Kemnath
15.03.2021 - 14:46 Uhr

Frauen sind in Coronakrise nicht allein

Sich gegenseitig austauschen, unterstützen, Impulse geben, Netzwerke knüpfen und einen schönen Abend verbringen: Die Organisatorinnen eines Online-Aktionsabends für Frauen aus der Region rund um Kemnath hatten sich viel vorgenommen.

Auch Elke Büdenbender, Ehefrau von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, sprach per Video-Botschaft zu den Teilnehmerinnen. Screenshot: Familienzentrum Mittendrin/exb
Auch Elke Büdenbender, Ehefrau von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, sprach per Video-Botschaft zu den Teilnehmerinnen.

Zu einem Online-Aktionsabend unter dem Motto "Frauen in der Corona-Krise - gemeinsam sind wir stärker!" hatten sich knapp 50 Frauen aus der Region und darüber hinaus angemeldet. Für die Initiatorinnen des Familienzentrums Mittendrin der Stadt Kemnath und des"Weiberwerks, dem beruflichen Netzwerk für Frauen, standen der unkonplizierte Austausch und die gegenseitige Unterstützung im Mittelpunkt der Veranstaltung.

Dass das hervorragend gelungen ist, zeigen die Rückmeldung der begeisterten Teilnehmerinnen. Die lobten nicht nur das sehr interessante Programm, sondern auch die tolle Atmosphäre und den technisch beeindruckenden und reibungslosen Ablauf. "Ich habe schon viele digitale Veranstaltungen erlebt, aber diese war mit Abstand die am besten organisierte!" oder "Die Idee mit dem Speednetworking war genial. Das habe ich vorher noch auf keiner Veranstaltung so erlebt." lauteten nur beispielsweise zwei der Rückmeldungen.

Die technische Umsetzung der Veranstaltung hatten Christina Wolf und Gabriele Hörnig, zwei Frauen aus dem "Weiberwerk", in die Hand genommen. Damit trugen sie maßgeblich zum Erfolg der Veranstaltung bei. Die Begrüßung der Teilnehmerinnen hatten an diesen Abend Elisabeth Bayer, eine der Gründerinnen des "Weiberwerks", und Jessika Wöhrl-Neuber, Leiterin des Familienzentrums Mittendrin, übernommen. Sie erläuterten den Ablauf und dankten für die finanzielle Förderung durch das Bundesprogramm "Demokratie leben!" mit Koordinatorin Sonja Schmid spwoe für die Unterstützung durch die Stadt Kemnath. Schirmherrin und Dritte Bürgermeisterin Katharina Hage sprach ein Grußwort.

Grußwort von First Lady

Die Veranstalterinnen waren besonders stolz darauf, den Teilnehmerinnen zwei persönliche Video-Grußworte zum Thema präsentieren zu können, die in Berlin extra für den Austausch in Kemnath aufgezeichnet wurden. Ein Beitrag stammte von der bekannten Soziologin Prof. Dr. Jutta Allmendinger. "In der öffentlichen Diskussion werden leider nur die Vorteile des Homeoffice gesehen und die Nachteile übersehen", beklagte sich die Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung und Professorin an der Humboldt-Universität Berlin. Sehr gut angekommen ist auch das virtuelle Grußwort von Elke Büdenbender. Die Ehefrau von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bewies eindrucksvoll, dass sie das Thema des Abend sehr ernst nimmt. „Unser Alltag ist längst zu einem Kompromiss aus digitaler und konventioneller Organisation geworden“, begann die „First Lady“. In einer zunehmend digitalisierten Welt scheine es für jedes Problem eine vermeintlich schnelle Lösung zu geben. In der Corona-Pandemie sei Homeoffice in aller Munde. Nicht nur in der Arbeitswelt, auch im Privatleben seien gewohnte Abläufe digitalisiert worden. Vielfach sei in der Öffentlichkeit diskutiert worden, dass man Homeoffice und Homeschooling nicht parallel gerecht werden könne. Beides sei gleichzeitig kaum möglich. Verkannt worden sei aber, dass viele Menschen gar nicht die Wahl haben. In 65 Prozent aller Haushalte von Alleinerziehenden und in über 40 Prozent aller Partnerhaushalte gingen Elternteile einem Beruf nach, der mit dem Arbeiten im Homeoffice gar nicht kompatibel sei, wusste Büdenbender.

