Kemnath
21.10.2018 - 15:20 Uhr

Musikalische Glanzlichter

"Musik ist Trumpf" - das hätte auch das offizielle Motto des Abends sein können. So war aber das bekannte Lied aus der gleichnamigen Fernsehshow mit Peter Frankenfeld betitelt, das die Stadtkapelle Kemnath am Samstagabend zum Besten gibt.

Mit seinen überwiegend bayerisch-böhmischen Stücken setzt auch die Stadtkapelle Kemnath um Leiter René Pascal Bauer musikalische Akzente. Bild: stg
Mit seinen überwiegend bayerisch-böhmischen Stücken setzt auch die Stadtkapelle Kemnath um Leiter René Pascal Bauer musikalische Akzente.

Wenn dann auch noch langbeinige Tänzerinnen von einer Showtreppe heruntergegangen wären, dann hätte es wohl keinen überrascht. Mit einem schlichtweg grandiosen Konzert der Stadtkapelle Kemnath sowie des SVEA-Orchesters aus Zagorje ob Savi fanden die Feierlichkeiten zum Partnerschaftsjubiläum Kemnaths mit Zagorje ob Savi, Nepomuk und dem 709th Military Police Battalion ihren krönenden Schlusspunkt.

Blasmusik vom Feinsten dominierte über zwei Stunden lang in der Kemnather Mehrzweckhalle. Wermutstropfen des Abends: Der beschämend spärliche Besuch der Kulturveranstaltung durch die Kemnather Bevölkerung. Die beiden Musikformationen nahmen die Zuhörer mit auf eine musikalische Reise von Jazz über Bayerisch-Böhmisch und Oberkrainisch bis hin zu Pop und Rock. Charmant durch das Programm führte Elena Rodler. Der erste Teil des Abends gehörte der Stadtkapelle, nach der Pause folgte das SVEA-Orchester.

Den Auftakt machte der schwungvolle "Kaiserin-Sissi-Marsch" von Timo Dellweg, eine fast schon majestätisch wirkende Begrüßung des Publikums. Nicht weniger überzeugend war die anschließende Polka "Ein junger Egerländer" im typisch böhmisch-bayerischen Stil. Zweifellos zeigten sich die Musiker der Stadtkapelle und ihr Dirigent René Pascal Bauer an diesem Abend bestens aufgelegt, und konnten auch solche Zuhörer überzeugen, die mit Blasmusik eher wenig "am Hut haben". Entsprechend setzte das Ensemble viele musikalische Akzente, was auch beim Konzertwalzer "Ein Abend am Meer", der "Polka ins Glück" und der vor Lebensfreude sprießenden Komposition "Samba Tequila" deutlich wurde.

"Time after Time", "Thriller", "Up where we belong" oder "Eye oft he tiger" verbindet man auf den ersten Blick nicht unbedingt mit einem Blasorchester. Doch die Stadtkapelle hat eindrucksvoll bewiesen, dass dieses Medley "Eigthies Flashback" exzellent ins Repertoire der Künstler passt.

Wer das SVEA-Orchester aus der slowenischen Partnerstadt Zagorje ob Savi bereits in der Vergangenheit erlebt hatte, der konnte sich zu Recht auf hochklassig dargebotene Arrangements freuen. Kraftvoll, voluminös und dennoch mit einer großen Leichtigkeit im Spiel setzten sich die 45 Musiker unter der Leitung von Peter Kuder in Szene.

Was dann folgte, wird am besten mit der Bezeichnung "musikalische Demonstration" verständlich. Da wurde die Olympiahymne "The Olympic Spirit" aus dem Jahr 1988 angestimmt, gefolgt von einem exklusiven viergliedrigen George-Gershwin-Tribute, bei dem unter anderem "Summertime" nicht fehlen durfte. Auch der folgende "musikalische Dreikampf", wie es die Moderatorin nannte, aus den Disziplinen Ragtime, Dixieland und Mambo kam bei den Zuhörern bestens an: Der im Original von Billy Joel auf dem Klavier eingespielte "Root Beer Rag" konnte auch in seiner orchestralen Variante auf ganzer Linie überzeugen.

