Kastl bei Kemnath
08.09.2025 - 15:59 Uhr

Löschwitzer Wehr rückt mit historischer Spitze zum Kastler Erntedankzug aus

Die Feuerwehr Löschwitz zeigt beim historischen Erntedankzug in Kastl, wie vor 100 Jahren Brände gelöscht wurden. Den damaligen Aktiven wurde bei diesen Einsätzen nicht nur wegen der Hitze des Feuers sehr warm.

Besucher des historischen Erntedankzuges in Kastl haben am Sonntag, 14. September, die seltene Gelegenheit, eine Feuerwehr so zu erleben, wie sie vor über 100 Jahren ausgerückt ist: Die Löschwitzer Brandschützer treten mit einer historischen Handdruckspritze an. „Es ist faszinierend, wie unsere Vorgänger unter härtesten Bedingungen gearbeitet haben. Für uns heute fast unvorstellbar, dass man mit reiner Muskelkraft stundenlang pumpen musste, um den Flammen standzuhalten“, sagt Erwin Lottes, einer der Organisatoren der historischen Truppe.

Seit fast 150 Jahren sind die Feuerwehren fester Bestandteil des Lebens in der Pfarrei Kastl. Sie gründeten sich in Löschwitz, Kastl, Unterbruck, Reuth und Hessenreuth. Bis vor rund 50 Jahren existierte zudem die Feuerwehr Wolframshof-Weha, die später in Kastl aufging. Ob damals mit Handdruckspritze oder heute mit moderner Technik – die Aufgaben sind geblieben: Retten, Löschen, Bergen, Schützen. „Dieser Grundsatz eint uns bis heute“, betont Vorsitzende Theresa Frank.

Geliehene Uniformen

Für den Festumzug haben die Löschwitzer Feuerwehrmänner eine alte Handdruckspritze der Feuerwehr Guttenberg erhalten. Historische Uniformen und ein Signalhorn steuern die Kameraden aus Ahornberg und Burgweinting bei. Doch bevor die Ausrüstung beim Umzug zum Einsatz kommt, hieß es: üben. „Man merkt sofort, wie anstrengend das Pumpen ist. Nach wenigen Minuten brennen die Arme“, erzählt Thorsten Lottes, „aber es macht auch großen Spaß, ein Stück Geschichte lebendig werden zu lassen.“ In Zeiten ohne Motorpumpen, Atemschutz oder moderne Schutzkleidung war die Arbeit gefährlich und kräfteraubend. „Wir wollen den Besuchern zeigen, wie hoch der Einsatz unserer Vorfahren war“, so Lottes weiter.

Ein Blick in die alten Ausgaben der Kemnather Zeitung für Kastl und Umgebung zeigt, wie allgegenwärtig das Feuer früher war. Kaum ein Jahr verging ohne größere Schadensfälle, und fast immer stand das gesamte Hab und Gut einer Familie auf dem Spiel. Am 18. September 1918 brannte in Löschwitz der Stadel des Gütlers Johann Braun nieder. Mittags um zwölf, als viele Männer auf den Feldern waren, schlugen plötzlich die Flammen empor. Nur weil die Löschwitzer Wehr sofort mit ihrer Spritze zur Stelle war, konnte verhindert werden, dass das Feuer auf umliegende Höfe übergriff. Vermutet wurde, dass spielende Kinder das Unglück verursacht hatten.

Sieben Jahre später, in der Nacht vom 6. auf den 7. November 1925, wurde der Hof der Witwe Hoven in Birkhof ein Raub der Flammen. Innerhalb kürzester Zeit stand der gesamte Stadel in hellen Flammen, das eingelagerte Getreide und Heu war verloren. Der Schaden belief sich auf die damals unvorstellbare Summe von 30.000 Mark. Besonders tragisch: Erst zwei Jahre zuvor hatte Frau Hoven schon Mühle und Schneidsäge durch ein Feuer verloren. Diesmal geriet sogar eine Person unter Verdacht, den Brand gelegt zu haben, und wurde ins Gefängnis nach Kemnath eingeliefert.

Bis auf die Grundmauern

Noch verheerender waren die Ereignisse am 16. September 1926 in Senkendorf. Dort griff ein Brand innerhalb einer halben Stunde von der Mühle auf weitere Gebäude über. Wohnhaus, Mühlenanbau, Stadeln und Schupfen wurden vollständig zerstört, und auch das Nachbaranwesen des Ökonomen Ott ging in Flammen auf. Nur weil mehr als ein Dutzend Wehren aus der ganzen Umgebung – von Burkhardsreuth über Kemnath bis Unterbruck – im Eiltempo herbeieilten, konnte das Feuer gestoppt werden.

Besonders dramatisch wurde es im Oktober 1928 in Kastl: Ein nächtlicher Brand erfasste zunächst den Stallboden des Landwirts Baumann und griff dann in Windeseile auf das Nachbaranwesen von Georg Weber über. Beide Häuser brannten bis auf die Grundmauern nieder. Nur durch das rasche Eingreifen vieler Feuerwehren und die Windstille konnte verhindert werden, dass ganz Kastl in Schutt und Asche gelegt wurde. „Wäre nur ein Funke weitergetragen worden, Kastl hätte so ausgesehen wie der zerstörte Marktflecken Luhe“, hieß es damals in den Zeitungen.

Manchmal kam es aber auch zu kuriosen Zwischenfällen. So wurde die Löschwitzer Wehr am 25. Februar 1927 nach Atzmannsberg gerufen. In der Nacht eilten die Männer mit Geräten los, nur um feststellen zu müssen, dass kein Haus, sondern lediglich eine Haselnussstaude in Flammen stand.

Trotz der Gefahren war die Feuerwehr nie nur im Ernstfall aktiv. Schon immer gehörten Feste, Kameradschaftsabende und Ausflüge dazu. „Die Feuerwehr war und ist ein Stück Dorfleben. Man half sich gegenseitig, im Einsatz wie im Alltag“, erinnert sich der ehemalige Kommandant Otto Ackermann.

Beim Erntedankzug in Kastl werden die Männer der Feuerwehr Löschwitz eindrucksvoll zeigen, wie viel Mut und Kraft es früher brauchte, um dem „wütenden Element“ zu trotzen. „Unsere Darstellung beim Festzug ist ein Dank an die Generationen vor uns – und ein Zeichen dafür, dass Tradition und modernes Ehrenamt zusammengehören“, fasst Vorsitzende Theresa Frank zusammen.

 
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