In diesen Fällen sei es sehr wahrscheinlich, dass Arbeitsstunden reduziert werden müssen, um Beruf und Kindern gerecht zu werden. Oft arbeiteten Frauen in Teilzeit in meist schlecht bezahlten, aber paradoxerweise sehr systemrelevanten Jobs. Sie müssten ihre Arbeitszeit und damit ihr Einkommen reduzieren. „Das ist ein Zustand, der sich dringend ändern muss.“

Dazu haben Mütter zu oft noch die Familienarbeit mit Putzen, Kochen, Fahrdiensten, Hausaufgabenbetreuung und manchmal auch die Pflege der Großeltern zu stemmen. Die Corona-Pandemie hat laut der Rednerin deutlich gezeigt, wie es um die Gleichberechtigung der Geschlechter bestellt ist. Der Anteil der Frauen unter den Geringverdienern sei auch vor der Pandemie schon höher als der von Männern gewesen. Das höhere Gehalt der Männer bedinge, dass Frauen eher die Erwerbsarbeit reduzieren und sich um Haushalt und Familie kümmern.

Die Vereinbarung von Beruf und Familie sei bei Frauen immer noch schwierig. Es sollte selbstverständlich sein, dass Frauen sich ebenso verwirklichen können wie Männer. Die Eltern sollten Partner sein, die sich das gegenseitig ermöglichen, meinte die Referentin. „Wir müssen es schaffen, von herkömmlichen Denkmustern abzurücken.“

Arbeitskultur ändern

Frauen und Männer sollten sich zu gleichen Teilen an der Haushaltsführung beteiligen. Um die Gleichberechtigung zu erreichen, muss sich auch die Arbeitskultur in den Betrieben ändern. „Wir brauchen Offenheit im Denken und im Handeln“, betonte Büdenbender.

Am Ende ihrer Ausführungen machte sie dem Familienzentrum Mittendrin ein großes Kompliment. Es sei Ort, an dem sich viele kompetente Menschen begegnen und austauschen, auch über die vielfältigen Herausforderungen im Alltag. „Ich finde es großartig, dass hier niemand allein gelassen wird“, lobte sie. Anerkennende Worte fand sie auch für das „Weiberwerk“.Mit ihr und Deutschlands "First Lady" Elke Büdenbender hatten die Frauen zwei prominente Mitstreiterinnen an ihrer Seite, die ihnen Mut machten und viel Anerkennung für ihr Engagement zollten.

Im Anschluss an die Grußworte hatten die Teilnehmerinnen die Gelegenheit, sich in zwei Speednetworking-Runden besser kennenzulernen. Dabei wurden per Zufallsprinzip alle Frauen in Zweiergruppen automatisch in separate digitale Räume geleitet, wo sie sich im Einzelgespräch austauschen konnten. Anna Fichtl, ebenfalls eine Organisatorin des Abends, leitete dann zur sogenannten "Break-Out-Session" über. In Kleingruppen und eigenen digitalen Räumen wurden dabei unterschiedliche Themenschwerpunkte bearbeitet.

Den Initiatorinnen war es wichtig, möglichst viele Frauen in unterschiedlichen Lebenssituationen zu berücksichtigen. Daher konnten diese vorab aus sieben Themen das für sie passende wählen. Die sieben Bereiche waren: Working Parents, Alleinerziehend den Alltag meistern, Sozialkontakte aufrecht erhalten, Rückschritt in der Gleichberechtigung, Karriere während der Pandemie, Existenzfragen und Work-Life-Balance.

Auftritt von Kabarettistin

Die Teilnehmerinnen tauschten sich intensiv über die Herausforderungen aufgrund der Pandemie aus, bestärkten sich gegenseitig und entwickelten auch gemeinsam konkrete Lösungsansätze und Ideen. Alle "Aha-Momente" der Gruppenarbeit wurden danach gemeinsam besprochen und schriftlich auf einem digitalen Conceptboard zusammengefasst.

Den Abend rundete der Live-Auftritt der Regensburger Kabarettistin Inge Faes-Wagner ab, die mit ihrem schlagfertigen Humor für ausgelassene Stimmung sorgte. Auch für sie war es außergewöhnlich, bei einer Online-Veranstaltung live vor Publikum zu spielen. Sie zeigte sich begeistert über die technische Umsetzung und die großartige Atmosphäre.

,"Weiberwerk"-Mitbegründerin Jennifer Reber dankte allen Frauen für die gelungene Veranstaltung und lud zum Ausklang an eine virtuelle Bar ein. Dort entstanden im Gespräch schon Ideen für weitere digitale Veranstaltungen. Die Organisatorinnen freuen sich immer über neue Frauen, die Teil des beruflichen Netzwerk "WeiberWerk" sein möchten. Interessentinnen melden sich bei Kerstin Graf oder Jessika Wöhrl-Neuber im Familienzentrum Mittendrin, Telefon 0 96 42 / 703 38 00 oder per E-Mail an team[at]mittendrin-kemnath[dot]de.

 
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