Kirchenthumbach
13.04.2020 - 15:40 Uhr

Coronakrise: Kirchenthumbach statt Bhaktapur

Eigentlich wollte Martin Kohl, Vorsitzender des Vereins "Wiederaufbau Bhaktapur", aktuell in Nepal sein, um dort Leben zu retten. Doch wegen der Coronakrise kann der Kirchenthumbacher im April nicht im Flieger sitzen.

So sah es auf dem wichtigsten Plätzen in Bhaktapur vor der Ausgangssperre aus. Bild: ü
So sah es auf dem wichtigsten Plätzen in Bhaktapur vor der Ausgangssperre aus.

Martin Kohl musste seine Reise nach Bhaktapur in Népal stornieren. Denn die Corona-Pandemie nimmt auch keine Rücksicht auf dringend nötige Hilfsmaßnahmen. In Nepal wollte Kohl die Installation fünf weiterer lebensnotwendiger Trinkwasseraufbereitungsanlagen, sogenannter"Pauls", organisieren. Doch das Virus macht auch vor Südasien nicht Halt.

Nach Informationen von Kohl gilt in Nepal seit 24. März ein striktes Ausgangsverbot, wo die meisten Menschen auf engstem Raum leben. Es sei für ihn kaum vorstellbar, dass diese Maßnahmen längere Zeit durchsetzbar sind. Im Normalfall spielte sich das Leben in Bhaktapur auf den Straßen und Plätzen ab. Viele Menschen lebten von der Hand in den Mund. Sie seien Tagelöhner oder verdienten so wenig, dass sie keinerlei Rücklagen bilden könnten. Auch hier gelte: "Ohne Arbeit kein Lohn." Viele könnten sich schon jetzt kein Essen mehr leisten. Kohl befürchtet: "Falls die Krise länger andauert, könnte es zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen kommen." Der Verein Wiederaufbau Bhaktapur e.V. will jetzt mit allen Mitteln versuchen, den Menschen zu helfen.

Die Lage in Nepal schildert Kohl weiter so: "Die Grenzen des Landes sind geschlossen und alle internationalen Flüge sind gestoppt. Der Warenimport aus Indien stockt, es gibt fast keine Touristen mehr im Land. Woher kommen jetzt Diesel, Gas und lebensnotwendige Güter? Viele Menschen, vor allem die Tagelöhner, hat der Corona-Shutdown kalt erwischt, sie sitzen teilweise ohne Essen zu Hause."

Nepalesen raus aus Japan

Die vielen nepalesischen Gastarbeiter in den Golfstaaten, Indien und Japan sind schon zu Hause, oder werden nach Hause geschickt, weiß Kohl. Sie haben 35 Prozent des Staatshaushaltes erwirtschaftet. Problematisch sei die Situation an der indischen Grenze, trotz Schließung passierten zahlreiche Nepalesen, die in Indien gearbeitet haben, die Grenze illegal und werden vermutlich so das Virus auch nach Nepal bringen.

Arun, ein Gastwirt und Hauptpartner in Bhaktapur, musste sein "Peacock Guesthouse" schließen. Er habe jetzt eine Küche für Bedürftige eröffnet. "Wir unterstützen das von Deutschland aus", sagt Kohl. Alle Schulen seien wie in Deutschland geschlossen. Ausnahmsweise sollte der Verein auch Essensausgaben an notleidende Menschen in Bhaktapur unterstützen.

Aktuell Masken statt Wasser

In der Tat gibt es laut Kohl in Nepal kaum Infizierte. Offiziell. "Aber wo nicht getestet wird, gibt es auch keine Zahlen. Das Virus wird sich dort auch verbreiten. Die medizinische Versorgung in Nepal ist besorgniserregend. Es gibt angeblich nur 400 Intensivbetten für 30 Millionen Menschen. Schutzausrüstung in den Kliniken fehlt", sagt Kohl. Der Verein "Dautari - Friends for Future", der schon bei der Beschaffung von Wasseraufbereitungsanlagen unterstützt wurde, habe angeboten, über dessen medizinische Verbindungen nach China Schutzausrüstung, Masken und Fieberthermometer zu besorgen. Dies solle in Zusammenarbeit mit "Chay ya", einer österreichischen Hilfsorganisation und mit Schweizer Unterstützung, geschehen. Der Verein aus Kirchenthumbach hat bereits signalisiert, dass er sich an den Kosten beteilige - ein Teil der Ausrüstung würde auch nach Bhaktapur geliefert. "Gemeinsam sind wir", lautet die Devise. Und so hofft Kohl, "dass unsere Sponsoren Bhaktapur auch in der Krise nicht vergessen".

Info:

So kam es zu Martin Kohls Engagement in Nepal

Der Kirchenthumbacher Martin Kohl hat zur Stadt Bhaktapur und der Region einen besonderen Bezug. Der Diplom-Ingenieur war dort in den 1970er Jahren als führender Entwicklungshelfer tätig. Aufgabe war es unter anderem, die Infrastruktur in diesem verarmten Land zu verbessern. Ganz oben standen die Trinkwasserver- und die Abwasserentsorgung. Noch heute pflegt Kohl den Kontakt mit den Bürgern und Verantwortlichen in seiner einstigen Wahlheimat. Auf eigene Kosten fliegt er nahezu regelmäßig hin,k berät und hilft.

Über die Folgen des Erdbebens in Nepal und vor allem in der Stadt Bhaktapur hat der Verein „Wiederaufbau Bhaktapur e.V. “ eine Dokumentation von Robert Neuber online gestellt. Abrufbar unter www. bhaktapur-wiederaufbau.de.

Martin Kohl Bild: ü
Martin Kohl
 
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