Die Geschichte der Schule in Kastl ist eng mit der Pfarrkirche St. Margaretha verbunden. Schon im Spätmittelalter dürfte es hier eine Pfarrschule gegeben haben – ein für damalige Verhältnisse bedeutender Ort des Lernens. Hinweise auf den Schulbetrieb gibt es bereits aus dem Jahr 1536, als ein Wolfgang Schmeltzl als Lehrer und Kirchengehilfe tätig war. Er lebte im Pfarrhof bei Pfarrer Jakob Amman, bevor er als Schulmeister nach Wien wechselte und dort als Dichter und Komponist Bekanntheit erlangte.
Im 18. Jahrhundert tobte ein jahrelanger Streit um den baulichen Zustand und die Eigentumsverhältnisse des Schulgebäudes in direkter Nachbarschaft zum Pfarrhof und der Pfarrkirche. Besonders eindrucksvoll ist die Beschreibung des Speinsharter Chorherrn Augustin Klier aus dem Jahr 1792: Das Schulhaus sei „gänzlich baufällig und zu bewohnen gefährlich“. Der Dachstuhl faulte, Wasser tropfte von den Wänden – beinahe wäre die herabfallende Zimmerdecke zur Todesfalle für Lehrer und Schüler geworden. Doch statt Einigkeit über eine Sanierung zu erzielen, kam es zu Tumulten, Kostenstreitigkeiten und sogar zur militärischen Exekution gegen zahlungsverweigernde Gemeindemitglieder. Erst 1793 konnte das Gebäude schließlich erweitert werden.
Biersteuer für den Schulhausbau
Im 19. Jahrhundert lernten Kinder aus zahlreichen Ortschaften in der sogenannten Werktags- und Feiertagsschule. Der Unterricht fand in oft überfüllten Räumen statt – 150 Kinder wurden teilweise von nur einem Lehrer betreut. Um Platzprobleme zu lösen, kaufte man sogar das ehemalige Baderhaus (früheres Anwesen Vetter) am Dorfweiher auf und funktionierte es zum zweiten Schulhaus um – mitsamt Gaststube, Fischgrube und Schröpfstube.
Die finanziellen Engpässe der Schulgemeinde führten zu kreativen Maßnahmen. So wurde 1894 zur Schuldentilgung eine lokale Biersteuer eingeführt – mit spürbaren Folgen für den Preis der Mass Bier beim Rapswirt. Die Einnahmen daraus flossen in den Bau eines weiteren Schulhauses in der heutigen Egerlandstraße, das im Sommer 1891 bezogen werden konnte. Eine weitere Lehrerwohnung und ein zusätzlicher Klassenraum entstand – doch die Raumnot blieb ein Dauerthema.
Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs stiegen die Schülerzahlen durch den Zustrom vieler Flüchtlingsfamilien sprunghaft an: 1946/47 besuchten über 300 Kinder die Kastler Schule. Der Unterricht fand im Schichtbetrieb statt, die Ernährungslage war so schlecht, dass 1947 eine Schulspeisung eingeführt wurde. Trotz aller Not sorgten Lehrer, Schüler und Eltern gemeinsam für Verbesserungen: von den Kindern wurden Beeren gesammelt, um Bücher und Einrichtungsgegenstände kaufen zu können.
Jeden Tag barfuß zur Schule
Noch gut erinnern kann sich zum Beispiel Hans Zeitler aus Neuenreuth. Von ihm ist ein Bild aus seiner frühen Schulzeit in Kastl erhalten geblieben. Es zeigt den Schulbuben mit Lederhose, Hemd und der Schultasche auf dem Rücken, barfuß, mit schmutzigen Füßen auf den Stufen des damaligen Treppenaufgangs zur Kirche. Bei Wind und Wetter musste er von der ersten bis zur vierten Klasse fast täglich zu Fuß von Neuenreuth nach Kastl gehen – egal ob frühmorgens oder spätnachmittags und, wenn’s sein musste, am Abend noch einmal, wenn Gottesdienst oder eine andere Veranstaltung war.
In den 1950er Jahren setzte sich der damalige Bürgermeister Hans Wagner energisch für einen Schulhausneubau ein. 1963 erfolgte der Spatenstich, zwei Jahre später wurde das neue Schulgebäude in der heutigen Schulstraße eingeweiht. Es bot Platz für sechs Klassen und war mit Gymnastikraum, Fachräumen und moderner Ausstattung nach ganz langer Zeit ein großer Schritt nach vorn. Doch mit der Einführung des neunten Schuljahres und wachsendem Lehrermangel wurde 1969 die Hauptschule nach Kemnath ausgelagert.
Ab 1972 wurden auch die Grundschulklassen von Kastl der Stadt Kemnath unterstellt, indem ein gemeinsamer Schulverband gegründet wurde. Trotz des Widerstands in der Gemeinde bewährte sich das Modell: Jedes Schuljahr erhielt eine eigene Klasse, und der Standort Kastl blieb durch die Auslagerung von Grundschulklassen von Kemnath nach Kastl dauerhaft erhalten. Die sechs Räume des Gebäudes waren weiterhin mit Leben gefüllt – bis heute besuchen Kinder aus der Gemeinde Kastl, Kemnath, Kaibitz und Löschwitz hier die Grundschule.
2002 umfassend saniert
Im Jahr 2002 erfolgte eine umfassende Sanierung des Schulgebäudes: Neue Fenster, Heizung, Elektrik, sanitäre Anlagen, Fluchtwege und eine moderne Netzwerkverkabelung brachten die Schule auf den neuesten Stand. In enger Zusammenarbeit mit dem Freistaat Bayern wurde ein Lernort geschaffen, der heutigen Anforderungen an zeitgemäße Bildung gerecht wird. Die bewegte Geschichte wird am 14. September beim historischen Erntedankzug in Kastl wieder lebendig: Eine historische Schulklasse mit 26 Kindern wird zusammen mit Anna Feibert als Fräulein Lehrerin und Gerhard Gresik als Lehrer den Wandel der Bildung anschaulich darstellen – mit Schiefertafeln, Schulranzen aus Leder und strengen Blicken des „Herrn Oberlehrer“.
Im Vorfeld des Festumzugs initiierte Festausschussleiter Arno Stahl ein historisches Gruppenbild der Schulkindgruppe sowie mit den „Lehrkräften“. Damit will man nicht nur das Ensemble dokumentieren, sondern auch an die Kinder von damals erinnern, von denen noch heute alte Schulbilder – teils über 100 Jahre alt – erhalten geblieben sind. Schulklassen mit über 40 Kindern und mehr, Kinder mit schmalen Gesichtern, ohne Schuhe und oft ernsten Blicken, die deutlich machen, wie sehr das harte Dorfleben und die Arbeit in der Landwirtschaft schon die Jüngsten prägten.
Am Sonntag, 14. September, lädt die Pfarrei Kastl gemeinsam mit der Gemeinde zu einem großen Festumzug ein, der das ländliche Leben früherer Zeiten in all seinen Facetten widerspiegelt – von der Heuernte über das Handwerk bis hin zum Schulalltag vergangener Generationen. Die historischen Darstellungen, die festlich geschmückten Wägen, die Musik und das Miteinander sollen diesen Tag zu einem Erlebnis für Jung und Alt machen. Weitere Informationen zum Festprogramm unter www.erntedankfest-kastl.de
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