Hohenkemnath bei Ursensollen
23.10.2019 - 14:03 Uhr

50 Jahre neue Pfarrkirche „Mariä Himmelfahrt“ in Hohenkemnath – (K) ein Grund zum Feiern (?) !

Es ist ein Jubiläum, gewiss. Doch nicht allen ist zum Feiern zumute, wenn es um die jüngere Geschichte der Hohenkemnather Kirche Mariä Himmelfahrt geht. Zu den Zweiflern zählt Heimatpfleger Josef Schmaußer.

Wieder eine historische Aufnahme von Albert Scheuerer: Im Mittelpunkt der Pfarrhof von 1828. Er wurde unter der Regie von Pfarrer Joseph Kastner im Jahre 1828 erbaut. Das Ende naht! Im Hintergrund sieht man schon den Neubau des jetzigen Pfarrhofes entstehen. Wenn man die Architektur vergleicht! Oh weh!
Aufnahme: Albert Scheuerer Bild: schß
Wieder eine historische Aufnahme von Albert Scheuerer: Im Mittelpunkt der Pfarrhof von 1828. Er wurde unter der Regie von Pfarrer Joseph Kastner im Jahre 1828 erbaut. Das Ende naht! Im Hintergrund sieht man schon den Neubau des jetzigen Pfarrhofes entstehen. Wenn man die Architektur vergleicht! Oh weh! Aufnahme: Albert Scheuerer

Hohenkemnath wird erstmals 1283 urkundlich erwähnt. Dr. Mathias Hensch teilte in einer E-Mail vom Donnerstag, 10. Januar 2019 mit, dass das in einer Schenkungsurkunde von 1009 (Kaiser Heinrich II.) erwähnte „Keminata“ nach seiner Ansicht mit Hohenkemnath gleichzusetzen sei. Falls sich diese Hypothese bei weiteren Forschungen erhärten würde, wäre das für das Pfarrdorf eine Sensation.

Die kirchliche Geschichte des Ortes ist eng mit der des Schlosses verbunden. Die Kemnather prägten den Ort. Schon 1286 wird Hohenkemnath als Seelsorgebezirk genannt. Es wird vermutet, dass es sich um eine adelige Eigenkirche handelte. Wahrscheinlich hat sich die Pfarrei Hohenkemnath in der Zeit wischen 1350 und 1412 aus einer Schlosskaplanei entwickelt.

1412 wird mit Pfarrer Johannes, genannt Amann, erstmals ein Pfarrer für Hohenkemnath genannt. Im Register von 1438 werden Hohenkemnath und die jetzige Filiale Erlheim als eigenständige Pfarreien aufgeführt. Es ist anzunehmen, dass die im Mai 1968 abgerissene Sakristei die Schlosskapelle war. Es ist mehr als schade, dass das Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler vom 25. Juni 1973 leider für den Ort fünf Jahre zu spät verabschiedet wurde. Ein romanischer Taufstein aus der Zeit um 1200 dient heute noch seinem Zweck. Er besteht aus einem Halbkugelbecken mit Rundbogenfries am Rand, auf kurzem runden Fuß. Das 1691 errichtete Langhaus der alten Pfarrkirche wurde 1968 abgerissen und durch einen modernen, zeltartigen Neubau ersetzt.

Dieses Ereignis hat Heimatpfleger Josef Schmaußer bis heute nicht verwunden. In Ammerthal und Kümmersbruck sei bei den Neubauten der Kirchen auf die historischen Begebenheiten sehr viel sensibel reagiert worden. 1727 erfolgte eine Erhöhung und Reparatur des Kirchturmdachstuhles. Die Kuppel wurde wahrscheinlich erst 1751 aufgesetzt. Im Staatsarchiv Amberg finden sich zwei sehr interessante Planzeichnungen, die aber beide nicht verwirklicht wurden. Viele wertvolle Einrichtungsgegenstände verschwanden 1968 für immer oder wurden vernichtet.

Die neue Kirche nach Plänen von Architekt J. A. Frank (Schwandorf-München) wurde am 26.Oktober 1969 von Weihbischof Karl Flügel eingeweiht. Ein Maurer erzählte mir, dass beim Abriss der Kirche ein kellerartiges Gewölbe, ähnlich wie in der Kirche Hirschwald, also ein Karner, ein Beinhaus, entdeckt wurde. Wie lautete die Reaktion der „maßgeblichen Herren“? „Schnell weg damit, damit das Denkmalamt uns nicht die Arbeiten einstellt!“ Dieses Verhalten muss man auch heute noch als fast strafwürdig einordnen.

