Es ist eine Geschichte wie im Bilderbuch: 2011 machten sich drei junge Mütter mit ihren Babys und Kleinkindern auf den Weg ins Rathaus zu Werner Nickl. Corinna Schletz, Kathrin Karban-Völkl und Jessika Wöhrl-Neuber wünschten sich einen lebendigen Versammlungsort für die Generationen. Diese Begegnungsstätte sollte offen für alle sein, unabhängig von Konfession, politischer Einstellung und Nationalität. Die Besucher sollten mit niedrigschwelligen Hilfsangeboten ein offenes Ohr für ihre Sorgen und Nöte bekommen. Unterstützt hatte die Idee Marianne Fütterer von der Koordinierungsstelle Frühe Hilfen (KoKi).
Der damalige Bürgermeister Werner Nickl erkannte die Vorteile einer derartigen Einrichtung für Kemnath. Er stellte den drei Frauen eine leerstehende Wohnung im alten Rathaus zur Verfügung. Der Kinderschutzbund mit Vorsitzender Jutta Deiml übernahm die Trägerschaft für das Familienzentrum Mittendrin. Viele ehrenamtliche Mitarbeiter engagierten sich. Am Sonntag, 25. März 2012 wurde das Familienzentrum Mittendrin mit einem bunten Familienfest eröffnet.
Nach drei Jahren neuer Träger
Anfangs gab es offene Angebote wie das Familienfrühstück und das -café, Vorträge und Gruppentreffen. Im Lauf der Zeit kamen weitere Kooperationspartner, Referentinnen, ehrenamtliche Mithelferinnen und -helfer dazu. Nach drei Jahren konnte das Zentrum nicht mehr rein ehrenamtlich gestemmt werden. Deshalb übernahm die Stadt Kemnath die Trägerschaft und es wurde eine Stelle mit zehn Stunden für eine hauptamtliche Mitarbeiterin geschaffen.
Diplom-Sozialpädagogin (FH) Jessika Wöhrl-Neuber kündigte ihre Arbeitsstelle in Bayreuth und übernahm die Leitung des Familienzentrums Mittendrin. Das Jubiläum jetzt ist auch ein wenig ihr persönlicher "Geburtstag". Seit 10 Jahren leitet sie das Mittendrin mit ihrem hauptamtlichen und ehrenamtlichen Team.
Eine große Herausforderung brachte das Jahr 2015, als viele Migranten in die Stadt kamen. Als Reaktion darauf stellte das Mittendrin die Aktion "Kemnath hilft zamm" auf die Beine. Unter anderem wurden verschiedene Deutschkurse angeboten und eine Kleiderkammer eingerichtet.
Als weitere Hilfe konnte Deborah Bregler auf einem Inklusionsarbeitsplatz in Teilzeit für das Mittendrin und die Stadtbücherei eingestellt werden. Ein weiterer Schritt war das Inklusionsprojekt "Kemnaths KinderKunst", das in Zusammenarbeit mit dem Atelier "Rote Katze" Bayreuth ins Leben gerufen wurde.
Es kamen immer mehr Kurse dazu, der Einzugsbereich stieg stetig an. Durch großzügige Spenden konnten neue Projekte wie das das Reparaturcafé und Trommelworkshops mit Kindern mehrerer Nationen realisiert werden. Das Mittendrin war Mitveranstalter bei Benefiz-Konzerten, feierte interkulturelle Feste und sammelte Brautkleider für Kenia. Die Stillstunde oder der Tragetreff boten praktische Hilfen für die Mütter an. Selbsthilfegruppen begannen, sich regelmäßig im Mittendrin zu treffen.
Da die anfallende Organisationsarbeit nicht mehr allein zu bewältigen war, wurde Kerstin Graf eingestellt. Das berufliche Netzwerk für Frauen "WeiberWerk" wurde gegründet. Die Ehrenamtlichen nutzten das Mittendrin für Spieleabende. Ein Aquarellmalkurs sowie andere kreative Angebote für Klein und Groß brachten Farbe ins Haus.
Die Corona-Pandemie ab März 2020 bedeutete einen großen Einschnitt, da die Räume plötzlich nicht mehr genutzt werden konnten. Der familiäre Charakter wurde wegen der Mindestabstände zum großen Problem. Nur bedingt war es möglich, wieder zu Veranstaltungen einzuladen. Doch die Pandemie hatte auch einen Vorteil: Ein großer Teil des Angebots wurde aus der Not heraus digitalisiert, Vorträge konnten so online "ins Wohnzimmer" gebracht werden. Das Konzept ging auf: Allein 2021 gab 129 Online-Kurse.
In der Pandemie blieb das Mittendrin aber weiterhin ein wichtiger Ansprechpartner. Das belegen unzählige Telefonate mit Eltern, die in dieser schwierigen Zeit Unterstützung brauchten. Der virtuelle Raum und das Telefon ersetzen aber nicht die persönlichen Kontakte. Deshalb hofft das gesamte Team, dass wieder mehr Leben im Mittendrin möglich sein wird.
Feier ein halbes Jahr später
Die Geburtstagsparty wird wegen der Pandemielage um ein halbes Jahr nach hinten verschoben. Schon jetzt laden die Verantwortlichen zum Familienfest am Sonntag, 25. September, rund ums Mittendrin ein. Nach dem Fest heißt es langsam Abschied nehmen vom Standort im alten Rathaus. Das Familienzentrum wird nach Abschluss der Generalsanierung im Jahr 2023 ins ehemalige Lenzbräu-Gebäude einziehen als neues interkulturelles Familien- und Bürgerzentrum.
Das Familien- und Bürgerzentrum Mittendrin
- Eröffnung: Sonntag, 25. März 2012
- Trägerschaft: zunächst Kinderschutzbund Kemnath, seit 2015 Stadt Kemnath
- Standort: Altes Rathaus Kemnath, Rathausplatz 1
- Personal: hauptamtlich Leiterin Jessika Wöhrl-Neuber, Kerstin Graf und Deborah Bregler, ehrenamtlich über 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
- Angebote: unter anderem Vorträge (zum Beispiel beim Themenfrühstück), Selbsthilfegruppen, Rundum-sorglos-Paket für junge Familien, Familiencafé, Inklusionsprojekt für Kinder, Aquarellmalkurs
- Kontakt: Telefon 09642/7033800; E-Mail team[at]mittendrin-kemnath[dot]de













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