getragen. Um 1770 ist dieses Brauchtum aus einem Versprechen entstanden, schreibt der Hohenburger Heimatchronist Friedrich Spörer.
Gelöbnis aus Hungerwinter
Die genaue Ursache kann zwar nicht mehr bestimmt werden, aber der Überlieferung nach handelt es sich um ein Dankgelöbnis der Menschen in Hohenburg für Hilfe im Hungerwinter von 1770 auf 1771. Seit dieser Zeit befolgen die Hohenburger ihr damals gegebenes Versprechen, zu Ehren des Pestheiligen St. Sebastian an seinem Namenstag.
Die Oberministranten der vergangenen Jahre tragen an seinem Namenstag in einer feierlichen Prozession die Figur des Pestheiligen um den Marktkern, egal wie das Wetter auch sein mag. Wie die Geschichte erzählt, hatte es im Jahr 1770 im Lauterachtal eine große Missernte gegeben und so wütete in den nachfolgenden Wintermonaten wegen fehlender Nahrung für die Menschen und Futter für die Tiere der Hungertyphus im Markt. Die Pestilenz kam dazu und es wird von einem gewaltigen Viehsterben in der Hohenburger Geschichtsschreibung berichtet.
Hilfe von auswärts war nicht zu erwarten. Selbst die Lager und Kornspeicher des bischöflichen Pflegers Johann Georg Michael Sigritz sollen damals leer gewesen sein.
In dieser Notzeit wandte sich die Hohenburger Bürgerschaft an den vielverehrten Pestheiligen St. Sebastian mit dem Versprechen, an seinem Namenstag eine Statue mit seinem Bildnis in feierlicher Prozession um den inneren Markt zu tragen, damit dieses Unheil für immer vom Markt fernbleiben möge: "Gleich wie das Wetter auch ist, unser Sebastian wird durch den Markt getragen." Der 20. Januar, der Namenstag des Pestheiligen, ist in Hohenburg schon immer ein Festtag gewesen, erinnern sich die Altvorderen im Markt. Wenn sein Namenstag nicht auf einen Sonntag fällt, dann wird die Prozession am darauffolgenden Sonntag nachgeholt.
Unter dem Himmel
Begleitet wird dieses etwas über einen Meter große mit Pfeilen durchbohrte Bildnis des Heiligen Sebastian von der Trachtenkapelle Hohenburg, den Fahnenabordnungen, Bürgermeister und Marktgemeinderat. Dahinter kommt Pfarrer Hans Jürgen Zeitler mit dem Allerheiligsten unter dem Himmel, wie es sonst nur am Kranzltag zu sehen ist, dann folgen die Gläubigen.
Noch 1930 war die Statue des Heiligen Sebastian an diesem Festtag mit Silberketten und Talern behängt und die "Trage mit Papierblumen und bunten Christbaumkugeln" verziert gewesen, schreibt der Hohenburger Chronist Friedrich Spörer in seinen heimatkundlichen Aufzeichnungen.
In all den Jahren seit Bestehen des Brauchtums fiel der Umzug nur einmal aus. Pfarrer Hans Jürgen Zeitler weiß aus seinen Nachforschungen, dass die Prozession 1945 wegen der Gefahr durch Tieffliederangriffe und wegen "Gefährdung der öffentlichen Sicherheit" verboten war.
Zum weltlichen Hintergrund des Sebastianifest in Hohenburg können Leonhard Ehrensberger und Markus Mitschke viel erzählen: "Manchmal gab es einen dafroana, manchmal auch einen dasuffan Wastl am Gelübdetag". Heuer war es mehr ein dafroana Wastl, meinte Ehrensberger schmunzelnd mit hochgeschlagenem Mantelkragen am Rande der Prozession. Ab 1960 war er bei der Trachtenkapelle dabei, Markus Mitschke seit 1976.
Das Ende des Sebastianifestes ist der Zug der Vereine mit der Trachtenkapelle durch den Markt. Wenn die Marschklänge plötzlich verstummen, stürmen die Fahnenträger mit ihrer Vereinsfahne so schnell sie können in ihre Vereinslokale, denn nur so können sie sich der Übernahme der Zeche für den folgenden Frühschoppen entziehen. Die Trachtenkapelle unter der Leitung von Michael Schäfer umrahmte den Gottesdienst.
Leonhard Ehrensberger erzählte, dass es bis zur Ablösung des Truppenübungsplatzes 1951 üblich war, dass auch die Bauern aus Lutzmannstein, Weidenhüll, Frabertshofen, Raversdorf und Hausen mit Schlitten oder Schetzen, je nach Witterung, zum Sebastianifest nach Hohenburg gekommen sind.
"In meiner Kinderzeit war es noch üblich, dass die Hohenburger Zunftstangen mitgetragen wurden", wusste er. "Je nach Verein gab es da für uns Buben ein ansehnliches Taschengeld von einem Fünfzigerl. Das war damals ein gutes Taschengeld für uns Buben."
Eine Wette
Zum weltlich-gemütlichen Teil, so Ehrensberger, wurde oft kräftig eingekehrt und die Musik hat dazu gespielt, oft wurde auch getanzt. Gehalten hat sich davon bis heute, dass am Ende der Prozession die Trachtenkapelle den Fahnenmarsch spielt, informierte der Vorsitzende der Trachtenkapelle Hohenburg, Markus Mitschke.
"Hintergrund ist eine lange zurückliegende Wette gewesen, wer wohl eher im Wirtshaus sein würde - die Fahnenträger mit ihren Vereinsfahnen oder die Musiker der Trachtenkapelle." Beim Drollnbeck (Kellner), beim Friedl (jetzige Raiffeisenbank) und beim Schwanenwirt (Graf) wurde dann kräftig eingekehrt.
Vor ein paar Jahren haben die Musikanten den Fahnenträgern einen Streich gespielt und sie ins Leere laufen lassen. Damals spielte nur die Hälfte der Musiker zum Marsch auf, während sich der andere Teil schon vorher ins Wirtshaus abgesetzt hatte. Also so kann's auch gehen.
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