Neben dem Gesamtorchester stachen aber auch die Leistungen der Solisten heraus - Sängerin Neva Hafner und Luka Tomazin an der Tuba spielten und sangen sich in die Herzen der Zuhörer und bekamen auch entsprechenden Applaus. Und natürlich: Wenn schon ein slowenisches Blasorchester zu Gast ist, dann darf natürlich der typische Oberkrainer-Sound eines Slavko Avsenik nicht fehlen. Die Begeisterung der Besucher war grenzenlos. Und ganz am Ende des Abends standen die Stadtkapelle und das SVEA-Orchester noch gemeinsam auf der Bühne: "Prijatelji, ostanimo prijatelji" - Freude, wir bleiben Freunde!" Ein krönender Abschluss für das Jubiläumskonzert.

Dirigent Peter Kuder (stehend) spornt das bereits mehrfach international ausgezeichnete SVEA-Orchester aus der slowenischen Partnerstadt Zagorje ob Savi auch in Kemnath zu musikalischen Höchstleistungen an. Bild: stg
Dirigent Peter Kuder (stehend) spornt das bereits mehrfach international ausgezeichnete SVEA-Orchester aus der slowenischen Partnerstadt Zagorje ob Savi auch in Kemnath zu musikalischen Höchstleistungen an.
Mit seinen überwiegend bayerisch-böhmischen Stücken setzt auch die Stadtkapelle Kemnath um Leiter René Pascal Bauer musikalische Akzente. Bild: stg
Mit seinen überwiegend bayerisch-böhmischen Stücken setzt auch die Stadtkapelle Kemnath um Leiter René Pascal Bauer musikalische Akzente.
Dirigent Peter Kuder (stehend) spornt das bereits mehrfach international ausgezeichnete SVEA-Orchester aus der slowenischen Partnerstadt Zagorje ob Savi auch in Kemnath zu musikalischen Höchstleistungen an. Bild: stg
Dirigent Peter Kuder (stehend) spornt das bereits mehrfach international ausgezeichnete SVEA-Orchester aus der slowenischen Partnerstadt Zagorje ob Savi auch in Kemnath zu musikalischen Höchstleistungen an.
Kommentar:

Fast schon ignorant

Ein Orchester, das international unterwegs ist und schon verschiedene Auszeichnungen gewonnen hat, kommt in die Stadt und spielt auch noch bei kostenlosem Eintritt. Noch dazu kommt es aus der knapp 700 Kilometer entfernten Partnerstadt in Slowenien. Da stehen die interessierten Zuhörer Schlange, möchte man meinen. Weit gefehlt, wie man am Samstagabend in Kemnath leider erleben muss. Zieht man alle Musiker des Abends und die „Offiziellen“ ab, dann bleiben gerade mal 100 Besucher in der Mehrzweckhalle übrig. Und wenn man sich dann auch noch die Nicht-Kemnather wegdenkt, dann wird es wirklich beschämend. Bürgermeister Werner Nickl drückt es in seiner Begrüßung zwar diplomatischer, aber nicht weniger deutlich aus.
Dass Kemnath für kulturelle Veranstaltungen jenseits von Günter Grunwald und Michl Müller als schwieriges Pflaster gilt, ist mittlerweile hinlänglich bekannt. Klar kann man am Samstagabend lieber Dieter Bohlens „Das Supertalent“ oder Eltons „Alle gegen einen“ im Fernsehen anschauen. Und natürlich kann man auch niemanden zu einem kompletten Konzert mit echter handgemachter Live-Musik hinprügeln. Dass eine hochklassige Kulturveranstaltung allerdings so wenig Zuspruch bekommt, grenzt schon an Ignoranz.

Holger Stiegler

 
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