Die fast 130 Jahre alte Fahne der Krieger- und Soldatenkameradschaft Kastl hat eine bewegte Geschichte. Nach langen Überlegungen übergab sie der Verein im Jahr 2020 zur Restaurierung an die Firma Fahnen Kössinger in Schierling. Im Mai 2021 erhielt er sie wieder zurück, heißt es in einer Mitteilung des Vereins. Es wurde ein neuer Grundstoff eingezogen, um den vorhandenen Stoff zu stärken. Die Motive wurden herausgetrennt und neu gestickt sowie anschließend auf den neuen Grundstoff übertragen. Außerdem wurden neue Motive hinzugefügt, die wahrscheinlich in der ursprünglichen Fassung vorhanden waren.
Die Borten und Fransen wurden erneuert und die Fahnenstange wurde abgeschliffen und neu gestrichen. Eine weitere Besonderheit waren die aufwendige Polierung und das Neueinlassen des Löwen mit dem bayerischen Rautenbanner und dem Schwert auf der Spitze. „Die restaurierte Fahne ist nicht nur ein wichtiges Symbol für unsere Kameradschaft, sondern auch ein Stück Geschichte, das wir bewahren und in Ehren halten wollen“, sagt Vorsitzender Michael Pühl. Die Restaurierung der Fahne kostete insgesamt 7500 Euro. Ausdrücklich dankt der Vorsitzende allen Spendern, Unterstützern und Helfern. Zugleich lobt er die erstklassige Arbeit der Firma Kössinger.
Die restaurierte Fahne wird am Samstag, 22. April, im Gedenkgottesdienst zum 100-jährigen Bestehen des Kriegerdenkmals auf dem Dorfplatz neu gesegnet. Hierzu findet um 17.15 Uhr ein Kirchenzug vom Festplatz zum Dorfplatz mit allen Vereinen der Pfarrei statt. Um 17.30 Uhr folgt ein Festgottesdienst vor dem Kriegerdenkmal mit Militärvikar Monsignore Reinhold Bartmann und Pfarrer Heribert Stretz.
100 Bittgesuche verschickt
Nur mit größten Anstrengungen war es der Krieger- und Soldatenkameradschaft im Jahr 1894 möglich, eine eigene Fahne anzuschaffen. "Denn bei einem armen und noch so jungen Verein ein Solches zu wagen ist keine Kleinigkeit; auf die Mitgliederbeiträge konnte absolut nicht gerechnet werden, weil meistens arme Arbeiter den Verein bilden", notierte der damalige Schriftführer im Protokollbuch. So wurden fast 100 Bittgesuche ausgearbeitet und an die "Königlichen Hoheiten, Generäle, Geschäfts- und Kaufleute" verschickt. Mit Erfolg - die Fahne konnte im Februar 1894 bestellt werden. Die "Hochwohlgeborene Freifrau Flora von Lindenfels aus Wolframshof" war nicht nur die größte Wohltäterin, sie war es auch, die sich wohl im Wesentlichen um den Entwurf für die Fahne gekümmert hat. Angefertigt wurde sie in Michelfeld. "Es wurde über die Anschaffung einer Vereinsfahne gesprochen und ausgemacht, dass die schönere von den vorgelegten Mustern, und mit vergoldetem Löwen zu 300 Mark, bestellt werden soll", heißt es im Protokollbuch im Januar 1894. Bereits am 11. März konnte die neue Fahne in der Monatsversammlung besichtigt werden. Aus Dank für die große Unterstützung wurde Freifrau Flora von Lindenfels zur Ehrendame des Vereins ernannt. Dieser Vorgang ist deshalb bemerkenswert, weil sich der Verein nur wenige Monate zuvor dafür ausgesprochen hatte, keine Ehrenmitglieder zu ernennen.
Erst im Mai 1894 wurde beschlossen, dass die Fahnenweihe am 8. Juli des Jahres stattfinden soll. Neben einer zwölf Mann starken "Abtheilung des königlich Bayerischen 7. Infanterie Regiments aus Bayreuth", die für 200 Mark engagiert wurde, kamen von 30 geladenen Vereinen 21, mit 14 Fahnen. Rund 800 Personen beteiligten sich am Festzug zur Fahnenweihe. Der Festplatz befand sich im Garten von Johann Baumann. Damals, am Ortseingang in Richtung Kemnath, wo heute die Von-Lindenfels-Straße in Richtung Wolframshof abzweigt. Die Weihe der Fahne fand in einem Feldgottesdienst auf dem "Marianger" vor dem dort stehenden Feldkreuz statt. Diese Wiese befand sich auf dem Weg nach Unterbruck, wo heute noch das Kreuz beim Anwesen Manfred Raps steht. Drei Tage vor dem Fest wurde mit dem Aufbau im "Schmidtgarten" begonnen. So wurden neben einer Tribüne zahlreiche Fahnen und Bierbuden aufgestellt. Das Laubwerk wurde mit weiß-blauen Girlanden und ebensolchen Fähnchen verziert. Ferner standen zu beiden Seiten zwei Kürassier-Reiterbilder als Wache.
Die Mitglieder stellten im ganzen Dorf bis zum Kreuz am "Marianger" Birken auf. Zudem fanden sich in Kastl viele Triumphbögen sowie an den Dorfeingängen "Empfangsbögen".
Auftakt damals mit Böllerschüssen
Mit Böllerschüssen wurde das Fest am Vortag gegen 14 Uhr eingeläutet. Nach einem Aufenthalt im Vereinslokal fand auf dem Festplatz ein Zapfenstreich statt. Danach ging es in den Gasthäusern weiter. Am Festtag selbst "krachten morgens um 5 Böllerschüsse durch die Luft". Den Festzug gegen Mittag führte die Feuerwehr Kastl an. Am "Weiheplatz" vollzog Pfarrer Meisel die Weihe der Fahne. Nach dem Gottesdienst setzte sich der Festzug in Richtung Hauptstraße und Festplatz in Bewegung. Am Nachmittag erfolgte ein zweiter Festzug nach Wolframshof. Von dort ging es wieder zurück zum Festplatz, wo Oberlehrer Blümert eine "wundervolle Rede" hielt. Die Feierlichkeiten gingen bis tief in die Nacht.
Am Montagmorgen folgten ein weiterer Festgottesdienst für gefallene und verstorbene Kameraden, ein Frühschoppen auf dem Festplatz und Mittagessen in den Gasthäusern. Am Nachmittag ging das Fest weiter: "Auf allen Tischen war ein heiteres frohes Leben und trotz der großen Menschenmenge kam die zwei Festtage auf dem Festplatze kein Streitwort über eine Lippe. Und wieder lobend, wie am ersten Festtage, verließen die Festgäste den Festplatz", heißt es weiter im Eintrag von "Dötsch, erster Vorsitzender, und Stahl, Schriftführer".













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