Karlsbad (Karlovy Vary)
13.03.2020 - 18:22 Uhr

Tschechien schließt wegen Corona die Grenzen

Das Coronavirus beeinträchtigt auch den Grenzverkehr zu Tschechien. Die am Donnerstag verkündeten Notstandsregelungen werden am Freitag noch einmal ausgeweitet.

An der Grenze zu Waldsassen. Bild: Hermann Müller
An der Grenze zu Waldsassen.

Seit Donnerstagmittag sind unsere tschechischen Nachbarn in Aufruhr: Zwar hat ihnen Premier Andrej Babis in einer außerordentlichen Pressekonferenz versichert, dass es ausreichend Lebensmittel im Land gebe und bat sie eindringlich, keine Hamsterkäufe zu tätigen. Im folgenden Teil seiner Rede aber verkündete er, dass das Land den nationalen Notstand ausrufe und die Grenzen schließen werde.

Am Freitagmittag gab die Regierung eine Aktualisierung der Maßnahmen heraus, trotzdem bleibt die Situation unklar und die Realität, die tschechische Pendler an den Grenzübergängen erleben, entspricht nicht immer den offiziellen Verlautbarungen. Erste Meldungen nach der Pressekonferenz kündigten die Schließung der Grenzen für die Nacht zum Samstag an. Ein Telefonat mit der Polizei bringt die Information, dass die Grenzen bereits am Freitag ab 14 Uhr geschlossen werden sollen. Das offizielle Statement der tschechischen Regierung von Freitagmittag kündigt dies nun erst für die Nacht von Sonntag auf Montag an.

Die Realität ist: Bereits am Donnerstagabend wurde einem tschechischen Mitarbeiter einer Bayreuther Firma am Grenzübergang Schirnding die Einreise verweigert. Er konnte nicht nachweisen, dass er nur von der Arbeit in Bayreuth und nicht etwa aus Italien komme. Dem Tschechen blieb nur die Rückfahrt nach Bayreuth, wo er zum Glück noch eine Bestätigung von seinem Arbeitgeber bekam, mit der er schließlich doch wieder zurück nach Hause durfte. Andernorts war weit und breit von Grenzkontrollen nichts zu sehen. So fuhren tschechische Pendler bis Freitagmittag etwa in Waldsassen und Bärnau noch unbehelligt über die Grenze. Alle Heimkehrer erhalten seitdem eine automatische SMS, dass sie 14 Tage in häuslicher Quarantäne bleiben müssen. Das gilt ausnahmslos für alle Tschechen an allen Grenzübergängen.

Wer sich nicht daran hält, riskiert einiges: Die Verbreitung des Coronavirus wird als Straftat eingestuft, so dass Zuwiderhandlungen gegen die verordneten Maßnahmen geahndet werden können. In der Meldung von Freitagmittag weitete die Regierung die Einreisesperre auf alle Ausländer aus, am Donnerstag beschränkte man sich noch auf Bürger der deklarierten Risikoländer, darunter auch Deutschland. Tschechische Staatsbürger sowie Ausländer mit dauerhaftem oder vorübergehendem Wohnsitz über 90 Tage dürfen nicht mehr ausreisen, Ausnahmen gelten für Lkw-Fahrer sowie für Berufspendler, die 50 Kilometer hinter der Grenze arbeiten. Ihnen ist der Grenzübertritt erlaubt, allerdings nur mit Bestätigung ihres deutschen Arbeitgebers und nur an bestimmten Grenzübergängen.

Die Armee wird die Polizei bei der Kontrolle der Grenzen unterstützen. Die Zug- und Busverbindungen über die Grenzen werden eingestellt, tschechische Verbindungen enden an der Grenze und kehren dort wieder um. Das Sonntagsfahrverbot für die Lkw-Fahrer wird vorübergehend außer Kraft gesetzt, um dem Transitverkehr eine schnellere Durchreise zu ermöglichen. Auch das öffentliche Leben wird eingeschränkt: Cafés, Bäckereien, Verkaufsmärkte sowie Galerien, Büchereien und Sportstudios müssen schließen. Kneipen, Bars und Restaurants dürfen nur noch eingeschränkt öffnen, alle Veranstaltungen mit über 30 Teilnehmern müssen abgesagt werden und ab Samstag 6 Uhr gilt ein Aufenthaltsverbot in Schwimmbädern, Touristinfos und Sportanlagen.

Die Schließung der Landesgrenzen und die Schließung der bayerischen Schulen führt 30 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs mitunter zu grotesken Szenen: Tschechische Gymnasiasten, die gerade ein Gastschuljahr an bayerischen Gymnasium im Grenzgebiet verbringen, werden von ihren Betreuungslehrern an die Landesgrenze gebracht. Auf der gegenüberliegenden Seite machen sich besorgte Eltern auf den Weg zur Grenze, die nicht wissen, ob sie rüber dürfen, um ihre Kinder abzuholen. Sobald sie ihre Kinder wieder in Empfang nehmen durften, muss die ganze Familie 14 Tage in häusliche Quarantäne.

Hintergrund:

Die Grenzübergänge

Ein Grenzübertritt ist an der Grenze zu Deutschland an folgenden Grenzübergängen möglich:

Krásný Les – Breitenau

Hora Svatého Šebestiána – Reitzenhain

Pomezí nad Ohří – Schirnding

Rozvadov – Waidhaus

Folmava – Furth im Wald

Železná Ruda – Bayerisch Eisenstein

Strážný – Phillipsreuth (zusätzlich für Berufspendler von 5 bis 23 Uhr)

Jiříkov – Neugersdorf

Cínovec – Altenberg

Vojtanov – Schönberg

Všeruby – Eschlkam

 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.