Der Turm im Osten blieb erhalten und birgt noch einige kunstgeschichtliche Sehenswürdigkeiten, wie den Rokokoaltar mit Säulen und geschweiften Streben (Mitte 18. Jht.) und einer eindrucksvollen Darstellung des Patroziniums, Mariä Himmelfahrt (15. August), und einige sehenswerte Grabtafeln der verschiedenen Schlossbesitzerfamilien. In den Jahren 1864/65 ließ Gutsherr von Podewils (der letzte adelige Besitzer des Schlosses) das Altarblatt neu malen. Die zwölf Apostel finden Rosen im leeren Grab der Mutter Gottes vor. Am Gesims findet sich das Wappen der Haller von Hallerstein. Der linke Seitenaltar war einst dem Hl. Josef, der rechte dem Hl Sebastian geweiht.

Einige interessante Grabsteine der Familie Kemnather und der Haller von Hallerstein finden sich noch im Turm. „wolfgang Kemnather - linhart Kemnather“. Außerdem: „Anno dni 1512 ist gestorben am Montag vor pfingste der edel und vest casper Kemnater dem got genedig sey“. Besonders ergreifend ist die Inschrift auf der Grabplatte des Hans Andre Haller von Hallerstein und seiner Frau Sophie: „Steh still allhier - ein Offizier, sein Lauf vollenden täte. Er seufzt zu dir - ach helfe mir - Ein Vater unser bete“.

Das Fragment eines Epitaphs, Relief der Auferstehung Christi in Renaissanceädikula, konnte nach Schmaußers Recherchen im Jahre 2003 dem Amberger Künstler Georg Schweiger zugeordnet werden.

1865 kam auch ein neu geschnitzter Kreuzweg im Nazarener-Stil in die Kirche. Dieser „altmodische“ Kreuzweg sollte entfernt werden und wurde auf meine Anregung renoviert und schmückt noch heute die Kirche. Ansonsten wirkt der zeltartige Bau sehr nüchtern und schmucklos.

Die Orgel der neuen Kirche (Fa. Reinhard Weise aus Plattling) wurde am Sonntag, 18. März 1990, von Weihbischof Karl Flügel geweiht. Zwei Statuen schmücken die Orgel: die Hl. Cäcilia (links) und der Hl. Josef (rechts). Diese beide Heiligenfiguren aus Bronzeguss sind ein Werk des Bildhauers Johannes Potzler aus München.

Im Turm der Kirche befinden sich vier Glocken. Die Marienglocke (730 Kilo), die Josefsglocke (404), die Michaelsglocke (294) und die Donatusglocke (197). Am 4. Mai 1950 wurden die jetzigen vier Glocken geweiht und in den Turm aufgezogen.

Ein großer Einschnitt war der Kirchenneubau (1968)

Am 29. April 1968 wurde mit dem Abbruch des barocken Langhauses und der Sakristei begonen.

Das Ende des Abbruches war am 4. Mai 1968. Am 8. Mai 1968 wurde mit dem Bau des modernen Kirchenschiffes begonnen. Der Architekt war Josef Alfred Frank, Schwandorf. Die Einweihung der neuen Kirche fand am Sonntag, 26. Oktober 1969, durch den aus Amberg stammenden Weihbischof Karl Flügel statt.

Die Madonnenfigur am Altar, geschaffen vom Künstler und Bildhauer Karl Potzler aus München, ließ der vorletzte Pfarrer Pater Marek vor rund zehn Jahren entfernen und durch eine kitschige Fatima-Madonna ersetzen.

Info:

"Wie ein Schwerthieb"

Am kommenden Sonntag gedenkt die Pfarrei Hohenkemnath (Gemeinde Ursensollen/Landkreis Amberg-Sulzbach) mit einem Festgottesdienst mit Weihbischof Josef Graf der Weihe der Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt vor 50 Jahren. Das historische Langhaus der Pfarrkirche aus dem Jahre 1691 mit der alten Sakristei aus dem 13. Jahrhundert war im Mai 1968 abgerissen worden. In den Jahren 1968 und 1969 entstand die jetzige Pfarrkirche „St. Mariä Himmelfahrt. Was viele als Verbesserung sehen, beurteilt der Heimatpfleger der Gemeinde Ursensollen, mit vielen wehmütigen Erinnerungen „belastet“, doch recht kritisch. Ich kenne keinen Ort, der ein derartiges harmonisches Ortsbild vorweisen konnte, wie mein Heimatort Hohenkemnath. Leider wurde das unvergleichliche Ensemble aus Kirche, Pfarrhof, Schloss und Schlossgarten innerhalb von nur sechs Jahren ausradiert. Der Neubau der Kreisstraße AS 15 durch den Ort (ab 1963) teilte den Ort „wie ein Schwerthieb“ (Zitat des ehemaligen Landrates Hans Wagner bei einer Ortsbegehung). Schmaußer zeigt sich dennoch sehr dankbar, dass er als Mitglied der örtlichen Teilnehmergemeinschaft Dorferneuerung Hohenkemnath ab 2002 mithelfen durfte, wenigstens einige Wunden im Dorf zu „heilen“.

Nur der Turm durfte stehen bleiben. Ein Bild aus dem Jahr 1969: Die neue Pfarrkirche entsteht.
Aufnahe: Pfarrer Josef Lobinger Bild: schß
Nur der Turm durfte stehen bleiben. Ein Bild aus dem Jahr 1969: Die neue Pfarrkirche entsteht. Aufnahe: Pfarrer Josef Lobinger
Eine Luftaufnahme aus dem Jahr 1962. Die Welt war noch in Ordnung! Doch die Bauwut setzte in den 1960 er Jahren ein. Im Süden (grüner Punkt) entstand gerade die vierte Schule des Ortes – Im September 1963 wurde sie eröffnet, im April 2008 wurde sie schon wieder abgerissen). Auch der neue Pfarrhof (roter Punkt) wurde in diesem Jahr erbaut. Der historische Pfarrhof aus dem Jahr 1828 verschwand in einem „Raunloch“ (Doline) südlich von Hohenkemnath. Der blaue Punkt markiert die Pfarrkirche. Links davon der riesige Schlossgarten. Die Kreisstraße AS 15 war noch nicht gebaut und führte noch durch den Ort. Schon damals wurde eine Umgehungsstraße südlich um den Ort herum angedacht. Privatinteressen verhinderten diesen weitsichtigen Denkansatz.

Quelle: „Bayerisches Landesvermessungsamt“ (Landesluftbildarchiv des Freistaates Bayern) vom 15. September 1962. „Käuflich erworben“ von Josef Schmaußer Bild: schß
Eine Luftaufnahme aus dem Jahr 1962. Die Welt war noch in Ordnung! Doch die Bauwut setzte in den 1960 er Jahren ein. Im Süden (grüner Punkt) entstand gerade die vierte Schule des Ortes – Im September 1963 wurde sie eröffnet, im April 2008 wurde sie schon wieder abgerissen). Auch der neue Pfarrhof (roter Punkt) wurde in diesem Jahr erbaut. Der historische Pfarrhof aus dem Jahr 1828 verschwand in einem „Raunloch“ (Doline) südlich von Hohenkemnath. Der blaue Punkt markiert die Pfarrkirche. Links davon der riesige Schlossgarten. Die Kreisstraße AS 15 war noch nicht gebaut und führte noch durch den Ort. Schon damals wurde eine Umgehungsstraße südlich um den Ort herum angedacht. Privatinteressen verhinderten diesen weitsichtigen Denkansatz. Quelle: „Bayerisches Landesvermessungsamt“ (Landesluftbildarchiv des Freistaates Bayern) vom 15. September 1962. „Käuflich erworben“ von Josef Schmaußer
Im Morgennebel das jetzige Kirchenumfeld (von Westen gesehen). Bild: schß
Im Morgennebel das jetzige Kirchenumfeld (von Westen gesehen).
Ein historisches Foto des damaligen Ortschronisten Albert Scheuerer: Ein Ortsensemble wie aus dem Bilderbuch: Von links: Das alte Landsassenschloss, das erste Feuerwehrhaus des Ortes, dahinter der riesige Schlossgarten (siehe Bild 1), die Pfarrkirche mit der historischen Sakristei (wahrscheinlich die ehemalige Schlosskapelle) und vorne das Waschhäusl des Pfarrhofes.
Aufnahme: Albert Scheuerer Bild: schß
Ein historisches Foto des damaligen Ortschronisten Albert Scheuerer: Ein Ortsensemble wie aus dem Bilderbuch: Von links: Das alte Landsassenschloss, das erste Feuerwehrhaus des Ortes, dahinter der riesige Schlossgarten (siehe Bild 1), die Pfarrkirche mit der historischen Sakristei (wahrscheinlich die ehemalige Schlosskapelle) und vorne das Waschhäusl des Pfarrhofes. Aufnahme: Albert Scheuerer
Durch die Dorferneuerung Hohenkemnath seit 2002 konnten doch einige Bausünden zurückgebaut und das Ortsbild verbessert werden. Blick vom Kirchturm in Richtung Ursensollen. Vorne links: Der neugestaltete Kirchplatz. Bild: schß
Durch die Dorferneuerung Hohenkemnath seit 2002 konnten doch einige Bausünden zurückgebaut und das Ortsbild verbessert werden. Blick vom Kirchturm in Richtung Ursensollen. Vorne links: Der neugestaltete Kirchplatz.
Pläne aus dem StAA Amberg zum Umbau der Kirche im 18. Jahrhundert.. Signatur „Oberpfälzer Kirchenakten 1085“. Beide Pläne wurden so nicht verwirklicht. Zeit: um 1751
Quelle: StA Amberg Bild: schß
Pläne aus dem StAA Amberg zum Umbau der Kirche im 18. Jahrhundert.. Signatur „Oberpfälzer Kirchenakten 1085“. Beide Pläne wurden so nicht verwirklicht. Zeit: um 1751 Quelle: StA Amberg
 
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